Trüber Tag und dunkle Ahnenbilder von Richard Dehmel

Trüber Tag und dunkle Ahnenbilder,
blinde Spiegel, rostige Wappenschilder;
und hohe Aktenwände. Und inmitten
sitzen zwei Menschen mit seltsam kalten
Anstandsmienen da und halten
Conferenz mit einem dritten.
Dieser blickt korrekt gekleidet
und gelangweilt in die Welt,
während er verbindlichst leidet,
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daß ein Mann ihm folgenden Vortrag hält:
 
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Hoheit, ich fand in den Archivpapieren,
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die ich die Ehre habe zu registrieren,
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gewisse halb politische Dokumente,
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die Mancher arg mißbrauchen könnte.
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Hoheit wissen, die Welt steckt heute
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voll explosibler Elemente;
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und da in Fürstenhäusern manchmal Leute
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antichambrieren,
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die Andern in die Karten schauen,
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möchte ich lieber meinen Dienst quittieren,
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wenn Hoheit mir nicht voll und ganz vertrauen.
 
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Hoheit räuspert sich und blickt voll Schonung
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und gelangweilt in die Welt.
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Da sich hierauf alles still verhält,
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sagt ein Weib mit seltsamer Betonung:
 
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Herr Doctor, wir danken voll Verständnis.
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Und, um Vertrauen mit Vertrauen zu ehren:
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Hoheit mein Gatte huldigt der Erkenntnis:
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dem Lauf der Welt kann Niemand wehren.
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Ihr rascher Abschied träfe uns empfindlich;
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ein Archivar von gleichen Qualitäten
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scheint mir zur Zeit ganz unauffindlich.
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Sie sind, Herr Doctor, voll und ganz von nöten.
 
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Sie neigt das Haupt seltsam verbindlich:
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Hoheit verneigt sich, wie es Brauch.
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Zwei Menschen lächeln; der dritte auch.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Trüber Tag und dunkle Ahnenbilder“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
200
Entstehungsjahr
1863 - 1920
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Trüber Tag und dunkle Ahnenbilder“ des Autors Richard Dehmel. Im Jahr 1863 wurde Dehmel in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg geboren. In der Zeit von 1879 bis 1920 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Der Schriftsteller Dehmel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 200 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Die Gedichte „Bastard“, „Bitte“ und „Büßende Liebe“ sind weitere Werke des Autors Richard Dehmel. Zum Autor des Gedichtes „Trüber Tag und dunkle Ahnenbilder“ haben wir auf abi-pur.de weitere 522 Gedichte veröffentlicht.

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