An eine Verlobte von Johann Christian Friedrich Hölderlin
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Des Wiedersehens Tränen, des Wiedersehns |
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Umfangen, und dein Auge bei seinem Gruß, |
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Weissagend möcht ich dies und all der |
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Zaubrischen Liebe Geschick dir singen. |
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Zwar jetzt auch, junger Genius! bist du schön, |
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Auch einsam, und es freuet sich in sich selbst, |
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Es blüht von eignem Geist und liebem |
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Herzensgesange die Musentochter. |
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Doch anders ists in seliger Gegenwart, |
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Wenn an des Neugefundnen Blicke dein Geist sich kennt, |
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Wenn friedlich du vor seinem Anschaun |
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Wieder in goldener Wolke wandelst. |
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Indessen denk, ihm leuchte das Sonnenlicht, |
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Ihn tröst und mahne, wenn er im Felde schläft, |
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Der Liebe Stern, und heitre Tage |
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Spare zum Ende das Herz sich immer. |
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Und wenn er da ist, und die geflügelten, |
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Die Liebesstunden schneller und schneller sind, |
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Dann sich dein Brauttag neigt und trunkner |
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Schon die beglückenden Sterne leuchten |
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Nein, ihr Geliebten! nein, ich beneid euch nicht! |
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Unschädlich, wie vom Lichte die Blume lebt, |
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So leben, gern vom schönen Bilde |
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Träumend, und selig und arm, die Dichter. |
Details zum Gedicht „An eine Verlobte“
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159
1770 - 1843
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „An eine Verlobte“ ist von Johann Christian Friedrich Hölderlin, einem bedeutenden deutschen Lyriker. Hölderlin lebte von 1770 bis 1843, was das Gedicht zeitlich in die Epoche der Romantik einordnet.
Das Gedicht hinterlässt beim ersten Eindruck einen Hauch von romantischer Sehnsucht und Freudenerwartung. Es spricht von Wiedersehen und Verlangen, von Schönheit und Liebe in Sprache, die sowohl erhoben als auch gefüllt mit elementaren Bildern ist.
Inhaltlich richtet sich das lyrische Ich an eine Frau, die vermutlich kurz vor ihrer Hochzeit steht. Es spricht von der emotionalen Intensität des Wiedersehens und der Vorfreude auf kommende Tage. Es scheint, als ob das lyrische Ich die Frau darüber aufklären will, dass Liebe in weniger romantischen Momenten, selbst in Momenten der Trennung, bestehen kann. Das lyrische Ich verweist auf die Sternbilder als Konstanten, die über die einzelnen Tage hinaus Bestand haben.
Hinsichtlich der Form und Sprache besteht das Gedicht aus sechs Strophen mit jeweils vier Versen, was eine klare und geordnete Struktur suggeriert. Die Reimstruktur variiert, doch die Verse sind hauptsächlich in Jamben verfasst, was dem Gedicht einen eher ruhigen und gleichmäßigen Ton verleiht.
Die Sprache ist poetisch und emotional aufgeladen. Der Dichter verwendet eine Fülle von Bildern um die Emotionen, die das Gedicht transportieren soll, zu intensivieren. Darunter sind sowohl konkrete Bilder wie Sterne und Sonnenlicht, als auch abstraktere Konzepte wie die goldene Wolke und das „Zaubr[ischt]e Liebe Geschick“.
Zum Schluss wird klar, dass das lyrische Ich nicht die Frau selbst begehrt, sondern vielmehr den romantischen Zustand, in dem sie sich befindet. Es empfindet keinerlei Neid, sondern Freude an der Möglichkeit, dieses Gefühl in Worte zu fassen. Es sieht die Dichter als „selig und arm“ an, in dem Sinne, dass sie reich an Emotionen sind, aber arm an materiellen Besitz. Sie leben von der Schönheit und der Kraft ihrer Gefühle.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An eine Verlobte“ des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin. Im Jahr 1770 wurde Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1786 bis 1843 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das 159 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin sind „Dem Genius der Kühnheit“, „Der Gott der Jugend“ und „Der Winkel von Hahrdt“. Zum Autor des Gedichtes „An eine Verlobte“ haben wir auf abi-pur.de weitere 181 Gedichte veröffentlicht.
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