Eichendorff, Joseph von - Das zerbrochene Ringlein (Gedichtinterpretation)

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Joseph von Eichendorff, Analyse, Interpretation, Romantik, Analyse, Referat, Hausaufgabe, Eichendorff, Joseph von - Das zerbrochene Ringlein (Gedichtinterpretation)
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Referat

Gedichtinterpretation: „Das zerbrochene Ringlein“ von Joseph von Eichendorff

Joseph von Eichendorff entstammte einer katholischen Adelsfamilie. Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff wurde am 26. November 1857 in Neisse, Oberschlesien geboren und war ein bedeutender Lyriker und Schriftsteller der deutschen Romantik. Er zählt mit etwa 5000 Vertonungen zu den meistvertonten deutschsprachigen Lyrikern und ist auch als Prosadichter (Aus dem Leben eines Taugenichts) bis heute gegenwärtig.

Ende des Jahres 1800 begannen seine Tagebuchaufzeichnungen. Es folgten neben umfangreicher Lektüre von Abenteuer und Rittergeschichten und antiker Sagen auch erste literarische Versuche. Nach dem Besuch des katholischen Gymnasiums in Breslau, begann er 1805 ein Jurastudium in Halle (an der Saale), welches er zwei Jahre später in Heidelberg fortsetzte. Nach einer 1808 unternommenen Bildungsreise nach Paris und Wien kehrte er nach Lubowitz zurück, um dort seinen Vater mit der Verwaltung des Hauses zu unterstützen. Im Winter 1810 kam er mit Arnim, Brentano und Kleist zusammen und tauschte Erfahrungen aus. In Wien schloss er 1812 sein Studium ab. Bis 1815 nahm er an den Befreiungskriegen teil und trat danach in den preußischen Staatsdienst ein. Später wurde er katholischer Kirchen und Schulrat in Danzig und 1824 schließlich Oberpräsidialrat in Königsberg. Einige Jahre später siedelte er mit seiner Familie über nach Berlin und war dort in verschiedenen Ministerien tätig bis er 1841 zum geheimen Regierungsrat ernannt wurde. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten in Konfessionsfragen ließ Eichendorff sich 1844 frühzeitig pensionieren. Bis zu diesem Zeitpunkt schrieb er verschiedenen ziemlich bekannte Werke, wie z.B. „Die Zauberei im Herbst“, „Aus dem Leben eines Taugenichts“, „Das Schloss Dürande“ und eine große Zahl an Gedichten. Um den Unruhen der Revolution 1849 zu entgehen, reiste er erst nach Dresden und dann nach Köthen, wo seine Tochter Therese ein Haus erwarb. Dort hielt er sich bis 1856 auf, bis er nach Schloss Johannisberg ging, der Sommerresidenz des Breslauer Erzbischofs Heinrich Förster, und dort die letzten zwei Jahre seines Lebens verbrachte.

Eichendorff wird zu den bedeutendsten und noch heute bewunderten deutschen Schriftstellern gezählt. Zahlreiche seiner Gedichte wurden vertont und vielfach gesungen. Seine Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ gilt als Höhepunkt und zugleich Ausklang der Romantik.

Eichendorffs idyllische Schilderungen der Natur und des einfachen Lebens sind geprägt von einer einfachen Bildlichkeit und Wortwahl. Dahinter steckt jedoch ein vielschichtiges Geflecht aus metaphorischer Symbolik zur Deutung von Welt, Natur und Seele, das sich von reinem Nützlichkeitsdenken (Eichendorff schrieb im Zeitalter der beginnenden industriellen Revolution) abhebt.

Lied
von Joseph von Eichendorff

In einem kühlen Grunde,
Da geht ein Mühlenrad,
Meine Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.
 
Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein’n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.
 
Ich möcht’ als Spielmann reisen
10 
Weit in die Welt hinaus,
11 
Und singen meine Weisen,
12 
Und gehn von Haus zu Haus.
 
13 
Ich möcht’ als Reiter fliegen
14 
Wohl in die blut’ge Schlacht,
15 
Um stille Feuer liegen
16 
Im Feld bei dunkler Nacht.
 
17 
Hör’ ich das Mühlrad gehen,
18 
Ich weiß nicht, was ich will,
19 
Ich möcht’ am liebsten sterben,
20 
Da wär’s auf einmal still.
21 
Florens.

(„Lied“ von Joseph von Eichendorff ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.8 KB) zur Unterstützung an.)

Das Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“ wurde im Jahre 1813 von Joseph von Eichendorff verfasst und stammt somit aus der Epoche der Romantik, was sich nicht nur in Form und Inhalt widerspiegelt, sondern auch durch das Thema Sehnsucht, Kummer und Liebesschmerz verdeutlicht wird. Das Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“ von Eichendorff besteht aus 5 Strophen à 4 Versen. Es ist in einem Kreuzreim aufgebaut (abab: Grunde – Mühlrad – verschwunden – hat). In dem Gedicht geht es um den Treuebruch der Geliebten und die damit verbundene Verzweiflung des lyrischen Ichs, in diesem Fall eines jungen Mannes. Geschockt und gelenkt durch Nichtwahrhabenwollen versucht er sich in eine Art Traumwelt zu retten und denkt an bessere Zeiten, in denen er frei von Schmerzen und unbeschwert durch die Welt wandert. Doch schon bald drängt sich ihm die Vergangenheit auf, als er darüber nachdenkt, als Krieger in eine Schlacht zu ziehen und spätestens als das lyrische Ich von seinen schmerzlichen Erinnerungen an die Untreue seiner Geliebten eingeholt wird, wünscht es sich den Tod.

