Und sie schweben in steiler Gletscherspalte von Richard Dehmel
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Und sie schweben in steiler Gletscherspalte; |
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die Seile knirschen, der Atem raucht. |
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Aus dämmernden Grabesgründen taucht |
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die blaue Klarheit, die schneidend kalte. |
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Und sie finden Halt. Der Mann horcht und haucht: |
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Hier kommen die großen Ströme her, |
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wo die Tiefen weinen vor eisigem Grausen. |
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Hörst du die tausend Tropfen brausen? |
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die fernen Wasserstürze? das Meer? |
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Hörst du im Brausen das Todesschweigen |
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aus den leuchtenden Grüften steigen? |
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sieh: es scheint, ein Wanken weitet Allvaters Hallen! |
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Lea - wenn jetzt die Wand zerrisse |
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und wir würden einsam ins ungewisse |
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Reich des ewigen Daseins fallen: |
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wärst du im Sturz noch meine Göttin der Freude? |
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oder wieder die Fürstin Herzeleide? |
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Er sucht ihren Blick; er sieht blaue Kreise, |
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er faßt fester Fuß - der Gletscher schreit. |
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Dumpf dröhnt's im fern zerreißenden Eise; |
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meergrün furcht sich die Dunkelheit. |
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Die starre Wand bebt. Das Weib fragt leise: |
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Bist du des Todes so kalt gewahr? |
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Allmutter sieht in Allvaters Hallen |
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einen heimlichen Brunnen überwallen, |
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drin dämmert's warm und wunderbar. |
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Es scheint, Opale schmelzen auf seinem Grunde. |
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Da entsprießt dem märchenfarbenen Schlunde |
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eine rosige Knospe, morgenklar. |
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Oh, die möchte Allmutter Herzeleide |
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blühn sehn voll göttlicher Augenweide; |
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und ihr Schooß erbebt, des Lebens gewahr! |
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Sie starrt beklommen. Es starrt der Mann, |
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als ob er selbst Tod und Leben erschuf. |
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Da schallt von oben der Führerruf; |
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zwei Menschen schweben himmelan. |
Details zum Gedicht „Und sie schweben in steiler Gletscherspalte“
Richard Dehmel
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220
1863 - 1920
Moderne
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Und sie schweben in steiler Gletscherspalte“ des Autors Richard Dehmel. Im Jahr 1863 wurde Dehmel in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1879 bis 1920 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Bei Dehmel handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 220 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Richard Dehmel sind „Aufblick“, „Ballade vom Volk“ und „Bann“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Und sie schweben in steiler Gletscherspalte“ weitere 522 Gedichte vor.
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Zum Autor Richard Dehmel sind auf abi-pur.de 522 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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