Goethe, Johann Wolfgang von - Neue Liebe, neues Leben (Gedichtinterpretation)

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Johann Wolfgang von Goethe, Analyse, Gedichtinterpretation, Referat, Hausaufgabe, Goethe, Johann Wolfgang von - Neue Liebe, neues Leben (Gedichtinterpretation)
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Referat

Johann Wolfgang Goethe: Gedichtsanalyse „Neue Liebe, neues Leben“

Neue Liebe, neues Leben
von Johann Wolfgang von Goethe

Herz, mein Herz, was soll das geben?
Was bedränget dich so sehr?
Welch ein fremdes, neues Leben !
Ich erkenne dich nicht mehr.
Weg ist alles was du liebtest,
Weg, warum du dich betrübtest,
Weg dein Fleiß und deine Ruh -
Ach, wie kamst du nur dazu !
 
Fesselt dich die Jugendblüte,
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Diese liebliche Gestalt,
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Dieser Blick voll Treu und Güte
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Mit unendlicher Gewalt?
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Will ich rasch mich ihr entziehen,
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Mich ermannen, ihr entfliehen,
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Führet mich im Augenblick,
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Ach, mein Weg zu ihr zurück.
 
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Und an diesem Zauberfädchen,
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Das sich nicht zerreißen lässt,
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Hält das liebe lose Mädchen
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Mich so wider Willen fest;
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Muss in ihrem Zauberkreise
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Leben nun auf ihre Weise.
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Die Veränderung, ach, wie groß!
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Liebe! Liebe! Laß mich los!

(„Neue Liebe, neues Leben“ von Johann Wolfgang von Goethe ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.7 KB) zur Unterstützung an.)

Manche Beziehungen sind kompliziert, und es fällt schwer, seinen eigenen Weg zu finden. Dies ist auch das zentrale Thema des Gedichts „Neue Liebe, neues Leben“ von Johann Wolfgang von Goethe, das im Jahre 1774/75 veröffentlicht wurde.

Das Gedicht behandelt das Thema einer toxischen Beziehung, aus der das lyrische Ich zu fliehen versucht. Die Präsenz des lyrischen Ichs im Gedicht wird deutlich, beispielsweise in Vers 4, wo es beginnt, seine Gedanken und Gefühle mitzuteilen und somit Einblick in seine Gedanken- und Gefühlswelt gewährt.

Das lyrische Ich wendet sich zu Beginn des Gedichts an sein Herz und bittet um eine Antwort auf die Bedrängnis, die es empfindet (vgl. V. 1-2). Dabei wird das Herz als Symbol der Liebe interpretiert, und die Tatsache, dass das lyrische Ich sein eigenes Herz anspricht, zeigt Verwirrung und den Wunsch nach Klarheit über die eigenen Gefühle.

Zudem wird ein völlig neues Leben erwähnt, das für das lyrische Ich fremd ist, wie auch im Titel des Gedichts angedeutet. Daraufhin reagiert das lyrische Ich mit Schuldgefühlen und Zweifeln. In Vers 4 wird deutlich, dass das lyrische Ich keine Kontrolle mehr über die Liebe und seine Gefühle hat. Trotzdem gewährt es dem Leser Einblick in seine Gefühlswelt, indem es in Vers 5-7 aufzählt, was nun nicht mehr existiert (vgl. V. 5-7). Es behauptet, alles sei verschwunden, was es geliebt hat, alles, was es betrübt hat und sogar der Fleiß und die Ruhe des Herzens (vgl. V. 5-7). Dies erzeugt den Eindruck von Trauer und Verzweiflung, da das lyrische Ich keinen Ausweg mehr sieht. Die Wiederholung der Satzanfänge betont die Bedeutung dieser Verluste für das lyrische Ich.

Inhaltlich vermittelt das lyrische Ich das Gefühl eines alles verschlingenden Verlusts, da alles, was es geliebt hat, verschwunden ist (vgl. V. 5). Dies kann auch als eine Form der Depression interpretiert werden.

Am Ende der ersten Strophe äußert das lyrische Ich eine verärgerte Anschuldigung, indem es sagt: „Ach, wie kamst du nur dazu!“ (V. 8). Das „Ach“ (V. 8) dient als Bekräftigung der Aussage und lässt Verzweiflung erkennen.

