Die Stadt im Meer von Edgar Allan Poe
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Das ist des Todes Residenz, |
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Diese seltsame Stadt im fernen Westen. |
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Hier thront er und ertheilt Audienz |
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Den Bösen und Guten, den Schlimmsten und Besten. |
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Hier stehen mächtige Säulenhallen |
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(Zermorschtes Gemäuer, das nicht zittert) |
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Neben Kapellen und Kathedralen |
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Und hohen Palästen, schwarz und verwittert. |
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Ringsum, vom Winde vergessen, ruht, |
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Wie schlafend, eine eisige Fluth. |
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Kein Strahl aus dem himmlischen Gewölbe |
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Fällt auf das Dunkel dieser Stadt; |
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Doch einen Schimmer traurig und matt |
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Entsendet das Meer, das röthlich gelbe, |
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Und der kriecht hinauf an dunklen Palästen, |
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An babylonischen Thürmen und Vesten |
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Der kriecht empor an eisernen Kerkern, |
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Und schattigen, ausgestorbenen Erkern, |
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Der schlängelt sich aufwärts an Säulenhallen |
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Und an gigantischen Kathedralen |
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Mit steinernem Zierrath von grotesken |
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Blumengewinden und Arabesken, |
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An vielen wundersamen Kapellen |
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Und gleitet zurück in die kalten Wellen, |
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Die melancholischen, schweigenden Wellen. |
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Von einem stolzen Thurm übersieht |
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Der finstere König sein Gebiet. |
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Tempel und Gräber öffnen sich weit – |
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Da erglänzt eine seltsame Herrlichkeit. |
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Doch weder die Gräber mit ihren Schätzen, |
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Noch die demantenen Augen der Götzen |
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Locken die Wogen aus ihrem Bette. |
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Gläsern bleibt die schaurige Glätte, |
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Kein Hauch, kein noch so leises Säuseln |
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Erhebt sich, diese Fläche zu kräuseln, |
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Kein Schwellen erzählt von glücklichen Seeen, |
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Worüber heitere Lüfte wehen, |
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Kein Wallen erzählt, daß es Meere giebt |
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Die weniger grauenhaft ungetrübt. |
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Da regt sich etwas im trägen Meere, |
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Als wären die Thürme plötzlich versunken |
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Und hätten die Fluth auseinandergeschoben; |
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Die Woge färbt sich, als ob ein Funken, |
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Ein wärmender Sonnenfunken von oben |
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Auf sie herniedergeglitten wäre. |
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Und wenn nun durch den geöffneten Spalt |
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Der trägen, melancholischen Fluth |
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Die seltsame Stadt versinkt – dann zahlt |
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Ihr die Hölle selber Tribut. |
Details zum Gedicht „Die Stadt im Meer“
Edgar Allan Poe
4
49
269
nach 1825
Klassik,
Romantik,
Biedermeier
Gedicht-Analyse
Der Autor dieses Gedichts ist Edgar Allan Poe, der von 1809 bis 1849 lebte. Poe war ein amerikanischer Schriftsteller, der sich vor allem auf die Genres der Krimi- und Schauerliteratur konzentrierte. Eine zeitliche Einordnung ist aufgrund der Lebensdaten des Autors im 19. Jahrhundert, genauer in die Epoche der Romantik, möglich.
Beim ersten Lesen entsteht ein düsteres, melancholisches Bild. Das Gedicht beschreibt eine unheimliche Stadt im Meer, die als Wohnort des Todes dargestellt wird. Hier thront der Tod, um sowohl den Guten als auch den Bösen Audienz zu gewähren. Das Bild der Stadt ist geprägt durch dunkle und zerstörte Bauten, wie Tempel, Kräne und Paläste, die ruhig in einem eisigen Meer stehen. Ein trübes, rötliches Licht erhellt nur matt die Dunkelheit.
Das lyrische Ich scheint die Stadt als Ort des Todes darzustellen und damit die endgültige Bestimmung jedes Lebens darzustellen. Es wird ein Bild der Verwüstung, Dekadenz und Trostlosigkeit erzeugt, welches die universelle und gnadenlose Natur des Todes unterstreicht. Gleichzeitig wird die Stadt mit Angst und Schrecken assoziiert. Diese Interpretation wird durch die weitere Beschreibung der Stadt bestätigt, die sich anfühlt wie ein Gruselkabinett, vom Tod und Verfall geprägt.
In Bezug auf Form und Sprache reguliert Poe den Rhythmus und endet jede Strophe mit einem Paar endreimender Verse, was dem Gedicht eine musikalische, liedhafte Qualität verleiht, die im Kontrast zu seinem düsteren Inhalt steht. Das Gedicht nutzt eine reiche, bildhafte und oft überraschend detaillierte Sprache, um die geheimnisvolle Stadt und ihre Bewohner lebendig werden zu lassen.
Bezüglich der Sprache verwendet Poe eine altertümliche, formalere Art der Lyrik, die mit dramatischen Bildern und metaphysischen Konzepten gefüllt ist. Der Dichter wählt seine Worte sorgfältig und präzise, um ein bestimmtes Bild oder eine Atmosphäre zu erzeugen, wie zum Beispiel „öde Kathedralen“ oder „trauriges und mattes Licht“. Dieser Stil spiegelt Poes Neigung zu dunklen und unheimlichen Themen wider und fügt eine weitere Ebene der Tiefe und Komplexität zu seinem Werk hinzu.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Die Stadt im Meer“ ist Edgar Allan Poe. Geboren wurde Poe im Jahr 1809 in Boston, USA. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1825 und 1849. In Berlin ist der Text erschienen. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 269 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 49 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Edgar Allan Poe ist auch der Autor für Gedichte wie „An . . . .“, „An Annie“ und „An F . . . s.“. Zum Autor des Gedichtes „Die Stadt im Meer“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 17 Gedichte vor.
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