Eichendorff, Joseph von - Das zerbrochene Ringlein (Gedichtinterpretation)

Schlagwörter:
Joseph von Eichendorff, Analyse, Interpretation, Romantik, Gedichtinterpretation, Referat, Hausaufgabe, Eichendorff, Joseph von - Das zerbrochene Ringlein (Gedichtinterpretation)
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Referat

Joseph von Eichendorff: Das zerbrochene Ringlein (Gedichtinterpretation)

Das zerbrochene Ringlein
von Joseph von Eichendorff

In einem kühlen Grunde
Da geht ein Mühlenrad,
Mein Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.
 
Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein'n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.
 
Ich möcht als Spielmann reisen
10 
Weit in die Welt hinaus,
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Und singen meine Weisen,
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Und gehn von Haus zu Haus.
 
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Ich möcht als Reiter fliegen
14 
Wohl in die blutge Schlacht,
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Um stille Feuer liegen
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Im Feld bei dunkler Nacht.
 
17 
Hör ich das Mühlrad gehen:
18 
Ich weiß nicht, was ich will –
19 
Ich möcht am liebsten sterben,
20 
Da wärs auf einmal still!

(„Das zerbrochene Ringlein“ von Joseph von Eichendorff ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.5 KB) zur Unterstützung an.)

Joseph von Eichendorffs Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“ setzt sich aus fünf Stropheneinheiten zusammen, die jeweils vier Zeilen umfassen. Das Reimschema dieses Gedichts ist der Kreuzreim, was bedeutet, dass sich die erste und die dritte Zeile sowie die zweite und die vierte Zeile jeweils reimen (Grunde - Mühlrad - verschwunden - hat). Das Besondere an diesem Gedicht ist, dass jede Strophe einem Satz gleichkommt, der sich über alle vier Zeilen der Strophe erstreckt, und jede dieser Stropheneinheiten ist in ihrer Aussage abgeschlossen.

Der Titel des Gedichts, „Das zerbrochene Ringlein“, deutet bereits auf eine tragische Thematik hin. Ein zerbrochener Ring symbolisiert das Ende einer Liebe oder Beziehung, das durch Trennung oder Verlust hervorgerufen wird – in der realen Welt ebenso wie im symbolischen Akt des Ringtausches bei der Eheschließung. Der inhaltliche Aufbau der einzelnen Strophen folgt einer logischen Abfolge. Zu Beginn wird dem Leser erzählt, dass die geliebte Person des Sprechenden in einer Mühle am Fluss wohnte, aber nun fort ist. Im zweiten Abschnitt des Gedichts wird über die Beziehung zwischen dem Sprecher und der Frau – vermutlich waren sie verlobt – und ihre unerwartete Trennung berichtet. In den folgenden zwei Strophen werden mögliche Wege beschrieben, wie der Sprecher mit seinem Herzschmerz umgehen und von seiner Geliebten loskommen könnte. Die erste Option ist optimistisch; er denkt darüber nach, den Ort zu verlassen, um als wandernder Musiker durch die Welt zu ziehen und so seine Liebe zu vergessen.

Im Gegensatz dazu steht die zweite Option, die düster ist; er zieht in Erwägung, sich freiwillig zum Kriegsdienst zu melden und damit bewusst den möglichen Tod in Kauf zu nehmen. In der letzten Strophe kommt sein Wunsch zum Vorschein, lieber sterben zu wollen als den Herzschmerz weiter zu ertragen. Das spiegelt die durchgehend vorhandenen düsteren Gedanken wider, die von Anfang an auf diese Möglichkeit hingedeutet haben. Mit den ersten Versen „In einem kühlen Grunde, Da geht ein Mühlenrad“ wird der Leser direkt in die Szenerie – eine Mühle an einem Fluss – und ins Geschehen hineingezogen. Der Leser wird neugierig gemacht, indem durch das Enjambement die Spannung erhöht wird, was wohl an diesem Ort vor sich geht und welche Rolle er spielt.

Aus der Beschreibung „in einem kühlen Grunde“ kann geschlossen werden, dass die Mühle in einer idyllischen, eher abgelegenen Gegend liegt. Im weiteren Verlauf wird enthüllt, dass dort die geliebte Frau des Sprechenden gewohnt hat, die nun verschwunden ist. Das löst beim Sprecher, der sich als Mann identifiziert, tiefe Verzweiflung aus. Ihr Verschwinden ist für ihn ein schmerzlicher Verlust, den er nun zu verarbeiten versucht.

