Keppler von Johann Christian Friedrich Hölderlin
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Unter den Sternen ergehet sich |
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Mein Geist, die Gefilde des Uranus |
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Überhin schwebt er und sinnt; einsam ist |
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Und gewagt, ehernen Tritt heischet die Bahn. |
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Wandle mit Kraft, wie der Held, einher! |
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Erhebe die Miene! doch nicht zu stolz, |
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Denn es naht, siehe es naht, hoch herab |
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Vom Gefild, wo der Triumph jubelt, der Mann, |
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Welcher den Denker in Albion, |
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Den Späher des Himmels um Mitternacht, |
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Ins Gefild tiefern Beschauns leitete, |
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Und voran leuchtend sich wagt' ins Labyrinth, |
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Daß der erhabenen Themse Stolz, |
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Im Geiste sich beugend vor seinem Grab, |
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Ins Gefild würdigern Lohns nach ihm rief: |
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»Du begannst, Suevias Sohn! wo es dem Blick |
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Aller Jahrtausende schwindelte; |
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Und ha! ich vollende, was du begannst, |
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Denn voran leuchtetest du, Herrlicher! |
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Im Labyrinth, Strahlen beschwurst du in die |
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Nacht. |
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Möge verzehren des Lebens Mark |
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Die Flamm in der Brust - ich ereile dich, |
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Ich vollend's! denn sie ist groß, ernst und groß, |
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Deine Bahn, höhnet des Golds, lohnet sich |
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selbst.« |
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Wonne Walhallas! und ihn gebar |
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Mein Vaterland? ihn, den die Themse pries? |
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Der zuerst ins Labyrinth Strahlen schuf, |
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Und den Pfad, hin an dem Pol, wies dem Gestirn. |
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Heklas Gedonner vergäß ich so, |
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Und, ging' ich auf Ottern, ich bebte nicht |
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In dem Stolz, daß er aus dir, Suevia! |
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Sich erhub, unser der Dank Albions ist. |
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Mutter der Redlichen! Suevia! |
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Du stille! dir jauchzen Aeonen zu, |
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Du erzogst Männer des Lichts ohne Zahl, |
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Des Geschlechts Mund, das da kommt, huldiget |
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dir. |
Details zum Gedicht „Keppler“
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240
1770 - 1843
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Keppler“ wurde von Johann Christian Friedrich Hölderlin (* 20. März 1770, † 7. Juni 1843) verfasst. Hölderlin war ein deutscher Dichter der Spätromantik, daher lässt sich das Gedicht dem Zeitraum zwischen letztem Quartal des 18. und erstem Quartal des 19. Jahrhunderts zuordnen.
Bereits beim ersten Lesen fällt auf, dass dieses Gedicht eine Hommage an den Astronomen Johannes Kepler, der in der Suebia (Schwaben) geboren wurde, darstellt. Hölderlin drückt hier seine Bewunderung aus und feiert Keppler als Pionier und Held.
Inhaltlich handelt das Gedicht von der geistigen Reise des lyrischen Ichs unter den Sternen. Es spricht seine Bewunderung für die Leistung und den Mut Keplers aus, der den Weg für zukünftige Entdeckungen bereitet hat. Es wird eine Parallele zwischen Kepler und dem lyrischen Ich gezogen, das Bindeglied zwischen beiden bildet das Streben nach Wissen und Erkenntnis. Hölderlin thematisiert dabei die Einigkeit der Wissenschaft und der Poesie sowie die Verbundenheit zwischen Keppler, dem lyrischen Ich und der Heimat Schwaben.
Formal besteht das Gedicht aus neun Strophen, die eine wechselnde Anzahl an Versen aufweisen. Die Sprache ist bildhaft und metaphorisch, was typisch für die Romantik und Hölderlins Stil ist. Es finden sich bildliche Vergleiche wie „Im Labyrinth“ und „Strahlen beschwurst du in die Nacht“, die Keplers wissenschaftliche Bestrebungen in poetische Bilder übersetzen.
Die Sprache von Hölderlin ist charakteristisch erhaben und pathetisch, was die Ehrfurcht und Hochachtung, die das lyrische Ich für Kepler empfindet, spiegelt. Auch die wiederkehrenden Bezüge und Anreden an 'Suevia' (Schwaben), die romantische Verklärung der Heimat, ist ein typisches Stilelement Hölderlins.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hölderlins „Keppler“ ein hymnenartiges Loblied auf den gleichnamigen Astronomen ist, das dessen wissenschaftliche Erfolge in erhabenen, symbolgeladenen und bildhaften Sprachelementen wiedergibt.
Weitere Informationen
Johann Christian Friedrich Hölderlin ist der Autor des Gedichtes „Keppler“. 1770 wurde Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. Zwischen den Jahren 1786 und 1843 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 240 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 39 Versen. Die Gedichte „Das Schicksal“, „Das Unverzeihliche“ und „Dem Genius der Kühnheit“ sind weitere Werke des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin. Zum Autor des Gedichtes „Keppler“ haben wir auf abi-pur.de weitere 181 Gedichte veröffentlicht.
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