Mein Vorsatz von Johann Christian Friedrich Hölderlin
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O Freunde! Freunde! die ihr so treu mich liebt! |
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Was trübet meine einsame Blicke so? |
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Was zwingt mein armes Herz in diese |
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Wolkenumnachtete Totenstille? |
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Ich fliehe euren zärtlichen Händedruck, |
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Den seelenvollen, seligen Bruderkuß. |
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O zürnt mir nicht, daß ich ihn fliehe! |
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Schaut mir ins Innerste! Prüft und richtet! |
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Ists heißer Durst nach Männervollkommenheit? |
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Ists leises Geizen um Hekatombenlohn? |
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Ists schwacher Schwung nach Pindars Flug? ists |
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Kämpfendes Streben nach Klopstocksgröße? |
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Ach Freunde! welcher Winkel der Erde kann |
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Mich decken, daß ich ewig in Nacht gehüllt |
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Dort weine? Ich erreich ihn nie, den |
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Weltenumeilenden Flug der Großen. |
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Doch nein! hinan den herrlichen Ehrenpfad! |
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Hinan! hinan! im glühenden kühnen Traum |
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Sie zu erreichen; muß ich einst auch |
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Sterbend noch stammeln: Vergeßt mich, Kinder |
Details zum Gedicht „Mein Vorsatz“
5
20
120
1770 - 1843
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Mein Vorsatz“ und ist vom deutschen Lyriker Johann Christian Friedrich Hölderlin, der von 1770 bis 1843 lebte. Er zählt als bedeutender Vertreter der deutschen Romantik und des Sturm und Drang.
Bei erstmaliger Lesung hinterlässt das Gedicht einen melancholischen Eindruck. Es deutet auf innere Zwiespalt und einen Kampf des lyrischen Ichs hin.
Inhaltlich geht es um das lyrische Ich, das offenbar in innerer Not und Unzufriedenheit mit sich selbst ist. Es bittet seine Freunde um Verständnis für seinen Rückzug („Ich fliehe euren zärtlichen Händedruck“) und betont seine Sehnsucht nach vollkommener Dichtung („Ists heißer Durst nach Männervollkommenheit?“). Es bewundert die Größe von Dichtern wie Pindar und Klopstock. Jedoch scheint es zu glauben, dass es diese Größe selbst niemals erreichen kann. Am Ende des Gedichts, jedoch, ändert es seine Haltung und entscheidet, trotz der Herausforderungen, seinen eigenen Weg zu gehen („Doch nein! hinan den herrlichen Ehrenpfad!“).
Formell besteht das Gedicht aus fünf Strophen mit jeweils vier Versen, was eine strenge regelmäßige Struktur vermittelt. Die Sprache ist sehr dramatisch und emotional und beinhaltet viele Anaphern („Freunde! Freunde!“, „hinan! hinan!“), was die Intensität der Gefühle des lyrischen Ichs unterstreicht. Zudem finden wir viele Metaphern und symbolische Begriffe wie „Wolkenumnachtete Totenstille“, „Pindars Flug“, „Klopstocksgröße“ usw., was auf eine symbolische, tiefsinnige Bedeutung hindeutet.
Insgesamt lässt sich sagen, dass Hölderlin in „Mein Vorsatz“ die Zerrissenheit, Selbstzweifel und den Ehrgeiz eines Dichters darstellt, der den Anspruch hat, Großes zu leisten, sich aber zugleich seiner eigenen Begrenztheit bewusst ist. Dabei schwingt eine tiefe Melancholie, aber auch eine entschiedene Entschlossenheit mit.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Mein Vorsatz“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Christian Friedrich Hölderlin. Im Jahr 1770 wurde Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1786 bis 1843 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 120 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere Werke des Dichters Johann Christian Friedrich Hölderlin sind „An Ihren Genius“, „An die Deutschen“ und „An die Parzen“. Zum Autor des Gedichtes „Mein Vorsatz“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 181 Gedichte vor.
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