Auffällig ist, dass die Versanfänge immer großgeschrieben werden. Dabei besteht jede Strophe aus einem Satz, der sich über 4 Zeilen erstreckt, und ist in sich abgeschlossen. Die Überschrift „Das zerbrochene Ringlein“ weist darauf hin, das es sich um etwas Tragisches handeln muss, denn etwas zerbricht. Der Ring steht als Symbol für die Liebe, für eine gemeinsame Zukunft, für Zusammengehörigkeit. Daher werden auch bei einer Hochzeit die Ringe ausgetauscht.

Da hier von einem zerbrochenen Ring die Rede ist, muss davon ausgegangen werden, dass dies im übertragenen Sinne für das Auseinanderbrechen der Liebe oder einer Liebesbeziehung steht. Der Inhalt der Strophen baut logisch aufeinander auf. In der ersten Strophe erfahren wir etwas über die Geliebte genauer gesagt die Angebetete des lyrischen Ichs. Sie wohnte in einer Mühle an einem Fluss und ist nun verschwunden. Die zweite Strophe gibt darüber Auskunft, in welchem Verhältnis die erzählende Person und das Mädchen zueinander standen: Sie waren sehr verliebt und höchstwahrscheinlich miteinander verlobt, doch aus unbekanntem Grund trennte sie sich von ihm. In Strophe 3 und 4 überlegt sich der Verlassene, welche Möglichkeiten er hat, sich von seinem Liebeskummer abzulenken und von seiner Geliebten loszukommen. Die erste Variante stellt eine optimistische Lösung dar. Er möchte fort vom vertrauten Ort, an welchem ihn alles an seine verlorene Liebe erinnert. Er träumt von einem freien und unabhängigen Leben als umherziehender Musiker. Dabei würde er auch zugleich die Welt kennenlernen. Die zweite Variante allerdings klingt bereits sehr düster, denn er könnte sich vorstellen sich als Kriegsfreiwilliger zu melden, nur um fortzukommen. Dabei würde er bewusst seinen eventuellen Tod auf dem Schlachtfeld in Kauf nehmen. Sein Wunsch in Strophe 5, er würde am liebsten sterben, um dem Liebeskummer zu entkommen, kommt daher nicht überraschend. Denn seine düsteren Gedanken kreisten von Anfang um diese Möglichkeit.

Der Dichter entführt uns mit den ersten zwei Strophen „In einem kühlen Grunde, da geht ein Mühlenrad“ (Strophe 1 Vers 1 und 2) inmitten die Handlung und an den Ort des Geschehens: Wir befinden uns an einem Bach oder Fluss, an welchem eine Mühle steht. Durch das Enjambement von Vers 1 auf Vers 2 wird die Spannung beim Leser gesteigert, was sich wohl an diesem Fluss befindet, und welche Bedeutung es hat. Höchstwahrscheinlich ist die Mühle sehr idyllisch und etwas abseits gelegen, was man aus der Formulierung „in einem kühlen Grunde“ schließen kann. Eine Quelle entspringt meist an einem abgelegenen Felsvorsprung. In Vers 3 und 4 erfährt der Leser, was es mit dieser Mühle auf sich hat. Die Herzdame dessen, der sich mitteilt, hat dort gewohnt. Da die Person, die den Monolog führt, von „Meiner Liebsten“ (Strophe 1 Vers 3) spricht, kann davon ausgegangen werden, dass es sich hier um einen Mann handelt. Dieser teilt sich dem Leser im lyrischen Ich mit. Er ist verzweifelt, denn seine „Liebste ist verschwunden“(Strophe 1 Vers 3). Diese Tatsache schmerzt ihn sehr und er kämpft mit ihrem Verlust.

