Abendphantasie von Johann Christian Friedrich Hölderlin

Vor seiner Hütte ruhig im Schatten sizt
Der Pflüger, dem Genügsamen raucht sein Herd.
Gastfreundlich tönt dem Wanderer im
Friedlichen Dorfe die Abendglocke.
 
Wohl kehren izt die Schiffer zum Hafen auch,
In fernen Städten, fröhlich verrauscht des Markts
Geschäft’ger Lärm; in stiller Laube
Glänzt das gesellige Mahl den Freunden.
 
Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen
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Von Lohn und Arbeit; wechselnd in Müh’ und Ruh’
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Ist alles freudig; warum schläft denn
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Nimmer nur mir in der Brust der Stachel?
 
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Am Abendhimmel blühet ein Frühling auf;
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Unzählig blühen die Rosen und ruhig scheint
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Die goldne Welt; o dorthin nimmt mich,
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Purpurne Wolken! und möge droben
 
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In Licht und Luft zerrinnen mir Lieb’ und Leid! –
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Doch, wie verscheucht von thöriger Bitte, flieht
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Der Zauber; dunkel wirds und einsam
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Unter dem Himmel, wie immer, bin ich –
 
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Komm du nun, sanfter Schlummer! zu viel begehrt
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Das Herz; doch endlich, Jugend! verglühst du ja,
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Du ruhelose, träumerische!
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Friedlich und heiter ist dann das Alter.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.8 KB)

Details zum Gedicht „Abendphantasie“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
160
Entstehungsjahr
1800
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Abendphantasie“ von Hölderlin beschreibt eine abendliche Szene, in der verschiedene Menschen ihre Arbeit beenden und zur Ruhe kommen. Der Pflüger sitzt zufrieden vor seiner Hütte, der Wanderer hört die Abendglocke im Dorf, und die Schiffer kehren zum Hafen zurück. Auch in den Städten endet der geschäftige Markttag, und Freunde treffen sich zum geselligen Essen.

Das lyrische Ich fragt sich, warum er nicht dieselbe Zufriedenheit und Ruhe finden kann. Es sieht den wunderschönen Abendhimmel und wünscht sich, dass die purpurnen Wolken ihn mitnehmen und sein Glück und Leid in Licht und Luft zerrinnen mögen. Doch der Wunsch bleibt unerfüllt, und das lyrische Ich bleibt einsam unter dem Himmel.

Schließlich wünscht es sich, dass der sanfte Schlummer kommt und seine unruhige, träumerische Jugend vergeht. Es erhofft sich, dass dann im Alter Frieden und Heiterkeit zu finden sind.

Die Aussage des Gedichts ist, dass Menschen oft nach Glück und Zufriedenheit suchen, während sie ihre eigene Unruhe und Sehnsüchte in sich tragen. Nur wenn diese inneren Konflikte überwunden oder akzeptiert werden, kann man wahren Frieden und Ruhe finden. Je älter man wird, desto eher findet man diese innere Gelassenheit.

Weitere Informationen

Johann Christian Friedrich Hölderlin ist der Autor des Gedichtes „Abendphantasie“. 1770 wurde Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1800 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Frankfurt am Main. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 160 Worte. Johann Christian Friedrich Hölderlin ist auch der Autor für Gedichte wie „An Ihren Genius“, „An die Deutschen“ und „An die Parzen“. Zum Autor des Gedichtes „Abendphantasie“ haben wir auf abi-pur.de weitere 181 Gedichte veröffentlicht.

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