Zornige Sehnsucht von Johann Christian Friedrich Hölderlin
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Ich duld es nimmer! ewig und ewig so |
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Die Knabenschritte, wie ein Gekerkerter |
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Die kurzen, vorgemeßnen Schritte |
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Täglich zu wandeln, ich duld es nimmer! |
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Ists Menschenlos - ists meines? ich trag es nicht, |
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Mich reizt der Lorbeer, - Ruhe beglückt mich nicht, |
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Gefahren zeugen Männerkräfte, |
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Leiden erheben die Brust des Jünglings. |
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Was bin ich dir, was bin ich, mein Vaterland? |
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Ein siecher Säugling, welchen mit tränendem, |
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Mit hoffnungslosem Blick die Mutter |
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In den gedultigen Armen schaukelt. |
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Mich tröstete das blinkende Kelchglas nie, |
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Mich nie der Blick der lächelnden Tändlerin, |
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Soll ewig Trauern mich umwolken? |
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Ewig mich töten die zornge Sehnsucht? |
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Was soll des Freundes traulicher Handschlag mir, |
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Was mir des Frühlings freundlicher Morgengruß, |
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Was mir der Eiche Schatten? was der |
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Blühenden Rebe, der Linde Düfte? |
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Beim grauen Mana! nimmer genieß ich dein, |
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Du Kelch der Freuden, blinkest du noch so schön, |
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Bis mir ein Männerwerk gelinget, |
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Bis ich ihn hasche, den ersten Lorbeer. |
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Der Schwur ist groß. Er zeuget im Auge mir |
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Die Trän, und wohl mir, wenn ihn Vollendung |
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krönt, |
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Dann jauchz auch ich, du Kreis der Frohen, |
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Dann, o Natur, ist dein Lächeln Wonne. |
Details zum Gedicht „Zornige Sehnsucht“
7
29
186
1789
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Zornige Sehnsucht“ wurde von Johann Christian Friedrich Hölderlin geschrieben, einem deutschen Lyriker und Philosophen, der in der Zeit der Romantik lebte (1770-1843).
Betrachtet man das Gedicht auf den ersten Blick, fällt die deutliche Emotionstiefe und Leidenschaft auf, welche das lyrische Ich in seinen Versen ausdrückt. Es scheint unzufrieden und unruhig zu sein, gekennzeichnet von einer starken Sehnsucht nach Veränderung und Erfüllung.
Inhaltlich handelt das Gedicht von einem Individuum, das mit seiner aktuellen Lebenssituation unzufrieden ist und nach Größe und Anerkennung strebt („Mich reizt der Lorbeer“). Das lyrische Ich fühlt sich eingeschränkt und in seinem Fortschreiten gehemmt („Knabenschritte“, „Die kurzen, vorgemeßnen Schritte“). Es zeigt eine starke Ambition und den Wunsch, seine Potenziale voll auszuschöpfen und nicht nur ein passiver Beobachter des eigenen Lebens zu sein. Außerdem unterstreicht das lyrische Ich seine Unzufriedenheit und Frustration über den Mangel an Herausforderungen in seinem Leben („Gefahren zeugen Männerkräfte“, „Leiden erheben die Brust des Jünglings“).
Das Gedicht besteht aus sieben Strophen, jede mit vier Versen bis auf die letzte Strophe, die aus fünf Versen besteht, und schreitet in einem rhythmischen, flüssigen Muster voran. Deutlich wird dies auch durch die Sprache und Wortwahl des Dichters. Die Sprache ist emotional aufgeladen, voller Intensität und Dringlichkeit. Zudem wird eine Reihe von Metaphern verwendet, um die Emotionen des lyrischen Ichs darzustellen, wie z.B. der Lorbeer als Symbol für Ruhm und Anerkennung, oder die „zornge Sehnsucht“ als Ausdruck des brennenden Verlangens des lyrischen Ichs nach Veränderung und Erfüllung. Der Gebrauch des Ausrufezeichens unterstreicht die Leidenschaft und die Dringlichkeit des lyrischen Ichs in seinem Streben und seiner Unzufriedenheit.
Insgesamt thematisiert Hölderlin in seinem Gedicht „Zornige Sehnsucht“ die menschliche Sehnsucht nach Bedeutung, Anerkennung und Erfüllung im Leben, wobei er außerdem die Frustration und die Unzufriedenheit darstellt, die als Folge des Fehlens solcher Ziele im eigenen Leben auftreten können. Inspiriert von der Romantik, fördert Hölderlin das Streben nach individueller Selbstverwirklichung und Ausdruck, ein zentraler Bestandteil dieser literarischen Epoche.
Weitere Informationen
Johann Christian Friedrich Hölderlin ist der Autor des Gedichtes „Zornige Sehnsucht“. Hölderlin wurde im Jahr 1770 in Lauffen am Neckar geboren. 1789 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 186 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 29 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Der Dichter Johann Christian Friedrich Hölderlin ist auch der Autor für Gedichte wie „Abendphantasie“, „An Ihren Genius“ und „An die Deutschen“. Zum Autor des Gedichtes „Zornige Sehnsucht“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 181 Gedichte vor.
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