Die Töne von Karoline von Günderrode

Ihr tiefen Seelen, die im Stoff gefangen,
Nach Lebensodem, nach Befreiung ringt;
Wer löset eure Bande dem Verlangen,
Das gern melodisch aus der Stummheit dringt?
Wer Töne öffnet eurer Kerker Riegel?
Und wer entfesselt eure Aetherflügel?
 
Einst, da Gewalt den Widerstand berühret,
Zersprang der Töne alte Kerkernacht;
Im weiten Raume hier und da verirret
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Entflohen sie, der Stummheit nun erwacht,
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Und sie durchwandelten den blauen Bogen
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Und jauchzten in den Sturm der wilden Wogen.
 
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Sie schlüpften flüsternd durch der Bäume Wipfel
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Und hauchten aus der Nachtigallen Brust,
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Mit muthigen Strömen stürzten sie vom Gipfel
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Der Felsen sich in wilder Freiheitslust.
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Sie rauschten an der Menschen Ohr vorüber,
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Er zog sie in sein innerstes hinüber.
 
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Und da er unterm Herzen sie getragen,
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Heist er sie wandlen auf der Lüfte Pfad
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Und allen den verwandten Seelen sagen,
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Wie liebend sie sein Geist gepfleget hat.
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Harmonisch schweben sie aus ihrer Wiege
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Und wandlen fort und tragen Menschenzüge.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die Töne“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
154
Entstehungsjahr
1780 - 1806
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Töne“ der Autorin Karoline von Günderrode. 1780 wurde Günderrode in Karlsruhe geboren. In der Zeit von 1796 bis 1806 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Günderrode ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Die Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. Die zentralen Motive der Literatur der Romantik sind das Schaurige, Leidenschaftliche, Unterbewusste, Fantastische, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die Schriftsteller der Romantik sehnen sich nach der Einheit von Geist und Natur. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände des Mittelalters bleiben jedoch unerwähnt. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 154 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Karoline von Günderrode sind „Wunsch“, „Zwei Augen wie Sterne“ und „Des Knaben Abendgruss“. Zur Autorin des Gedichtes „Die Töne“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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