Unter taktvoll schreitenden Kostümen von Richard Dehmel
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Unter taktvoll schreitenden Kostümen, |
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die den Rausch vergangener Zeiten rühmen, |
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überschaut ein Weib ein nächtlich Fest. |
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Weiß verschleiert Haar und Ohr und Wange, |
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vor der Stirn die goldne Isis-Spange, |
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steht sie groß in starrem Asbest. |
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Fast so groß wie jener Mann, |
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der aus dunkler Magier-Augenbinde |
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um sich blickt wie auf Gesinde. |
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Und sie naht sich ihm und rührt ihn an: |
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Zaubrer - du kennst die Schlange, und kennst den Drachen, |
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die sich am Weg der Liebe auf Erden bewachen. |
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Ich kenn eine Mutter in einer Not; |
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die streckt allnächtlich zum Tag die dunkeln Hände, |
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daß er ein Schicksal von ihrem Herzen abwende, |
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mit dem ihr blindes Kind sie bedroht. |
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Soll sie mit Augen der Schlange ihr Nest behüten? |
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soll sie den Drachen bitten, es zu bebrüten? |
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Hell beginnt der wimmelnde Saal zu klingen, |
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taktvoll läßt der Schwarm der Kostüme sich leiten, |
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bis sie sich rauschend zu Paaren in Kreisen schwingen, |
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die der Magier und das Weib umschreiten: |
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Göttin, ich kenne die Schlange, und kenn auch den Drachen, |
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die sich am Weg der Liebe gen Himmel bewachen |
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und kenn eine Mutter in andern Nöten; |
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die würde mit ihren blassen Händen |
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ihr Kind, ihr sehendes, lieber noch heute töten |
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als je ihr Herz von ihrer Brut abwenden. |
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Mutter Isis, begreif deine Erde freier! |
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horch: dein Magier lüftet den Gäa-Schleier! |
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Sie träumt seit je das Ungeheuerliche, |
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Unwirkliche, höchst Abenteuerliche; |
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doch was er wirkt, der Traum, ist das Gewöhnliche, |
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und was er birgt, das tiefst Versöhnliche. |
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Er unterbricht ihr einsam Gewander; |
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zwei Menschen tanzen mit einander. |
Details zum Gedicht „Unter taktvoll schreitenden Kostümen“
Richard Dehmel
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252
1863 - 1920
Moderne
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Unter taktvoll schreitenden Kostümen“ des Autors Richard Dehmel. 1863 wurde Dehmel in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg geboren. Im Zeitraum zwischen 1879 und 1920 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Der Schriftsteller Dehmel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 252 Worte. Der Dichter Richard Dehmel ist auch der Autor für Gedichte wie „Aufblick“, „Ballade vom Volk“ und „Bann“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Unter taktvoll schreitenden Kostümen“ weitere 522 Gedichte vor.
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Zum Autor Richard Dehmel sind auf abi-pur.de 522 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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