An den Frühling von Johann Christian Friedrich Hölderlin
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Wangen sah' ich verblühn, und die Kraft der Arme veralten; |
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Du mein Herz! noch alterst du nicht; wie Luna den Liebling |
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Weckte des Himmels Kind, die Freude, vom Schlafe dich wieder; |
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Denn Sie erwacht mit mir zu neuer, glühender Jugend[,] |
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Meine Schwester, die süße Natur, und meine geliebten |
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Tale lächeln mich an, und meine geliebteren Haine, |
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Voll erfreulichen Vogelgesangs, und scherzender Lüfte, |
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Jauchzen in wilder Lust der freundlichen Gruß mir entgegen. |
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Der du Herzen verjüngst, und Fluren, heiliger Frühling, |
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Heil dir! Erstgeborner der Zeit! erquickender Frühling, |
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Erstgeborner im Schoße der Zeit! Gewaltiger! Heil dir, |
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Heil! die Fessel zerriß, und tönt dir Feiergesänge, |
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Daß die Gestad' erbeben, der Strom, wir Jünglinge taumeln[,] |
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Jauchzen hinaus wo der Strom dich preist, wir enthüllen, du Holder, |
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Deinem Liebeshauche die glühende Brust, und stürzen hinunter |
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In den Strom, und jauchzen mit ihm, und nennen dich Bruder. |
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Bruder! wie tanzt so schön, mit tausendfältiger Freude |
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Ach! und tausendfältiger Lieb' im lächelnden Aether |
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Deine Erde dahin, seit aus Elysiums Talen |
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Du mit dem Zauberstab ihr nahtest, himmlischer Jüngling! |
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Sahn wir nicht, wie sie freundlicher nun den stolzen Geliebten |
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Grüßt', den heiligen Tag, wenn er kühn vom Siege der Schatten |
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Über die Berge flammt! wie sie sanfterrötend im Schleier |
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Silberner Düfte verhüllt, in süßen Erwartungen aufblickt, |
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Bis sie glühet von ihm, und ihre friedlichen Kinder |
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Alle, Blumen und Hain', und Saaten und sprossende Reben, |
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Schlummre, schlummre nun, mit deinen friedlichen Kindern, |
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Mutter Erde! denn Helios hat die glühenden Rosse |
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Längst zur Ruhe [gelenkt,]1 und die freundlichen Helden des Himmels, |
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Perseus dort, und Herkules dort, sie wallen in stiller |
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Liebe vorbei, und leise durchstreift der flüsternde Nachthauch |
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Deine fröhliche Saat, und die fernher tönenden Bäche |
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Lispeln Schlummergesänge darein, ... |
Details zum Gedicht „An den Frühling“
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1770 - 1843
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „An den Frühling“ stammt von Johann Christian Friedrich Hölderlin, einem deutschen Dichter der Spätaufklärung, der seine bedeutendsten Werke Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts verfasste.
Beim ersten Lesen entsteht der Eindruck, dass das lyrische Ich seine Freude und Verwunderung über den Frühling und seine belebende Wirkung sowohl auf die Natur als auch auf das eigene Seelenleben ausdrückt. Das lyrische Ich spricht den Frühling direkt an und feiert ihn als verjüngende und belebende Kraft.
Inhaltlich ist das Gedicht eine ausgelassene Ode an den Frühling und seine erneuernden Kräfte. Das lyrische Ich sieht, wie die Natur um es herum durch den Frühling wieder zum Leben erweckt wird - die „Tale lächeln mich an, und meine geliebteren Haine, voll erfreulichen Vogelgesangs“. Es spricht den Frühling als „Bruder“ an und verkündet seine Freude und Wertschätzung für dessen revitalisierende Wirkung.
Die Natur wird als eine Art Schwester oder romantische Partnerin dargestellt, die - gleichsam mit dem lyrischen Ich - vom Frühling erweckt und verjüngt wird. Das Herz des lyrischen Ichs „altert nicht“ im Frühling, und es wird deutlich, dass der Frühling eine fast mystische Fähigkeit hat, das Herz und die Seele zu erneuern und zu beleben.
Formal erfüllt das Gedicht den klassischen Aufbau einer Ode. Es besteht aus drei Strophen unterschiedlicher Größe. Die längste Strophe ist die erste mit 16 Versen, gefolgt von 10 Versen in der zweiten Strophe und einer abschließenden Strophe von 7 Versen. Es besteht ein Endreim, der dem Rhythmus und der Melodie des Gedichts dient.
Urheber von „An den Frühling“ ist Hölderlin, dessen Sprache oft als melodisch und lyrisch beschrieben wird, was auch in diesem Gedicht der Fall ist. Seine Worte malen lebendige Bilder der erwachenden Natur und vermitteln eine starke emotionale Botschaft der Freude und Erneuerung. Er verwendet Metaphern und personifiziert den Frühling, um seine Botschaft zu verstärken. Hölderlin arbeitet mit antiken Elementen wie dem „Gestad“, den „Helios“ oder den „Helden des Himmels“, um das Gedicht in eine höhere, fast mythische Sphäre zu heben.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An den Frühling“ des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin. 1770 wurde Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. Zwischen den Jahren 1786 und 1843 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 279 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 33 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Der Dichter Johann Christian Friedrich Hölderlin ist auch der Autor für Gedichte wie „An die Deutschen“, „An die Parzen“ und „An die jungen Dichter“. Zum Autor des Gedichtes „An den Frühling“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 181 Gedichte vor.
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- Das Unverzeihliche
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Zum Autor Johann Christian Friedrich Hölderlin sind auf abi-pur.de 181 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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