Seine Hoffnungen, die er hegte, stehen in einem deutlichen Gegensatz zu der Realität, die er erleben musste, denn „Sie hat […] Treu versprochen“(Strophe 2 Vers 1), aber sie hat diese „Treu gebrochen“(Strophe 2 Vers 4). Auch der Ring, den sie als Symbol ihrer großen Liebe austauschten, „sprang entzwei“. Ein deutliches Indiz dafür, dass die Liebe unerwartet aber hart zerbrach. Er fühlt sich innerlich zerrissen, so als ob sein Herz in zwei Teile zerbrochen ist, deshalb spricht er auch von „Mein Ringlein“(Strophe 2 Vers 4), und nicht von „unser Ringlein“ oder „dein Ringlein“. Denn die Frau hat sich von ihm getrennt, nur er leidet unter dem Liebeskummer. Die Ellipse „Gab mir ein’n Ring dabei“(Strophe 2 Vers 2) hebt diesen Teilsatz besonders hervor um zu zeigen, wie ernst es seiner Herzdame mit der Liebe war. So kann der Leser auch die bittere Enttäuschung des Verlassenen verstehen, als die Frau sich trotz dieses Treueschwurs von ihm trennte. Um von den Gedanken an seine verlorene Liebe loszukommen, sucht er nach Möglichkeiten der Zerstreuung. Er äußert einen Wunschtraum, denn er würde gerne „als Spielmann reisen, weit in die Welt hinaus“(Strophe 3 Vers 1 und 2). Es zieht ihn fort von der vertrauten Umgebung, in der ihn doch alles an seine verlorene Liebe erinnert, er möchte Abstand gewinnen. Deshalb möchte er nicht nur in den nächsten Ortschaften umher tingeln, sondern er hat Sehnsucht nach der großen weiten Welt. Dies macht auch das Enjambement „als Spielmann reisen/ Weit in die Welt hinaus“ deutlich. Der Verlassene erhofft sich Linderung seines Liebeskummers, indem er diesen der Welt mitteilt, also seine „Weisen“(Strophe 3 Vers 3) singt und jedem davon kundtut (er geht „von Haus zu Haus“ Strophe 3 Vers 4).

Doch er hat nicht nur diese Überlegung, sondern noch eine weitere, die wieder mit der Anapher „ich möcht“ (Strophe 4 Vers 1) eingeleitet wird. Diese gestaltet sich jedoch gegenüber seiner ersten sehr viel düsterer, denn er möchte „als Reiter fliegen/ Wohl in die blut‘ge Schlacht“ (Strophe 4 Vers 1 und 2). Er möchte seinem jetzigen Leben und Zustand so sehr entfliehen, dass er sich sogar freiwillig als Soldat für den Krieg melden würde und dafür sogar bewusst die Möglichkeit in Kauf nimmt dort zu fallen. Vielleicht möchte er seiner Liebsten beweisen, wie Ernst es ihm war und dass er für diese Liebe bis zum Schluss gekämpft hat. Dann würde das Schlachtfeld im übertragenen Sinne dafür stehen, dass auch bei der Liebe Schlachten ausgetragen werden. Das Adjektiv „blut‘ge“ steht für die düstere Stimmung und die negativen Gefühle des lyrischen Ich, es leidet. Die beinahe auf den ersten Blick romantische Überlegung, er möchte „um stille Feuer liegen“ (Strophe 4 Vers 3) wird jäh nach dem Zeilensprung mit den Worten „Im Feld bei dunkler Nacht“ (Strophe 4 Vers 4) zerstört. Er spricht nicht, wie der Leser im ersten Moment gerne assoziieren würde, über ein romantisches Lagerfeuer, sondern über die Gefechtsstille der gegeneinander kämpfenden Feinde im Krieg bei Nacht. Denn nachts sieht man den Feind nicht und muss seine Kräfte für das Gefecht am nächsten Tag sammeln. In diesem Zusammenhang erhält auch das Adjektiv „stille“ (Strophe 4 Vers 3) eine ganz neue Bedeutung. Ein Feuer an sich knistert und knarzt und ist nicht still, hier finden wir also einen scheinbaren Widerspruch. Dieser wird jedoch in der nächsten Zeile aufgelöst, denn es wird ein besonderer Moment beschrieben: der Waffenstillstand. Es ist still, weil die Waffen still schweigen, deshalb kann man überhaupt nur das Feuer hören. Die Verzweiflung des lyrischen Ich steigert sich stetig bis zur letzten Strophe und findet dort ihren Höhepunkt in dem Ausruf „Ich möchte am liebsten sterben“ (Strophe 5 Vers 3). Es weiß nicht mehr vor noch zurück und ist von der Situation völlig überfordert, das bringt auch die Feststellung „ich weiß nicht, was ich will“ (Strophe 5 Vers 2) zum Ausdruck. Einerseits möchte der Verlassene allem entfliehen, andererseits zieht es ihn immer wieder an den Ort seiner großen Liebe zurück und er hört „das Mühlrad gehen“ (Strophe 5 Vers 1). Vielleicht hofft er insgeheim doch noch darauf, dass seine Liebste zurückkehrt und sich alles zum Guten wendet. Das bringt auch der Gedankenstrich nach der Feststellung „ich weiß nicht, was ich will“ zum Ausdruck. Da er sich selbst nicht mehr zu helfen weiß und das Gefühl hat, dass ihn der Liebeskummer innerlich zerreißt, sieht er für sich in diesem Augenblick nur einen Ausweg, den Tod. Er ist sich jedoch bewusst, dass diese Erwägung in keinem Verhältnis zu seinem Schmerz steht, denn er spricht im Konjunktiv davon, „da wär’s auf einmal still“ (Strophe 5 Vers 4). Dennoch ist er auf der Suche nach einer Möglichkeit sein Liebeskummer und die Dame seines Herzens zu vergessen, was er durch seinen Tod natürlich durchaus erreichen würde, denn dann wäre tatsächlich alles um ihn herum und die Gedanken in seinem Kopf „still“.

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