Wo ist der Mensch, den... von Joachim Ringelnatz

Wo ist der Mensch, den ich gerade brauche?
Mir ist illegitim traurig zu Mut.
Als läge meine Traurigkeit im Bauche.
 
Ach, welche Menschen sind denn eigentlich gut?
Ich kann es mir im Grunde nicht verhehlen,
Daß ich jetzt böse grüble über die,
Die augenblicklich mir gerade fehlen.
 
Und kämen sie: Wie schroff empfing ich sie!
Mißtrauisch würde selbst mein Loben klagen,
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Und wenn ich sänge, wie ein Vogel singt.
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Auch käme ich gar nicht darauf, zu fragen,
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Ob sie nicht just auch einen von den Tagen
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Durchgrübeln, da uns alles schmal mißlingt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Wo ist der Mensch, den...“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
13
Anzahl Wörter
92
Entstehungsjahr
1932
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Joachim Ringelnatz, ein deutscher Schriftsteller und Künstler, der von 1883 bis 1934 lebte. Das Gedicht gehört zur Epoche der Moderne, die von etwa 1890 bis 1945 dauerte.

Beim ersten Lesen des Gedichts entsteht ein Gefühl der Melancholie und Selbstreflexion. Das lyrische Ich scheint in einer Situation der Sehnsucht und Unzufriedenheit zu sein, nicht in der Lage, eine Lösung oder Trost zu finden.

Der Inhalt des Gedichts dreht sich um die Suche und das Verlangen des lyrischen Ichs nach einer bestimmten Person oder Gruppe von Menschen. Es fühlt sich traurig und allein, und diese Traurigkeit scheint tiefgreifend und körperlich zu sein – als würde sie im Bauch liegen. Es zweifelt an der Güte der Menschen und äußert Missfallen, dass die Personen, nach denen es sich sehnt, gerade abwesend sind. Selbst wenn diese Menschen kommen würden, würde das lyrische Ich sie kritisch und distanziert begrüßen. Es drückt auch die Befürchtung aus, dass diese Personen vielleicht ihrerseits einen schlechten Tag haben und sich ebenfalls unwohl fühlen könnten.

Die Form des Gedichts ist in freien Versen gehalten, mit variablen Verszahlen in den Strophen. Dies verbildlicht die Unbeständigkeit und den komplexen Seelenzustand des lyrischen Ichs.

Die Sprache von Ringelnatz ist einfach und prägnant, wodurch die konkreten Gefühle und Gedanken des lyrischen Ichs deutlich ausgedrückt werden. Das Gedicht benutzt auch Metaphern, beispielweise die Traurigkeit, die wie im Bauch liegt, oder die Vorstellung des Singens wie ein Vogel, was eher positive Assoziationen weckt, hier jedoch in einem negativen Kontext steht.

Das lyrische Ich drückt Sehnsucht, Enttäuschung und Kritik aus, die nicht nur auf externe Faktoren (die abwesenden Menschen) gerichtet sind, sondern auch auf das eigene Verhalten und die eigene Wahrnehmung. Es drückt eine komplexe Mischung aus Selbstkritik und Kritik an anderen aus und gibt so einen tiefen Einblick in seine Gefühlswelt. Es zeigt eine Form der universellen menschlichen Erfahrung – der Suche nach Verbindung und Verständnis, die oft von Unsicherheit und Zweifel begleitet wird.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Wo ist der Mensch, den...“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Im Jahr 1932 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 92 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 13 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abendgebet einer erkälteten Negerin“, „Abermals in Zwickau“ und „Abgesehen von der Profitlüge“. Zum Autor des Gedichtes „Wo ist der Mensch, den...“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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