Goethe, Johann Wolfgang von - Willkommen und Abschied (Interpretation der späteren Fassung)

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Johann Wolfgang von Goethe, Analyse, Gedichtinterpretation, Referat, Hausaufgabe, Goethe, Johann Wolfgang von - Willkommen und Abschied (Interpretation der späteren Fassung)
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Referat

Gedichtinterpretation: Willkommen und Abschied (Johann Wolfgang von Goethe)

Willkommen und Abschied
von Johann Wolfgang von Goethe

Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!
Es war getan fast eh gedacht;
Der Abend wiegte schon die Erde
Und an den Bergen hing die Nacht
Schon stand im Nebelkleid die Eiche
Ein aufgetürmter Riese, da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.
 
Der Mond von einem Wolkenhügel
10 
Sah kläglich aus dem Duft hervor;
11 
Die winde schwangen leise Flügel
12 
Umsausten schauerlich mein Ohr
13 
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer
14 
Doch frisch und fröhlich war mein Mut
15 
In meinen Adern welches Feuer!
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In meinen Herzen welche Glut!
 
17 
Dich sah ich, und die milde Freude
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Floß von dem süßen Blick auf mich;
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Ganz war mein Herz an deiner Seite
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Und jeder Atemzug für dich.
21 
Ein rosafarbenes Frühlingswetter
22 
Umgab das liebliche Gesicht,
23 
Und Zärtlichkeit für mich - ihr Götter!
24 
Ich hofft es, ich verdient es nicht!
 
25 
Doch, ach schon mit der Morgensonne
26 
Verengt der Abschied mir das Herz
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In deinen Küssen welche Wonne!
28 
In deinem Auge welcher Schmerz!
29 
Ich ging und du standst und sahst zu Erden
30 
Und sahst mir nach mit nassen Blick:
31 
Und doch welch Glück geliebt zu werden!
32 
Und lieben, Götter, welch ein Glück!

(„Willkommen und Abschied“ von Johann Wolfgang von Goethe ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (26.3 KB) zur Unterstützung an.)

Das Gedicht Willkommen und Abschied, von Johann Wolfgang von Goethe ist vermutlich ein dramatisches Liebesgedicht, eine Elegie in Balladenform, hauptsächlich verfasst in der Erlebnislyrik. Es gehört der Gattung der Lyrik an und entstand höchstwahrscheinlich am Ende des Sturm und Drang. Doch es trägt auch einige Züge der damals beginnenden Weimarer Klassik. Das Hauptthema des Gedichtes ist die Liebe. Eine Liebe zwischen zwei Menschen, deren Abstand so groß voneinander ist, dass das Ausleben dieser fast unmöglich ist. Dieser Abstand kann dabei räumlich verstanden werden, doch kann er auch eine Metapher für einen starken gesellschaftlichen Unterschied darstellen, welche zur damaligen Zeit eine Liaison sehr erschweren, wenn nicht sogar verhindern konnte.

Das lyrische Werk ist hier in vier Strophen mit je acht Versen gegliedert und im Kreuzreim verfasst. Die Gleichmäßigkeit des verwendeten Jambus bildet in dem Gedicht einen „roten Faden“, welcher den Leser durch das ganze Werk führt. Die häufige Verwendung von Adjektiven und Metaphern wird dazu genutzt, die Erfahrungswelt des lyrischen Ichs genau nachvollziehen zu können. Dieses beschreibt sein Erlebnis im Präteritum und verschiebt oft Verben, Objekte und Subjekte im Satz, um die Reimform halten zu können und das Hauptaugenmerk durch Betonung beim Lesen auf die wichtigen Stellen leiten zu können.

Bereits im Titel werden durch die Antithese „Willkommen und Abschied“ einige Erwartungen beim Leser erweckt. Es könnte sich um ein Treffen zweier Personen handeln, welche in einem besonderen Verhältnis zueinander stehen. Der Autor könnte in dem Gedicht vielleicht persönliche Erlebnisse verarbeiten.

