Zeit von Ludwig Tieck

So wandelt sie im ewig gleichen Kreise,
Die Zeit, nach ihrer alten Weise,
Auf ihrem Wege taub und blind.
Das unbefangene Menschenkind
Erwartet stets vom nächsten Augenblick
Ein unverhofftes seltsam neues Glück.
Die Sonne geht und kehret wieder,
Kommt Mond und sinkt die Nacht hernieder,
Die Stunden die Wochen abwärts leiten,
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Die Wochen bringen die Jahreszeiten.
11 
Von aussen nichts sich je erneut.
12 
In dir trägst du die wechselnde Zeit,
13 
in dir nur Glück und Begebenheit!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Zeit“

Autor
Ludwig Tieck
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
13
Anzahl Wörter
75
Entstehungsjahr
1773 - 1853
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Zeit“ stammt von Ludwig Tieck, einem bedeutenden Schriftsteller aus der Epoche der Romantik, welcher von 1773 bis 1853 lebte. Nach dem ersten Lesen lässt sich feststellen, dass das Gedicht von der Natur und den unveränderlichen Zyklen der Zeit handelt.

Der Inhalt besagt, dass die Zeit in einem ewigen Kreislauf verläuft, einer „alten Weise“, nach der sie ständig fortschreitet, unbeeinflusst von menschlicher Wahrnehmung oder Aktionen. Das „unbefangene Menschenkind“ erwartet dagegen ständig neue, unerwartete Glücksmomente, die dem Augenblick eine besondere Bedeutung verleihen könnten. Der tägliche Sonnenauf- und -untergang, die Veränderungen des Mondes und der Wechsel zwischen Tag und Nacht machen die Zeit messbar. Aber scheinbar haben diese äußeren Zeichen der Zeit keinen Einfluss auf das 'Innenleben' des Menschen, wobei sich innerhalb des Menschen die „wechselnde Zeit“ abspielt, in der Glück und Ereignisse stattfinden.

Die Aussage des lyrischen Ichs scheint darauf hinzudeuten, dass das Glück und die Ereignisse im Leben eines Menschen nicht von äußeren Faktoren oder dem Vergehen der Zeit abhängen, sondern in seiner eigenen inneren Welt stattfinden. Das messt man daran, dass es betont, dass das 'Menschenkind' trotz des unveränderlichen Laufs der Zeit, immer neue Glücksmomente erwartet. Es wird eine diskrepante Beziehung zwischen der äußeren (zeitlichen) und inneren (gefühlsmäßigen/emotionalen) Welt des Menschen aufgezeigt.

Formal handelt es sich um ein Gedicht bestehend aus einer einzigen Strophe mit dreizehn Versen. Die Verse haben keinen klaren Reim- oder Rhythmusmuster, was den Fluss der Worte und Sätze harmonischer und natürlicher gestalten könnte, ähnlich dem Fluss der Zeit selbst. Die Sprache des Gedichts ist relativ einfach und unkompliziert, ohne Verwendung von Jargon oder Fachbegriffen. Besonders hervorzuheben ist vielleicht noch die Wiederholung von Naturbildern (Sonne, Mond, Jahreszeiten) zur Illustration des Zeitablaufs, was als typisches Merkmal der Romantik gilt. Aber es steht im krassen Gegensatz dazu, wie die Zeit innerhalb des Menschen wahrgenommen und gelebt wird. Dadurch wird eine Distanz zwischen der äußeren, objektiven Zeit und der subjektiven, inneren Zeit geschaffen, welche die Komplexität und Subjektivität menschlicher Erfahrung betont.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Zeit“ ist Ludwig Tieck. Der Autor Ludwig Tieck wurde 1773 in Berlin geboren. Im Zeitraum zwischen 1789 und 1853 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Bei Tieck handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hineinreichte. Insbesondere auf den Gebieten der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Welt, die sich durch die einsetzende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind wichtige Motive. Aber auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Die äußere Form von romantischer Literatur ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 75 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 13 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Ludwig Tieck sind „Auf der Reise“, „Der neue Frühling“ und „Herbstlied“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Zeit“ weitere 18 Gedichte vor.

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