Und an fernen Dächern und Kirchen hin wie an Särgen von Richard Dehmel
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Und an fernen Dächern und Kirchen hin wie an Särgen |
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fliegt der Morgen mit phönixgoldnem Schweif. |
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Die Nebel lösen sich von den kalten Bergen |
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und schmücken die Tannen mit reinstem Reif. |
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Und im Geist aufgehend in den verklärten Landen, |
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sagt der Mann dem Weib, als sei aller Kampf überstanden: |
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Sieh, Seele: so werd'ich's immer wieder spüren, |
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und bin ich noch so menschenmüd, Du: |
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nur dein Blick braucht sonnig mich anzurühren, |
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dann fliegen mir Gotteskräfte zu. |
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Nicht, du, wie damals, als wir uns noch |
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hochtrabende Götternamen gaben |
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die hab ich mit der Toten begraben; |
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jetzt tragen wir willig das Menschenlebensjoch. |
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Jetzt weiß unser Wille erst recht die Flügel zu breiten, |
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jeden Augenblick kann er hinaus über Räume und Zeiten; |
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denn selig Seel in Seele ergeben |
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begreifen wir das Ewige Leben, |
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das Leben ohne Maß und Ziel, |
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selbst Haß wird Liebe, selbst Liebe wird Spiel. |
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Dann ist der Geist von jedem Zweck genesen, |
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dann weiß er unverwirrt um seine Triebe, |
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dann offenbart sich ihm das weise Wesen |
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jedweder Torheit - durch die Liebe. |
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Er sucht ihren Blick; er will ihr Dunkelstes lesen. |
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Sie steht, als höre sie ferne Glocken klingen. |
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Sie spricht, als sei sie in der Zukunft gewesen: |
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Dann wird uns Segen aus jedem Werk entspringen. |
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Dann lebst du nicht mehr mit dem Leben in Streit. |
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Dann kann uns ganz die Ruhe der Allmacht durchdringen. |
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Nicht Mann, nicht Weib mehr wird um die Obmacht ringen. |
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Klar über aller Menschenfreundlichkeit |
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steht Mensch vor Mensch in Menschenfreudigkeit! |
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Sie öffnet die Arme, als will sie die Welt umschlingen. |
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Fern flammt der Himmel in goldner Herrlichkeit. |
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Mit flammt ein Seelenpaar auf Geistesschwingen. |
Details zum Gedicht „Und an fernen Dächern und Kirchen hin wie an Särgen“
Richard Dehmel
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267
1863 - 1920
Moderne
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Und an fernen Dächern und Kirchen hin wie an Särgen“ des Autors Richard Dehmel. Geboren wurde Dehmel im Jahr 1863 in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg. Im Zeitraum zwischen 1879 und 1920 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Der Schriftsteller Dehmel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 267 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Der Dichter Richard Dehmel ist auch der Autor für Gedichte wie „Aufblick“, „Ballade vom Volk“ und „Bann“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Und an fernen Dächern und Kirchen hin wie an Särgen“ weitere 522 Gedichte vor.
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Zum Autor Richard Dehmel sind auf abi-pur.de 522 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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