Einladung an Neuffer von Johann Christian Friedrich Hölderlin

Dein Morgen, Bruder, ging so schön hervor,
So herrlich schimmerte dein Morgenrot
Und doch - und doch besiegt ein schwarzer Sturm
Das hehre Licht - und wälzet schreckenvoll
Den grimmen Donner auf dein sichres Haupt!
O Bruder! Bruder! daß dein Bild so wahr,
So schrecklich wahr des Lebens Wechsel deutet!
Daß Disteln hinter Blumengängen lauern
Und Jammer auf die Rosenwange schielt!
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Und bleicher Tod in Jünglingsadern schleicht,
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Und bange Trennung treuer Freunde Los
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Und edler Herzen Schicksal Druck und Kummer ist
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Da baun wir Plane, träumen so entzückt
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Vom nahen Ziel - und plötzlich, plötzlich zuckt
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Ein Blitz herab, und öffnet uns die Augen!
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Du frägst, warum dies all? - aus heller Laune.
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Ich sah im Geist sich deine Stirne wölken,
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In deiner Eingezogenheit - da ging
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Ich trüben Blicks hinab zu meinem Neckar
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Und sah in seine Wogen, bis mir schwindelte
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Und kehrte still und voll der dunklen Zukunft,
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Und voll des Schicksals, welches unsrer wartet,
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Zurück - und setzte mich, und also ward
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Die - freilich nicht erbauliche - Tirade
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Vom ungewissen Wechsel unsers Lebens.
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Doch - komme du - du scherze mir Tiraden
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Und Ahndungen der Zukunft von der Stirne weg,
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O komm - es harret dein ein eigen Deckelglas
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Stiefmütterlich soll wahrlich nicht mein Fäßchen sein.
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Und findst du schon kein Städtermahl, so würzet es
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Doch meine Freundschaft, und der Meinen guter
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Wille.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.3 KB)

Details zum Gedicht „Einladung an Neuffer“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
227
Entstehungsjahr
1770 - 1843
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht ist „Einladung an Neuffer“ von Johann Christian Friedrich Hölderlin. Hölderlin war ein deutscher Dichter des Sturm und Drangs, sowie der Frühromantik, und lebte von 1770 bis 1843.

Beim ersten Lesen des Gedichts entsteht der Eindruck einer emotionalen Intensität und einer melancholischen Reflexion über das Leben. Der Dichter spricht von den Höhen und Tiefen des Lebens, symbolisiert durch das Morgenrot und den schwarzen Sturm. Die Gefühle der Unsicherheit und des Unbehagens sind erkennbar, aber auch eine innige Verbundenheit mit dem angesprochenen „Bruder“ Neuffer.

Der Inhalt des Gedichts scheint eine Schilderung der wechselhaften Natur des Lebens zu sein, in der sich Hoffnung und Verzweiflung abwechseln. Der Dichter reflektiert die Ironie, dass trotz eines schönen Anfangs (z.B. das Morgenrot) nicht vor Unannehmlichkeiten (z.B. dem schwarzen Sturm) gefeit ist. Er erkennt auch, dass der Tod und das Leid Teil des Lebens sind. Doch am Ende des Gedichts lädt Hölderlin seinen Freund Neuffer ein, ihn zu besuchen und die Sorgen des Lebens beiseite zu schieben.

Formal besteht das Gedicht aus 32 Versen in einer einzigen Strophe. Die Sprache ist ausgeprägt bildhaft, mit Metaphern wie dem „Morgenrot“ und „schwarzen Sturm“ als Symbole für Freude und Leid. Die häufige Wiederholung der Anrede „Bruder“ unterstreicht die innige Verbundenheit zwischen dem lyrischen Ich und Neuffer.

Inhaltlich geht Hölderlin auf die Dualität und Ungewissheit des Lebens ein, was sich in der starken Kontrastierung von positive und negative Aspekten zeigt. Allerdings endet das Gedicht mit einer einladenden und hoffnungsvollen Note, was die tiefe Freundschaft hervorhebt und eine positive Wendung in das sonst eher düstere Gedicht bringt.

Alles in allem reflektiert „Einladung an Neuffer“ Hölderlins tiefe Emotionen und seine philosophische Sicht auf das Leben, sowie die Wertschätzung und Hoffnung, die er in der Freundschaft findet.

Weitere Informationen

Johann Christian Friedrich Hölderlin ist der Autor des Gedichtes „Einladung an Neuffer“. 1770 wurde Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. In der Zeit von 1786 bis 1843 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 227 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 32 Versen. Der Dichter Johann Christian Friedrich Hölderlin ist auch der Autor für Gedichte wie „An die Parzen“, „An die jungen Dichter“ und „An unsre Dichter“. Zum Autor des Gedichtes „Einladung an Neuffer“ haben wir auf abi-pur.de weitere 181 Gedichte veröffentlicht.

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