In der zweiten Strophe beschreibt das lyrische Ich eine Frau. Diese wird mit dem Wort „Jugendblüte“ (V. 9) verglichen, was eine Metapher für eine hübsche, junge Frau ist, da mit einer Blüte oft etwas Schönes und Frisches assoziiert wird. Es beschreibt die Frau als lieblich (vgl. V. 10) und verwendet Personifikation, um zu beschreiben, dass ihr Blick gütig und treu ist (vgl. V. 11). Eine Auffälligkeit ergibt sich jedoch in Vers 12, denn dort wird beschrieben, wie die „liebliche Gestalt“ (V. 10) „dessen Blick voll Treu und Güte“ (V. 11) sei, außerdem aber auch „voll unendlicher“ ist. Möglicherweise ist ihr Blick voller Gewalt, da sie zu fröhlich und zu lieb ist, wie es das lyrische Ich zuvor beschrieben hat. Dies könnte darauf hinweisen, dass das lyrische Ich es als Gewalt oder Qual empfindet, nicht von ihr loskommen zu können. Diese Vermutung wird in den folgenden Versen bestätigt, da durch die Steigerung in Vers 13-14 genau dies thematisiert wird. Das lyrische Ich beschreibt, dass es sich von ihr zurückziehen möchte und fliehen will (vgl. V. 13-14). Es sehnt sich also nach Freiheit und wünscht sich, aus dieser Beziehung mit der Frau herauszukommen. Jedoch entzieht sich das lyrische Ich nicht der Liebe des Mädchens; es landet wieder bei ihr (vgl. V. 15-15). Das „Ach“ (V. 16) drückt Seufzen oder Verzweiflung aus. Das lyrische Ich ist vermutlich traurig darüber, nicht von ihr loskommen zu können, obwohl es sie eigentlich gar nicht lieben möchte (vgl. V. 13-16). Es erlebt eine verwirrende Gefühlswelt und ist sich selbst unsicher, was es wirklich will.

In der dritten Strophe sagt das lyrische Ich, wie abhängig es von dem Mädchen ist und dass es in dieser Beziehung gefangen ist, jedoch versuchen muss, damit umzugehen (vgl. V. 17-24). In Vers 17 wird die Metapher „Zauberfädchen“ benutzt, um bildhaft darzustellen, wie sehr es an der Frau hängt. Dieses Band, das als die Gefühle der beiden Liebenden interpretiert werden kann, wird niemals zerreißen, und niemand anderes kann es zerstören. Das bedeutet, dass es für immer an ihr hängen wird. Gleichzeitig steht das Band aber auch dafür, dass das Mädchen die volle Kontrolle darüber hat. Das lyrische Ich wird als Marionette des Mädchens beschrieben, das es gegen seinen Willen festhält (vgl. V. 19-20). Eine Alliteration in Vers 19 sagt aus, dass das lyrische Ich sie immer noch mag, da sie als lieb beschrieben wird (vgl. V. 19). Am Ende beschreibt es, dass es in ihrem „Zauberkreise“, einer Metapher, die ihre Macht oder Magie symbolisiert, nun mit der neuen Situation und dem Leben umgehen muss (vgl. V. 21-23). In Vers 24 wird durch die Anapher „Liebe, Liebe, lass mich los!“ ausgerufen, dass das lyrische Ich verzweifelt ist und endlich aus dieser toxischen Beziehung heraus möchte.

Allgemein ist das Gedicht in 3 Strophen mit je 8 Versen unterteilt, was eine gewisse Regelmäßigkeit schafft. In den Strophen 1-4 ist ein Kreuzreim zu finden, danach folgt ein Paarreim. Das Metrum ist ein vierhebiger Trochäus, der dem Gedicht eine aufgeregte und beschwingte Stimmung verleiht.

Obwohl der Titel „Neue Liebe, neues Leben“ anfangs sehr positiv klingt, wird im Verlauf der Analyse klar, dass dies nur oberflächlich ist. Das lyrische Ich befindet sich klar in den Fängen dieser Frau und kann die schwierige Beziehung nicht beenden. Dies bestätigt die anfängliche Vermutung, und es wird deutlich, dass das lyrische Ich vieles beschönigt, möglicherweise als Schutzmechanismus oder um sich selbst besser zu fühlen. Der Autor möchte mit diesem Gedicht verdeutlichen, wie schwer Beziehungen sein können und dass man aus ihnen fliehen sollte, bevor es zu spät ist. Das Gedicht gehört zur Sturm-und-Drang-Phase, da das lyrische Ich einen klaren Freiheitsgedanken hat, was ein typisches Merkmal dieser Epoche ist.

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