Goethe, Johann Wolfgang von - Mächtiges Überraschen (Interpretation)
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Referat
Johann Wolfgang von Goethe: Mächtiges Überraschen (Interpretation)
Mächtiges Überraschen
von Johann Wolfgang von Goethe
1 |
Ein Strom entrauscht umwölktem Felsensaale |
2 |
Dem Ozean sich eilig zu verbinden; |
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Was auch sich spiegeln mag von Grund zu Gründen, |
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Es wandelt unaufhaltsam fort zu Tale. |
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Dämonisch aber stürzt mit einem Male – |
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Ihr folgen Berg und Wald in Wirbelwinden – |
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Sich Oreas, Behagen dort zu finden. |
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Und hemmt den Lauf, begrenzt die weite Schale. |
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Die Welle sprüht, und staut zurück und weichet, |
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Und schwillt bergan, sich immer selbst zu trinken; |
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Gehemmt ist nun zum Vater hin das Streben. |
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Sie schwankt und ruht, zum See zurückgedeichet; |
13 |
Gestirne, spiegelnd sich, beschaun das Blinken |
14 |
Des Wellenschlags am Fels, ein neues Leben. |
(„Mächtiges Überraschen“ von Johann Wolfgang von Goethe ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.3 KB) zur Unterstützung an.)
In seinem Gedicht „Mächtiges Überraschen“ aus dem Jahr 1800, beschreibt Johann Wolfgang von Goethe die Urgewalt der Natur.
Ein Strom entspringt aus seiner Quelle auf einem Berg und rauscht hinab, um sich tosend ins Meer zu stürzen (dem Ozean...zu verbinden), wird aber durch Naturgewalt abgebremst. Durch den Zusammenstoss zweier Naturgewalten, kommt er zur Ruhe und ein "neues Leben" entsteht in einem ruhigen See, in dem sich die Sterne spiegeln.
Das Gedicht weist eine typische Sonettform auf: Zwei Quartette, zwei Terzette. Die zwei Quartette weisen einen umarmenden den Reim auf, der einen unreinen Reim einschließt. (Felsensaale/Tale,verbinden/Gründen).
Die Terzette bilden zusammen zwei dreifache Reimreihen. Das ganze Sonett besteht aus weiblichen Kadenzen (z.B. trinken/Blinken). Im ersten Quartett wird eine Naturgewalt beschrieben, man kann das Tosen des Flusses fast hören, sieht in den Berg hinunterstürzen, was uns durch eine Personifikation („ein Strom entrauscht“ V. 1) und einen Neologismus („umwölkten Felsenschale“), gewissermaßen hineinzieht. Unaufhaltsam und gewaltig rast das Wasser auf den Ozean zu, wird durch die Steigerung „Von Grund zu gründen“ noch verstärkt, nichts kann sich aufgrund der Schnelligkeit darin spiegeln und plötzlich...
Im zweiten Vers tritt dem Strom eine andere, magische, fremde Kraft entgegen. „Dämonisch“ nennt Goethe diese Kraft, mystisch wird sie durch die erwähnte Nymphe Orea. Eine Art Alliteration „Wald in Wirbelwinden“, der dem Berg folgt, scheint einen Erdrutsch zu meinen, der den Lauf des Flusses hemmt und Gestein und Bäume in den Fluss spült. Orea scheint diesen Bergrutsch verursacht zu haben, um den Flusslauf zu hemmen und hinterher Behagen zu empfinden (V. 7) in der Tatsache, dass er sich jetzt nicht mehr in den Ozean ergießen kann, der hier metaphorisch als „weitere Schale“ (V. 8) bezeichnet wird.
Zunächst will der Fluss die Veränderung seines Laufes nicht wahrhaben. Eine personifizierte Welle versucht sich zu wehren, eine Anhäufung von Verben drückt dies aus „staunt, weichet, schwillt, sich selbst trinken“.
Doch diese Gegenwehr ist um sonst, das Paradoxon „sich selbst trinken“ zeigt, dass sie immer wieder zurückgeworfen wird. „Gehemmt“ zeigt uns die Aussichtslosigkeit zum Vater (Metapher für den Ozean) zu gelangen.
Der eintretende Stillstand wird im letzten Terzett beschrieben. Die eintretende Ruhe wird mit dem Oxymoron „sie schwankt und ruht“ dargestellt. Der Fluss ergibt sich in sein Schicksal und wird zu einem See, in dem sich jetzt endlich, „die funkelnden Gestirne spiegeln“ (V. 13). Das Enjambement „das Blinken“ (V. 13) „des Wellenschlags“ (V. 14)" beschreibt den Übergang in die Ruhe und „Ein neues Leben“ (V. 14) als See.
Man könnte Goethes Gedicht als reine Beschreibungen von Naturgewalten verstehen. Vielleicht aber, beschreibt es auch das Leben eines Menschen, dass unvorhergesehen eine andere Richtung nimmt und das, nach einer Sturm-und-Drang-Zeit in unerwarteter, ungeplanter Art und Weise zur inneren Ausgeglichenheit und Ruhe findet.
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