Und Kerzen schimmern; und still ins Schlafgemach von Richard Dehmel

Und Kerzen schimmern; und still ins Schlafgemach
dürfen die Träume Ewigen Lebens treten.
Rings im gebräunten Schnitzwerk beten
Engel aus Erz und hüten immerwach
die Sterne auf den silberblauen Tapeten.
Die hohen Spiegel stehn gleich Lichtportalen,
aus denen, in verklärte Schatten getaucht,
die Leiber zweier seliger Geister strahlen
das Weib haucht:
 
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Bin ich nicht schön? O wie das liebreizend klang,
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als unser Eichkätzchen so vor uns sprang;
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ich sah uns nackt vor Gott in Wonne stehn
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wie jetzt. O Meiner! Uns hat mit Urgewalt
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das Meer getraut! Und diese Muttergestalt,
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nicht wahr, du kannst sie fromm beschauen
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wie Meister Dürers benedeiete Frauen,
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und sie darf jubeln: in Himmelshöhn
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brennt keine Scham mehr! - sag: Bin ich noch schön?
 
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Die Schatten beben; die Kerzenflammen wehn.
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Es flimmern Menschensterne rings im Blauen.
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Des Mannes Blick scheint über weite Auen
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hinzugehn:
 
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Als du auf wildem Meer mit mir
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wogtest im Boot, sahst weg von mir,
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sahst unter uns das Grab hinschwanken
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und über uns den grauen Himmel wanken
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und bebtest nicht - da warst du schön.
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Jetzt aber, hier, vor diesem klaren Spiegel,
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wo jeder deiner Makel mir ein Siegel
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auf meine eignen Häßlichkeiten drückt,
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und siehst mich an und fühlst nun, wie wir rangen,
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bis wir das wüste Element bezwangen,
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und bebst beglückt
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oh Du, jetzt sind wir mehr als schön!
 
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Es schimmern Erzengel aus Lichtportalen.
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Zwei Menschen strahlen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.9 KB)

Details zum Gedicht „Und Kerzen schimmern; und still ins Schlafgemach“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
227
Entstehungsjahr
1863 - 1920
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Und Kerzen schimmern; und still ins Schlafgemach“ ist Richard Dehmel. Im Jahr 1863 wurde Dehmel in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg geboren. Im Zeitraum zwischen 1879 und 1920 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Dehmel handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 227 Worte. Die Gedichte „Bitte“, „Büßende Liebe“ und „Chinesisches Trinklied“ sind weitere Werke des Autors Richard Dehmel. Zum Autor des Gedichtes „Und Kerzen schimmern; und still ins Schlafgemach“ haben wir auf abi-pur.de weitere 522 Gedichte veröffentlicht.

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