Das Lied vom Hemdchen von Bettina von Arnim

Die Sonne stand wohl auf
Des Morgens um halber vier.
Sie zog ihr Hemdlein aus
Und hängt es an die Tür.
 
Herfür trat sie an Strom
Und bad't sich ganz darein,
Am ganzen Leibe schön
Wie eine Perle fein.
 
Alsdann ging sie von danne
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Wohl über Berg und Tal,
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Bis daß sie endlich kame
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An einen hellgrünen Wald.
 
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Im Wald da floß ein Bächelein,
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Das hat gesehen
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Ein weiß und rot schön Jungfräulein
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Ganz ohne Röcklein stehen.
 
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Da kam ein junger Knab,
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Der sprach: "Ei wohl fürwahr,
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Du tust dein Hemdlein ab
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Beim hellen lichten Tag."
 
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"Mein Hemdlein kann ich lassen,
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Ich war ja ganz allein.
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Wenn du willst mit mir spaßen,
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Nehm ich mein Hemdelein."
 
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"Dein Leben will ich dir nehmen",
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So sprach der junge Knab,
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"Du sollst mir nimmer buhlen
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Wohl mit dem jungen Tag.
 
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Ich halt dich mit den Händen,
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Drück tot dein Herzelein,
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Daß du magst nimmer wenden
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Die Augen zum klaren Schein."
 
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Als dies die Sonne tat schauen,
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Da eilt sie schnell davon
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Wohl über Berg und Täler,
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Bis sie nach Hause kam.
 
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Sie hängt ihr Hemdelein ab,
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Sie hängt ihr Hemdelein um,
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Daß wenn mein junger Buhler kommt,
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Mich nimmer bringet um.
 
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Nun liegt die Sach ganz klar am Tag,
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Die Welt ist Nebels voll,
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Kein Kraut, kein Wein geraten mag,
44 
Die Jungfern wissen's wohl.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.9 KB)

Details zum Gedicht „Das Lied vom Hemdchen“

Anzahl Strophen
11
Anzahl Verse
44
Anzahl Wörter
221
Entstehungsjahr
1785 - 1859
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Das Lied vom Hemdchen“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Bettina von Arnim. Im Jahr 1785 wurde Arnim in Frankfurt am Main geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1801 bis 1859 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin vorgenommen werden. Bei der Schriftstellerin Arnim handelt es sich um eine typische Vertreterin der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis spät in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte Auswirkungen auf Literatur, Kunst, Musik und Philosophie jener Zeit. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die damalige Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind wichtige zu benennende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Gedichten und Texten. Phantasie ist für die Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Wirklichkeit und Traum soll durchbrochen werden. Die Romantiker streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es letztlich, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das Gedicht besteht aus 44 Versen mit insgesamt 11 Strophen und umfasst dabei 221 Worte. Bettina von Arnim ist auch die Autorin für das Gedicht „Das Königslied“, „Der Vulkan“ und „Auf diesem Hügel...“. Zur Autorin des Gedichtes „Das Lied vom Hemdchen“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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