Weihnachtslied von Detlev von Liliencron

Seht! der jetzt hier vor euch steht,
Ist ein Engel aus dem Himmel,
Von den Sternen hergeweht,
Ach, ins irdische Gewimmel.
 
Manches hab ich angeschaut,
Ganz zuletzt die Weihnachtsbäume,
Und darunter aufgebaut
Tausend wachgewordne Träume.
 
Mit Knecht Ruprecht ging ich viel
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Vor den schönen Christkindtagen,
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Immer neu war unser Ziel,
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Seinen Rucksack half ich tragen.
 
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Unsrer Gaben Fülle lag
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Fest verschlossen in Verstecken,
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Daß nicht vor dem Jesustag
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Naseweischen sie entdecken.
 
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Ein Klein-Lottchen konnt ich sehn,
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Mit dem Brüderchen, dem Fritzen,
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Suchten emsig auf den Zehn
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Schlüsselloch und Thürenritzen.
 
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Kinder, ward der alte Mann
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Böse, zeigte schon die Rute!
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Doch ich that ihn in den Bann,
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Bis ihm wieder lieb zu Mute.
 
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Und nun trägt vom hellen Baum
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Jeder seinen Schatz in Händen,
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Und er läßt sich selbst im Traum
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Die Geschenke nicht entwenden.
 
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Ganz besonders diesmal fand
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Märchenbuch ich und Geschichten,
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Denn ich kam in jedes Land,
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Wo die Menschen alle dichten.
 
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Bleibt ihr artig, kleine Schar,
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Wird Knecht Ruprecht an euch denken,
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Bringt euch auch im nächsten Jahr
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Einen Sack voll von Geschenken.
 
37 
Und dann steht ihr wie im Traum.
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Und noch einmal seht ihr wieder
39 
Kerzenglanz und Tannenbaum
40 
Und hört alte Weihnachtslieder.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Weihnachtslied“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
195
Entstehungsjahr
1902
Epoche
Naturalismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Weihnachtslied“ stammt von Detlev von Liliencron, der von 1844 bis 1909 lebte. Er zählt zur Epoche des Naturalismus, seine Werke weisen allerdings auch Merkmale des Impressionismus auf.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht festlich und evoziert ein harmonisches, weihnachtliches Bild mit allen klassischen Elementen wie dem Weihnachtsbaum, Geschenken und dem traditionellen Knecht Ruprecht.

Der Inhalt des Gedichts dreht sich um die Vorweihnachtszeit und den Weihnachtsabend aus der Perspektive eines Engels, der scheinbar vom Himmel herabgestiegen ist, um an den irdischen Freuden teilzuhaben. In sympathischem Ton erzählt das lyrische Ich von seinen Beobachtungen und gemeinsamen Abenteuern mit Knecht Ruprecht - dem traditionellen Begleiter des Heiligen Nikolaus. Gemeinsam bereiten sie die Geschenke vor und beobachten die Kinder in ihrer Vorfreude und Neugier. Bei all den Freuden und Geschenken mahnt das lyrische Ich allerdings auch zur artigen Haltung, um auch im nächsten Jahr wieder beschenkt zu werden.

Das Gedicht besteht aus zehn Strophen mit jeweils vier Versen, es folgt somit einer klassischen Form. Die Sprache ist leicht verständlich und weist eine klare, flüssige Struktur auf. Während die ersten vier Strophen die Vorbereitungen für das Weihnachtsfest schildern, berichten die folgenden Strophen von den Erlebnissen des Weihnachtsabends und den Geschenken. Die letzten beiden Strophen schließlich setzen einen Ausblick auf das nächste Weihnachtsfest und untermauern die Vorfreude auf das immer wiederkehrende Fest.

Auffällig ist der konstante Wechsel zwischen Beobachtungen und direkten Ansprachen an die Kinder. Durch diese lyrische Technik schafft es Liliencron, eine Verbundenheit zwischen dem lyrischen Ich und den Kindern herzustellen, und fördert die Spannung, Freude und Festlichkeit, die mit dem Weihnachtsfest verbunden sind. Übergeordnet greift das Gedicht das Thema der kindlichen Magie und Vorfreude auf Weihnachten auf und betont die Rolle der Tradition und des Glaubens in diesem Kontext.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Weihnachtslied“ ist Detlev von Liliencron. Der Autor Detlev von Liliencron wurde 1844 in Kiel geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1902 zurück. Der Erscheinungsort ist Berlin und Leipzig. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Naturalismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Liliencron handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 195 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Die Gedichte „Pidder Lüng“, „Trutz, Blanke Hans“ und „Schöne Junitage“ sind weitere Werke des Autors Detlev von Liliencron. Zum Autor des Gedichtes „Weihnachtslied“ haben wir auf abi-pur.de weitere 63 Gedichte veröffentlicht.

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