Goethe, Johann Wolfgang von - Zueignung (kurze Gedichtinterpretation, Gedicht aus Faust I)

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Johann Wolfgang von Goethe, Analyse, Gedichtinterpretation, Faust - Der Tragödie Erster Teil Vorspiel, Referat, Hausaufgabe, Goethe, Johann Wolfgang von - Zueignung (kurze Gedichtinterpretation, Gedicht aus Faust I)
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Referat

Faust - Der Tragödie erster Teil

Zueignung
von Johann Wolfgang von Goethe

Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,
Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt.
Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten?
Fühl ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?
Ihr drängt euch zu! nun gut, so mögt ihr walten,
Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt;
Mein Busen fühlt sich jugendlich erschüttert
Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert.
 
Ihr bringt mit euch die Bilder froher Tage,
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Und manche liebe Schatten steigen auf;
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Gleich einer alten, halbverklungnen Sage
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Kommt erste Lieb und Freundschaft mit herauf;
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Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage
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Des Lebens labyrinthisch irren Lauf,
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Und nennt die Guten, die, um schöne Stunden
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Vom Glück getäuscht, vor mir hinweggeschwunden.
 
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Sie hören nicht die folgenden Gesänge,
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Die Seelen, denen ich die ersten sang;
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Zerstoben ist das freundliche Gedränge,
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Verklungen, ach! der erste Widerklang.
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Mein Lied ertönt der unbekannten Menge,
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Ihr Beifall selbst macht meinem Herzen bang,
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Und was sich sonst an meinem Lied erfreuet,
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Wenn es noch lebt, irrt in der Welt zerstreuet.
 
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Und mich ergreift ein längst entwöhntes Sehnen
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Nach jenem stillen, ernsten Geisterreich,
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Es schwebet nun in unbestimmten Tönen
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Mein lispelnd Lied, der Äolsharfe gleich,
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Ein Schauer faßt mich, Träne folgt den Tränen,
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Das strenge Herz, es fühlt sich mild und weich;
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Was ich besitze, seh ich wie im Weiten,
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Und was verschwand, wird mir zu Wirklichkeiten.

(„Zueignung“ von Johann Wolfgang von Goethe ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (26.9 KB) zur Unterstützung an.)

Zueignung (S. 5 - 6)

  • ein Gedicht, welches das Drama eröffnet
  • Goethe erwähnt alte Zeiten und berichtet vom Schreibprozess und reflektiert seinen eigenen Schaffungsprozess und dessen Wandel im Laufe des Lebens
  • Mit ihnen kommen wehmütige Erinnerungen aus der Vergangenheit zurück. Der Dichter wird von Schwermut erfasst. Er trauert um die verlorene Zeit.
  • In den ersten Versen wird deutlich, dass es sich um ein lyrisches Ich handelt, welches mit Goethe gleichzusetzen ist → dieser wird von Figuren heimgesucht, die ihn vor langer Zeit gefesselt und nicht mehr losgelassen haben
  • „Schwankende Gestalten“ (V. 1) sind noch in keiner konkreten Form → unfertig
  • Er verbindet seine erste Schaffensphase mit Wehmut, da seine ursprünglichen Zuhörer, ihm bekannte Freunde, nicht mehr präsent sind → daher „unbekannte Menge“

→ diese Erinnerungen erschüttern ihn und verleihen ihm den Antrieb, sein Werk zu vollenden

  • Autobiographische Bezüge
  • Goethe Verhältnis zum Werk
  • Erinnerung an Vergangenes
  • Poetische und biografische Selbstreflexion

Das lyrische Ich beschwört die Schatten der Vergangenheit und reflektiert die Gedanken des Dichters.
Rolle/ Funktion der Dichtung: Verhältnis des Dichters zum Stoff


= Stanze

  • Klagegedicht; Stanze
  • Reimschema ab aba ab cc
  • Metrum 5-hebiger Jambus unbetont/betont
  • 11 Silben weibliche Kadenz, 10 männlich

→ Einheit/ Harmonie → wirkt: Klangvoll, etwas verkünden, feierlich, pathetisch

Strophe 1

Die in zurückliegenden Schaffensperioden konzipierten Figuren und Stoffelemente des „Faust“ - die „schwankenden gestalten“ - bedrängen den Autor geradezu und wollen der Vollendung zugeführt werden

Strophe 2, 3

Der Blick zurück ist geprägt von der Trauer über die verlorenen Freunde. ZU seinem Publikum in der Gegenwart dagegen hat Goethe keinen inneren Bezug

Strophe 4

Die schmerzhafte Erinnerung ist zugleich das Feld der inneren Inspiration. Dort findet Goethe die Gerissenheit, sein Lebenswerk „Faust“ zu vollenden

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