Der Postillion von Nikolaus Lenau
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Lieblich war die Maiennacht, |
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Silberwölklein flogen, |
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Ob der holden Frühlingspracht |
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Freudig hingezogen. |
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Schlummernd lagen Wies´ und Hain, |
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Jeder Pfad verlassen; |
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Niemand als der Mondenschein |
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Wachte auf der Straßen. |
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Leise nur das Lüftchen sprach, |
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Und es zog gelinder |
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Durch das stille Schlafgemach |
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All der Frühlingskinder, |
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Heimlich nur das Bächlein schlich, |
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Denn der Blüten Träume |
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Dufteten gar wonniglich |
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Durch die stillen Räume. |
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Rauher war mein Postillion, |
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Ließ die Geißel knallen, |
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Über Berg und Tal davon |
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Frisch sein Horn erschallen. |
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Und von flinken Rossen vier |
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Scholl der Hufe Schlagen, |
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Die durchs blühende Revier |
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Trabten mit Behagen. |
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Wald und Flur im schnellen Zug |
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Kaum gegrüßt - gemieden; |
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Und vorbei, wie Traumesflug, |
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Schwand der Dörfer Frieden. |
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Mitten in dem Maienglück |
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Lag ein Kirchhof innen, |
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Der den raschen Wanderblick |
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Hielt zu ernstem Sinnen. |
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Hingelehnt an Bergesrand |
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War die bleiche Mauer, |
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Und das Kreuzbild Gottes stand |
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Hoch, in stummer Trauer. |
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Schwager ritt auf seiner Bahn |
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Stiller jetzt und trüber; |
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Und die Rosse hielt er an, |
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Sah zum Kreuz hinüber: |
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"Halten muß hier Roß und Rad, |
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Mags euch nicht gefährden; |
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Drüben liegt mein Kamerad |
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In der kühlen Erden! |
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Ein gar herzlieber Gesell! |
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Herr, ´s ist ewig schade! |
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Keiner blies das Horn so hell |
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Wie mein Kamerade! |
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Hier ich immer halten muß, |
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Dem dort unterm Rasen |
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Zum getreuen Brudergruß |
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Sein Leiblied zu blasen!" |
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Und dem Kirchhof sandt´ er zu |
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Frohe Wandersänge, |
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Daß es in die Grabesruh |
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Seinem Bruder dränge. |
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Und des Hornes heller Ton |
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Klang vom Berge wieder, |
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Ob der tote Postillion |
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Stimmt´ in seine Lieder. |
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Weiter ging´s durch Feld und Hag |
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Mit verhängtem Zügel; |
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Lang mir noch im Ohre lag |
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Jener Klang vom Hügel. |
Details zum Gedicht „Der Postillion“
Nikolaus Lenau
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267
1802 - 1850
Biedermeier
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichts ist Nikolaus Lenau, ein Lyriker des Bildungsbürgertums, der zur Epoche des Biedermeier und der Romantik (19. Jahrhundert) gehört.
Inhaltlich setzt sich das lyrische Ich in Schlegel’s Lyric zu „Der Postillion“ mit der Pracht der Natur, der Vergänglichkeit des Lebens und der Ehrerbietung gegenüber den Verstorbenen auseinander. Im ersten Teil, in den Strophen 1 bis 4, wird eine friedliche, schläfrige und von Harmonie geprägte nächtliche Landschaft beschrieben, die von Schönheit und Ruhe gezeichnet ist. In den folgenden Strophen 5 und 6 ändert sich das Bild: Ein Postillion und seine Pferde stören mit ihrer lauten und regen Aktivität die Stille der Nacht. Strophen 7 und 8 offenbaren, dass ihre Reise sie schnell durch idyllische Dörfer und Landschaften führt, bis sie schließlich auf einen Friedhof stoßen, dessen Anblick das lyrische Ich und den Postillion zum Nachdenken anregt. Der Blick auf die Grabstätten, das Kreuz und die Friedhofsmauer erinnert sie an die Vergänglichkeit des Lebens. Im letzten Teil des Gedichts, der die Strophen 9 bis 16 umfasst, geht es um die Erinnerung des Postillions an einen verstorbenen Kameraden, der dort begraben liegt. Er hält an, grüßt seinen verstorbenen Freund mit einem Lied auf seinem Posthorn und fährt danach weiter. Der Klang des Horns hallt lange im Ohr des lyrischen Ichs nach, als Symbol der Vergänglichkeit und Erinnerung.
Die Sprache des Gedichts ist klar, ausdrucksstark und bildlich, mit einer tiefgründigen und emotionalen Dimension. Das lyrische Ich verwendet Metaphern, personifizierte Naturphänomene und sinnliche Beschreibungen, um die Atmosphäre und die Stimmung des Moments einzufangen. Das Gleichgewicht zwischen der ruhigen und friedlichen natur und der rauhen Tätigkeit des Postillions erzeugt einen Kontrast, der die Aufmerksamkeit des Lesers auf die Vergänglichkeit und Schönheit des Lebens lenkt.
Formal folgt das Gedicht einem Reimschema von ABAB in vierzeilige Strophen, jede mit einer Länge von vier Heptametern, welche den Fluss und den Rhythmus der Erzählung verstärken. Der konsequente Wechsel zwischen geraden und ungeraden Reimen strukturiert das Gedicht und betont seine Bedeutungsebenen. Zudem gliedert sich das Gedicht in drei Teile: die ruhige Landschaft, die vorbeiziehende Bewegung des Postillions und die Begegnung mit dem Friedhof – jedes Thema wird entsprechend der Wichtigkeit und Tragik in mehreren Strophen behandelt. Der Einsatz dieser strukturellen und formalen Elemente unterstreicht die thematische und emotionale Tiefe des Gedichts und spiegelt sein romantisches und biedermeierliches Erbe wider.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Postillion“ des Autors Nikolaus Lenau. Der Autor Nikolaus Lenau wurde 1802 in Csatád geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1818 bis 1850 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Biedermeier zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Lenau handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 267 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 64 Versen mit insgesamt 16 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Nikolaus Lenau sind „Herbstgefühl“, „Herbstentschluß“ und „Herbst“. Zum Autor des Gedichtes „Der Postillion“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 51 Gedichte vor.
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Das Video mit dem Titel „Nikolaus Lenau Der Postillion“ wurde auf YouTube veröffentlicht. Unter Umständen sind 2 Klicks auf den Play-Button erforderlich um das Video zu starten.
Weitere Gedichte des Autors Nikolaus Lenau (Infos zum Autor)
- An meine Rose
- Winternacht
- Leichte Trübung
- Herbstklage
- Herbstgefühl
- Herbstentschluß
- Herbst
- An einem Grabe
- An die Entfernte
- An den Wind
Zum Autor Nikolaus Lenau sind auf abi-pur.de 51 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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