Der Tantenmörder von Frank Wedekind
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Ich hab’ meine Tante geschlachtet, |
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Meine Tante war alt und schwach; |
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Ich hatte bei ihr übernachtet |
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Und grub in den Kisten-Kasten nach. |
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Da fand ich goldene Haufen, |
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Fand auch an Papieren gar viel |
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Und hörte die alte Tante schnaufen |
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Ohn’ Mitleid und Zartgefühl. |
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Was nutzt es, daß sie sich noch härme – |
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Nacht war es rings um mich her – |
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Ich stieß ihr den Dolch in die Därme, |
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Die Tante schnaufte nicht mehr. |
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Das Geld war schwer zu tragen, |
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Viel schwerer die Tante noch. |
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Ich faßte sie bebend am Kragen |
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Und stieß sie ins tiefe Kellerloch. – |
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Ich hab’ meine Tante geschlachtet, |
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Meine Tante war alt und schwach; |
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Ihr aber, o Richter, ihr trachtet |
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Meiner blühenden Jugend-Jugend nach. |
Details zum Gedicht „Der Tantenmörder“
Frank Wedekind
5
20
115
1905
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Tantenmörder“ wurde von Frank Wedekind geschrieben. Wedekind war ein deutscher Dramatiker und Schauspieler, der in der Zeit von 1864 bis 1918 lebte. Dieses Gedicht liegt zeitlich im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Beim ersten Lesen erzeugt das Gedicht einen beunruhigenden Eindruck durch seine düstere Thematik und den brutalen, unverblümten Ton. Es erzählt die Geschichte des lyrischen Ichs, der ein brutales Verbrechen an seiner alten und schwachen Tante begeht.
Inhaltlich offenbart das lyrische Ich eine skrupellose und kaltblütige Handlung. Es tötet seine alte, schwache Tante, plündert ihre Habseligkeiten – Gold und Papiere – und wirft ihre Leiche in ein tiefes Kellerloch. Der Mord scheint allein durch Habgier und das Streben nach Geld getrieben zu sein, denn das lyrische Ich zeigt keinerlei Mitgefühl oder Reue. Lediglich das Tragen der Beute und der Tante wird als anstrengend empfunden. Am Ende des Gedichts wendet sich das lyrische Ich an unsichtbare Richter und macht sie dafür verantwortlich, seiner Jugend nachzutrachten, was eine mögliche Anklage und Bestrafung für seine Tat vermuten lässt.
In puncto Form ist das Gedicht in vier Zeilen Strophen aufgeteilt und folgt keinem offensichtlichen Reimschema. Die Sprache ist einfach und der Ton direkt, was die Grausamkeit und Brutalität der Szene knapp und unverblümt darstellt. Noteworthy ist auch der repetitive Gebrauch der Phrase „Ich hab' meine Tante geschlachtet, Meine Tante war alt und schwach“. Diese Wiederholung verstärkt das kalte und emotionale Bild des lyrischen Ichs und unterstreicht dessen Gewissenlosigkeit.
Summa summarum befasst sich „Der Tantenmörder“ von Frank Wedekind auf verstörende Weise mit dem Thema Habgier und Gewalt gegenüber Schwachen und wirft gleichzeitig Fragen nach Moral, Schuld und Bestrafung auf. Dabei spart Wedekind nicht an drastischen Bildern und einer ungeschönten Sprache, was das Gedicht zu einer provokanten und eindringlichen Lektüre macht.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Der Tantenmörder“ ist Frank Wedekind. 1864 wurde Wedekind in Hannover geboren. 1905 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Der Schriftsteller Wedekind ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 115 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Die Gedichte „Abschied“, „Abschied“ und „Albumblatt“ sind weitere Werke des Autors Frank Wedekind. Zum Autor des Gedichtes „Der Tantenmörder“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 114 Gedichte vor.
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