Blödigkeit von Johann Christian Friedrich Hölderlin
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Sind denn dir nicht bekannt viele Lebendigen? |
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Geht auf Wahrem dein Fuß nicht, wie auf |
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Teppichen? |
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Drum, mein Genius! tritt nur |
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Bar ins Leben, und sorge nicht! |
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Was geschiehet, es sei alles gelegen dir! |
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Sei zur Freude gereimt, oder was könnte denn |
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Dich beleidigen, Herz, was |
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Da begegnen, wohin du sollst? |
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Denn, seit Himmlischen gleich Menschen, ein einsam |
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Wild, |
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Und die Himmlischen selbst führet, der Einkehr zu, |
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Der Gesang und der Fürsten |
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Chor, nach Arten, so waren auch |
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Wir, die Zungen des Volks, gerne bei Lebenden, |
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Wo sich vieles gesellt, freudig und jedem gleich, |
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Jedem offen, so ist ja |
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Unser Vater, des Himmels Gott, |
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Der den denkenden Tag Armen und Reichen gönnt, |
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Der, zur Wende der Zeit, uns die Entschlafenden |
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Aufgerichtet an goldnen |
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Gängelbanden, wie Kinder, hält. |
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Gut auch sind und geschickt einem zu etwas wir, |
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Wenn wir kommen, mit Kunst, und von den |
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Himmlischen |
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Einen bringen. Doch selber |
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Bringen schickliche Hände wir. |
Details zum Gedicht „Blödigkeit“
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153
1770 - 1843
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Blödigkeit“ stammt von dem deutschen Dichter Johann Christian Friedrich Hölderlin, der in der Zeit der Romantik, genauer im 18. bis 19. Jahrhundert, lebte und schrieb. Hölderlins Dichtung ist gekennzeichnet von einer tiefen Sehnsucht nach Harmonie zwischen Mensch und Natur, zwischen Körper und Geist.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht komplex und sperrig – auch durch seine altmodische Sprache. Es folgt keiner gängigen Reimstruktur, was es zusätzlich anspruchsvoll gestaltet. Beim ersten Durchlesen drängt sich zunächst der Eindruck einer Rücksprache des lyrischen Ichs mit sich selbst auf. Es geht offenbar darum, das eigene Dasein und Leben zu ergründen und zu verstehen.
Inhaltlich scheint das lyrische Ich zwei wesentliche Punkte zu betonen: Die Verbundenheit aller Lebewesen untereinander und die besondere Rolle der Künstler oder Dichter (die Zungen des Volks) in dieser Gemeinschaft. Das Gedicht beginnt mit der Aufforderung an das lyrische Ich (oder seinen Genius), mutig ins Leben zu treten, ohne Sorge, was das Schicksal bringen mag. Alles, so die weitere Aussage, sei „gelegen“. Mögliche Schwierigkeiten und Herausforderungen sind von untergeordneter Bedeutung, sie gehören zum Leben dazu.
Die Strophen drei bis sechs rufen Bilder von Harmonie und Verbundenheit hervor. Es ist die Rede von „Himmlischen“, die den Menschen gleichen und ein „einsames Wild“ führen. Die „Zungen des Volks“, also die Dichter, sind gerne in Gesellschaft und „jedem gleich, jedem offen“. Das Bild des Vaters, des „Himmels Gott“, der allen den „denkenden Tag“ gönnt und die Entschlafenden an goldenen Bändern „wie Kinder“ hält, unterstreicht die allumfassende Liebe und Sorge für die Geschöpfe.
In der letzten Strophe wird die künstlerische Fähigkeit betont, mit „Kunst“ von den „Himmlischen einen“ zu bringen. Der Dichter bzw. Künstler bringt also selbst eine Verbindung von jenseitiger und diesseitiger Welt zustande, erschafft etwas Wertvolles und Schönes. Schließlich endet das Gedicht ebenso stark und selbstbewusst, wie es begonnen hat: Mit den eigenen „schicklichen Händen“ bringen wir zustande, was immer uns wichtig und bedeutsam ist.
Bezüglich der Form und Sprache fällt auf, dass das Gedicht in freien Versen gehalten ist, es gibt keine regelmäßigen Reime oder ein klares Metrum. Die Sprache ist anspruchsvoll, poetisch und wenig alltagsnah. Hölderlins Sprache ist geprägt von bildhaften Vergleichen und intensiven Metaphern. Sie ist ausdrucksstark und eindringlich, fordert vom Leser jedoch auch ein gewisses Maß an Interpretationswillen und -fähigkeit.
Weitere Informationen
Johann Christian Friedrich Hölderlin ist der Autor des Gedichtes „Blödigkeit“. 1770 wurde Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. Zwischen den Jahren 1786 und 1843 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 153 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 27 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Die Gedichte „Das Unverzeihliche“, „Dem Genius der Kühnheit“ und „Der Gott der Jugend“ sind weitere Werke des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Blödigkeit“ weitere 181 Gedichte vor.
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Zum Autor Johann Christian Friedrich Hölderlin sind auf abi-pur.de 181 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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