In einem scharfen Kontrast zu seinen Hoffnungen steht die erlebte Realität, denn obwohl seine Geliebte ihm Treue versprach, hat sie diese letztendlich gebrochen. Sie tauschten Ringe als Zeichen ihrer tiefen Liebe, aber der Ring zerbrach, was darauf hindeutet, dass die Liebe plötzlich und heftig ein Ende fand. Er ist innerlich zerrissen und fühlt sich so, als sei sein Herz in zwei Teile gesplittert. Das zeigt sich auch darin, dass er nur von „seinem Ring“ spricht, was darauf hinweist, dass er alleine unter dem Kummer leidet, weil die Frau ihn verlassen hat. Der Satz „Gab mir ein'n Ring dabei“ betont, wie ernst die Liebe seiner Herzensdame war und lässt den Leser die Enttäuschung des Zurückgelassenen nachempfinden, als sie sich trotz des Treueversprechens von ihm trennte.

Um die Gedanken an die verlorene Liebe zu vertreiben, sucht er Ablenkung. Er träumt davon, als Spielmann in die Welt hinauszuziehen, weit weg von allem, was ihn an seine verflossene Liebe erinnert, um Distanz zu gewinnen. Er sehnt sich nicht nur nach einem Ortswechsel, sondern möchte die große weite Welt erleben. Er hofft, durch das Teilen seines Kummerlieds, welches er von Haus zu Haus trägt, Erleichterung zu finden. Jedoch überlegt er noch weiter und denkt, er könnte auch „als Reiter fliegen, wohl in die blut'ge Schlacht“. Das zeigt seinen Wunsch, seinem jetzigen Zustand zu entkommen und gar als Soldat freiwillig in den Krieg zu ziehen, sogar mit der Bereitschaft zu sterben. Vielleicht will er damit auch seiner Geliebten zeigen, wie ernst er es meinte und dass er bis zum Ende für ihre Liebe kämpfen würde. Das Schlachtfeld symbolisiert möglicherweise die bei der Liebe ausgefochtenen Kämpfe. Das Wort „blut'ge“ spiegelt die dunkle Stimmung und das Leid des lyrischen Ich wider. Der zunächst romantisch wirkende Gedanke, „um stille Feuer liegen“ zu wollen, wird plötzlich unterbrochen. In der vierten Strophe versetzt uns der Sprung zu den Worten „Im Feld bei dunkler Nacht“ in eine Szene fernab von romantischer Idylle. Tatsächlich geht es hier nicht um ein gemütliches Beisammensein am Lagerfeuer, sondern um einen Zustand der Ruhe zwischen kämpfenden Feinden im nächtlichen Kriegsgeschehen. In der Dunkelheit ist der Feind unsichtbar, und die Soldaten müssen ihre Energie bis zum nächsten Morgen bewahren.

Unter diesem Blickwinkel bekommt auch das Wort „Stille“ in dieser Strophe eine tiefere Bedeutung. Im Normalfall wäre ein Feuer laut, doch hier steht die Stille für die Abwesenheit von Kampfgeräuschen. Die Ruhe wird durch den Waffenstillstand bedingt, und somit ist das einzige hörbare, das Knistern des Feuers.

Die innere Verzweiflung der Sprecherfigur wächst ständig und erreicht schließlich in der letzten Strophe mit dem Satz „Ich möchte am liebsten sterben“ ihren emotionalen Höhepunkt. Das lyrische Ich fühlt sich durch die Lage komplett überfordert, ausgedrückt durch die Aussage „ich weiß nicht, was ich will“. Einerseits sehnt sich die Figur danach, dem allem zu entkommen, aber gleichzeitig zieht es sie immer wieder zurück an den Ort der verlorenen Liebe, symbolisiert durch das Geräusch des Mühlrads. Möglicherweise hofft das lyrische Ich noch darauf, dass seine Liebe zurückkehren und alles sich zum Positiven wendet, angedeutet durch den Gedankenstrich nach dem Ausdruck seiner Ratlosigkeit. Da ihm kein anderer Ausweg aus seinem Leid einfällt, sieht er im Augenblick nur den Tod als Lösung – obwohl er erkennt, dass dieser Gedanke unverhältnismäßig ist, wie sich in der Formulierung „da wär´s auf einmal still“ zeigt, die er im Konjunktiv äußert.

Dennoch sucht er nach einer Möglichkeit, seinen Schmerz und die geliebte Person zu vergessen, wobei der Tod in der Vorstellung des lyrischen Ichs eine endgültige Stille in seiner Umgebung und seinen Gedanken bedeuten würde.

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