In Strophe eins und zwei wird der spontane nächtliche Aufbruch des lyrischen Ichs beschrieben. Bei dem es ich zu Pferd auf eine Reise zu seiner Geliebten begibt. In der dritten Strophe erzählt das lyrische Ich über die Ankunft bei seiner Verehrten und ihre Gefühle füreinander. In der letzten Strophe ist die Stimmung bedrückend und traurig. Der Abschied der Verliebten wird hier thematisiert.

Das lyrische Ich ist in diesem Gedicht sehr wahrscheinlich männlich und steckt voller Tatendrang. Seine Verhaltensweise lässt sich mit der starken Liebe zu einer jungen Frau begründen.

Die erste Strophe beginnt mit einer Ellipse („geschwind zu Pferde“, Z. 1) und erzeugt somit eine Aufbruchsstimmung. Diese wird durch die Anapher „es“ in „Es schlug mein Herz, geschwind, zu Pferde! Es war getan fast eh gedacht.“ (Z. 1-2), gestützt.

Zusätzlich wird die Unberechenbarkeit Verliebter deutlich. Die Brachyologie in „getan fast eh gedacht“ (Z. 2) unterstreicht das nur. In Zeile drei findet eine Zäsur statt. Es wird von der Erlebnislyrik zur Naturlyrik gewechselt, um den Leser „auf der Reise des lyrischen Ichs möglichst gut teilhaben zu lassen“. Die Personifikation der Erde wird genutzt, um die ruhige Stille der Nacht darzustellen. So wie Menschen ihre Kinder wiegen, „wiegt der Abend hier die Erde“. Der vierte Vers „Und an den Bergen hing die Nacht;“ ist eine Metapher für den Sonnenuntergang. Die Berge werfen dabei einen großen Schatten über das Land und so beginnt – um das lyrische Ich herum – die Nacht. Die im Dunkeln, vor dem Handlungsträger auftauchende Eiche wird durch das Tragen des „Nebelkleid[s]“ (Z. 5) personifiziert. Das Nebelkleid steht hier für den starken abendlichen Dunst, der alles umgibt, so auch die Eiche. In Zeile fünf bis sechs ist eine Antithese aufzufinden. Während die Eiche in Zeile fünf durch das „Nebelkleid“ als etwas Anmutiges beschrieben wird, zeigt das lyrische Ich in Zeile sechs, durch die Bezeichnung Riese, auch die bedrohliche Wirkung des Momentes. Die in Zeile 7–8 personifizierte Finsternis drückt die Übermacht der Natur gegenüber dem lyrischen Ich aus. Diese geht beispielsweise durch die unbekannte Gefahr aus, welche im Dunkeln, abseits des Weges lauern könnte. Die Steigerung von „hundert schwarzen Augen“ (Z. 8) zu „tausend Ungeheuer“ (Z. 13) trägt als Klimax stark zum Anstieg der Spannungskurve bei.

Die zweite Strophe beginnt mit einer Personifizierung des Mondes, welcher hoch am Himmel steht, jedoch stark durch die nächtlichen Wolken bedeckt wird. Dem Wind wird im elften Vers eine tierische Verhaltensweise zugeschrieben („Die Winde schwangen leise Flügel“, Z. 11). Das macht die Szene wortwörtlich lebendiger. Anschließend werden erstmals wieder Elemente der Erlebnislyrik erkennbar. Der kalte Wind wird beschrieben, wie er um das Ohr des lyrischen Ichs saust. Der Leser kann sich nun wieder besser in dessen Situation des Handlungsträgers versetzen. Trotz der schauerlichen Situation, die durch die Hyperbel „tausend Ungeheuer“ (Z. 13) zum Ausdruck kommt, ist das lyrische Ich überzeugt weiterzureiten. Gepackt von der überwältigenden Vorfreude, ausgelöst durch seine Liebe, schöpft es neuen Mut. Dieser innere Rausch der Leidenschaft wird getragen durch die Metaphern „Feuer“ (Z. 15) und „Glut“ (Z. 16). Die Anapher „In meinen“ (Z. 15; 16) zeigt dabei zusätzlich, wie sich das lyrische Ich der Ekstase seiner Liebe verliert.

