Und sie staunen ins Land: es atmet Glanz ohne Ende von Richard Dehmel

Und sie staunen ins Land: es atmet Glanz ohne Ende.
Mittagsnebel wandern und weiten alle Grenzen;
aus jedem der tausend Schleier scheint die Sonne zu glänzen.
Und der Mann berührt des Weibes gefaltete Hände:
 
Also morgen geh ich uns mein Töchterchen holen.
Du wirst dich wundern, Lea - vielleicht auch nicht:
sie wird dein Ebenbild - Gang, Haltung, Gesicht
trotzdem sie blond ist wie ein Goldfuchsfohlen.
Ja, Meine, du hast mir schon im Geist geschlafen,
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bevor sich unsre wachen beiden Körper trafen;
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und nun begreifft du wohl mein Mannesbangen.
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Der Geist, der Alles antreibt, in Eins zu gehören,
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der strebt das Einzelgeschöpf zu zerstören;
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denk, wie wir todeslüstern am Meer uns umschlangen!
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Da jauchzten wir den irresten Lebenstrieben;
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da hätte die Liebesgier uns aufgerieben,
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hätt ich nicht Botschaft von der Toten empfangen.
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Jetzt seh ich dort die Nebelgeister walten
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und freu mich unsrer festeren Gestalten.
 
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Es wogt; und blaß, wie ferne Inseln, erscheinen
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die Wälder durch die leuchtend wehenden Falten.
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Das Weib legt schwer die Hände in die seinen:
 
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So laß uns denn den Leib recht heilig halten;
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die Seele weiß sich schon allein zu frommen.
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Mir ahnt ohnehin, uns wird von deinen alten
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Geistesfreunden noch Unheil kommen.
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Nimm's nicht für Furcht! O, umso stolzer bin ich,
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daß du nicht loskonntest von mir.
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Und umso demutwilliger weiß ich innig,
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daß ich nicht lassen kann von Dir.
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Und so, leibhaftig, ist dein Kind auch mein;
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ich will ihm eine Mutter sein,
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als hätt's in meinem Schooß geruht,
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es ist ja Blut von Deinem Blut.
 
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Und blaß und blasser wehn die Nebel ins Leere.
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Zwei Seelen segnen ihre Erdenschwere.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.2 KB)

Details zum Gedicht „Und sie staunen ins Land: es atmet Glanz ohne Ende“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
267
Entstehungsjahr
1863 - 1920
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Und sie staunen ins Land: es atmet Glanz ohne Ende“ des Autors Richard Dehmel. Der Autor Richard Dehmel wurde 1863 in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg geboren. Im Zeitraum zwischen 1879 und 1920 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Bei dem Schriftsteller Dehmel handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 267 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Die Gedichte „Aufblick“, „Ballade vom Volk“ und „Bann“ sind weitere Werke des Autors Richard Dehmel. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Und sie staunen ins Land: es atmet Glanz ohne Ende“ weitere 522 Gedichte vor.

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