In einer großen Stadt von Detlev von Liliencron

Es treibt vorüber mir im Meer der Stadt
bald der, bald jener, einer nach dem andern.
Ein Blick ins Auge, und vorüber schon.
Der Orgeldreher dreht sein Lied.
 
Es tropft vorüber mir ins Meer des Nichts
bald der, bald jener, einer nach dem andern.
Ein Blick auf seinen Sarg, vorüber schon.
Der Orgeldreher dreht sein Lied.
 
Es schwimmt ein Leichenzug im Meer der Stadt.
10 
Querweg die Menschen, einer nach dem andern.
11 
Ein Blick auf meinen Sarg, vorüber schon.
12 
Der Orgeldreher dreht sein Lied.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „In einer großen Stadt“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
83
Entstehungsjahr
1844 - 1909
Epoche
Naturalismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „In einer großen Stadt“ wurde von Detlev von Liliencron verfasst, der von 1844 bis 1909 lebte. Seine Lebensdaten weisen auf eine Einordnung in die Epoche des Realismus hin.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht das hektische und anonyme Leben in einer großen Stadt zu schildern, berührt dabei auch Themen wie Vergänglichkeit und Tod.

Im Gedicht beschreibt das lyrische Ich das Vorbeiziehen von Menschen in der Stadt und für den Betrachter bleiben nur flüchtige Eindrücke und kurze Begegnungen. In der zweiten Strophe verlagert sich die Perspektive ins Negative, die Menschen werden mit einem „Meer des Nichts“ assoziiert und der flüchtige Blick gilt nun einem Sarg. Die dritte Strophe führt die düstere Stimmung weiter aus, indem der Tod noch direkter thematisiert wird - der Blick auf den „eigenen Sarg“ suggeriert die eigene Sterblichkeit des lyrischen Ichs.

Das Gedicht hat eine sehr klare Formstruktur, jeweils vier Verse pro Strophe. Jede Strophe endet mit dem inhaltlich gleichbleibenden Satz „Der Orgeldreher dreht sein Lied“, was als leitmotivisches Element fungiert. Der taktgebende Rhythmus verleiht dem Gedicht eine monotone Gleichförmigkeit, die möglicherweise die triste Stimmung des Gedichts unterstreicht.

In seiner Sprache ist das Gedicht eher schlicht und nüchtern, fast schon lakonisch, was die Atmosphäre der Anonymität und Kälte der Großstadt unterstreicht. Die wiederkehrende Phrase „bald der, bald jener, einer nach dem andern“ spiegelt die Hektik und Anonymität der Stadt wider, in der Individuen nur zur gesichtslosen Masse verschmelzen. Die Symbolik des „Meeres“ lässt Raum für Interpretationen - es könnte sowohl die endlose Flut der Menschen repräsentieren, als auch das Chaos und die Unbeständigkeit des städtischen Lebens.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Detlev von Liliencron in „In einer großen Stadt“ das Leben in einer Großstadt aus dem Blickwinkel der vergänglichen menschlichen Existenz auf kunstvolle Weise darstellt und dabei Themen wie Anonymität, Sterblichkeit und Vergänglichkeit anschneidet.

Weitere Informationen

Das Gedicht „In einer großen Stadt“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Detlev von Liliencron. Der Autor Detlev von Liliencron wurde 1844 in Kiel geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1860 und 1909. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Naturalismus zugeordnet werden. Bei Liliencron handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 83 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 12 Versen. Die Gedichte „Weihnachtslied“, „Schöne Junitage“ und „Herbst“ sind weitere Werke des Autors Detlev von Liliencron. Zum Autor des Gedichtes „In einer großen Stadt“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 63 Gedichte vor.

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