Schließlich erreicht es seine Geliebte, die es auch bereits freudig erwartet. Die Synästhesie „süße[r] Blick“ unterstreicht die Flut der Gefühle, welche durch seinen ganzen Körper strömt. Sein Herz stellt hier ein Pars Pro Toto, für sein komplettes Ich dar. Es ist in Gedanken „nur bei ihr“. Die Hyperbel, jeder Atemzug sei nur für sie, bringt zum Ausdruck, dass es ohne sie nicht leben möchte. Die Synästhesie „rosenfarbenes Frühlingswetter“ (Z. 21) steht hier für die junge Liebe zueinander. Das „Frühlingswetter“ muss hier nicht wörtlich verstanden werden. Vielmehr die damit verbundenen Eigenschaften. Das lyrische Ich sieht die Liebe für sie so jung und frisch, wie die neuen Pflanzen und Blüten im Frühling. In den letzten zwei Zeilen der dritten Strophe schreibt der Handlungsträger die gegenseitige Liebe einer höheren Macht zu. Er kann sich nicht erklären, wie er etwas so Wunderbares verdient und so sucht das lyrische Ich die Antwort in Gott.

Mit Anbruch der vierten Strophe schlägt die Stimmung schlagartig um. Zur Verliebtheit kommt ein nostalgischer Hauch hinzu. In den ersten beiden Zeilen wird dem lyrischen Ich, mit dem Aufgang der Morgensonne klar, dass die gemeinsame Zeit langsam ein Ende nimmt. Der personifizierte Abschied ist der Grund für den aufkommenden Kummer im lyrischen Ich (vgl. Z. 25-26). Auch seine Geliebte scheint dies zu fühlen, denn obgleich sie es, noch voller Lust und Freude, liebevoll küsst, leidet sie bereits merklich unter dem bevorstehendem Abschied. So sieht es das lyrische Ich in ihren Augen. Die Anapher „In deinen“ unterstreicht hier die Zweigleisigkeit der Situation der Liebenden. Die Aufzählung „Ich ging, du standst und sahst zur Erden“ (Z. 29) verstärkt die Wirkung des Momentes und verleiht dem Leser die Möglichkeit sich mit seinen eigenen Gedanken und Gefühlen in die Situation zu versetzen. Der „nasse[r] Blick“ (Z. 30) der Geliebten ist hier eine Synästhesie und eine Metapher zugleich. Er steht für die Trauer der Beiden, über den Abschied, ohne baldiges Wiedersehen. Die Anapher „Und“ an den Satzanfängen der letzten drei Verse des Gedichtes verbindet hier die glücklichen, aber auch die negativen Gefühle und zeigt so, dass beides zum Lieben dazu gehört.

Durch den Chiasmus in den Zeilen 31 und 32 werden die beiden Wörter und ihre unabdingbare Zugehörigkeit dargestellt. Hier fällt ebenso auf, dass am Ende der Sätze je ein Ausrufezeichen steht. Bei genauerer Betrachtung der Satzzeichen im Zusammenhang des Satzinhaltes stellt man fest, dass ein jeder Satz mit einem Ausrufezeichen „markiert“ ist, in dem eine schöne Seite der Liebe beschrieben wird.

Die Ballade beschreibt das Verhalten junger Verliebter, deren Unberechenbarkeit, aber auch die Vergänglichkeit der Liebe. Als wichtige „Lehre“ geht aus dem Werk hervor, dass die Liebe eine erstrebenswerte Sache ist, da diese das Leben mit Glück und Hoffnung erfüllen kann. Dabei wird in dieser Dichtung die Spannung am Anfang, das Glück in der Mitte, die Trauer am Ende und die Hoffnung zum Schluss beschrieben. Dies sind, eng mit der Liebe verbundene Gefühle. Das Gedicht scheint ein Liebesgedicht zu sein, welches hauptsächlich in der Erlebnislyrik verfasst wurde. Damit hat sich meine Hypothese vom Anfang bestätigt.

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