Ganymed von Johann Christian Friedrich Hölderlin
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Was schläfst du, Bergsohn, liegest in Unmut, schief, |
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Und frierst am kahlen Ufer, Gedultiger! |
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Denkst nicht der Gnade du, wenns an den |
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Tischen die Himmlischen sonst gedürstet? |
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Kennst drunten du vom Vater die Boten nicht, |
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Nicht in der Kluft der Lüfte geschärfter Spiel? |
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Trifft nicht das Wort dich, das voll alten |
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Geists ein gewanderter Mann dir sendet? |
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Schon tönets aber ihm in der Brust. Tief quillts, |
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Wie damals, als hoch oben im Fels er schlief, |
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Ihm auf. Im Zorne reinigt aber |
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Sich der Gefesselte nun, nun eilt er, |
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Der Linkische; der spottet der Schlacken nun, |
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Und nimmt und bricht und wirft die Zerbrochenen |
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Zorntrunken, spielend, dort und da zum |
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Schauenden Ufer und bei des Fremdlings |
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Besondrer Stimme stehen die Herden auf, |
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Es regen sich die Wälder, es hört tief Land |
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Den Stromgeist fern, und schaudernd regt im |
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Nabel der Erde der Geist sich wieder. |
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Der Frühling kömmt. Und jedes, in seiner Art, |
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Blüht. Der ist aber ferne; nicht mehr dabei. |
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Irr ging er nun; denn allzugut sind |
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Genien; himmlisch Gespräch ist sein nun. |
Details zum Gedicht „Ganymed“
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173
1770 - 1843
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Johann Christian Friedrich Hölderlin ist der Autor des Gedichts „Ganymed“. Er wurde am 20. März 1770 geboren und starb am 7. Juni 1843, daher lässt sich das Gedicht zeitlich der Epoche der Romantik zuordnen.
Das Gedicht handelt von Ganymed, einer Gestalt der griechischen Mythologie, die für ihre Schönheit und Unschuld bekannt war und von Zeus auf den Olymp geholt wurde, um als Mundschenk der Götter zu dienen. Der lyrische Sprecher wendet sich direkt an Ganymed und wirft ihm vor, sich abzusondern und zu trauern trotz der göttlichen Gnade, die ihm zuteil wurde.
Das lyrische Ich fordert Ganymed auf, sich der himmlischen Boten bewusst zu werden, die ihm vom Vater gesendet wurden. Es weist auf die Manifestationen der Natur hin und die Macht, die sie hat, sich zu regenerieren und zu blühen. Das lyrische Ich betont, dass obwohl Ganymed physisch nicht mehr hier ist, seine Essenz und seine Wirkung weiterleben.
Das Gedicht ist in 24 Versen mit jeweils vier Versen pro Strophe organisiert, und obwohl es keinen Reim hat, gibt es eine deutliche rhythmische Struktur. Hölderlins Sprache ist bildhaft und symbolträchtig, was typisch ist für die Romantik. Er verwendet Personifikation, um Naturphänomene wie das Wachsen von Pflanzen oder das Fließen von Wasser zu beschreiben. Dabei spricht er die mythologische Figur direkt an und wechselt zwischen rhetorischen Fragen und direkten Aussagen, um seine Botschaft zu vermitteln.
Insgesamt scheint Hölderlins „Ganymed“ die Annäherung des Menschen an das Göttliche und den Kreislauf des Lebens zu thematisieren. Es feiert die Erneuerung und die Schönheit der Natur, aber auch die Vergänglichkeit des Einzelnen, der sich, obwohl veränderlich und sterblich, eine ewige, göttliche Substanz bewahren kann.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Ganymed“ des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin. Der Autor Johann Christian Friedrich Hölderlin wurde 1770 in Lauffen am Neckar geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1786 und 1843. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 173 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin sind „An die Parzen“, „An die jungen Dichter“ und „An unsre Dichter“. Zum Autor des Gedichtes „Ganymed“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 181 Gedichte vor.
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- An die Parzen
- An die jungen Dichter
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- Das Unverzeihliche
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