An . . . . von Edgar Allan Poe

In des Verstandes eitler Ueberhebung
Verkündete ich einst die „Macht der Sprache,“
Bestritt, daß ein Gedanke je erwache,
Für den das Wort ohnmächtig zur Belebung.
Und gleichsam, die Vermessenheit zu strafen,
(In der ich mich so überlegen wähnte)
Haben zwei Worte, liebliche Accente,
Zweisilbig, italienisch –, nur geschaffen,
Auf Hermonshügeln, wo in Perlensträngen
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Vom Firmament Thautropfen niederhängen,
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Von Engelslippen musikalisch lind
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Zu zittern, – aus dem abgrundtiefen Schachte
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Der Seele mir Gedanken, ungedachte –
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(Welche die Seelen der Gedanken sind,)
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Herausgelockt, zu wilde Phantasieen,
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Als daß sie selbst der Seraph Israfel,
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Dem Gott der Stimmen lieblichste verliehen,
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Zu formen wüßt’! Und nun, trotz dem Befehl
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Aus deinem Munde fühl’ ich mich erlahmen,
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Mit diesen süßen Lauten, deinem Namen
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Als Text, versagt die Macht der Sprache –
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Kaum fühl’ ich mehr – nicht Fühlen ist dies wache,
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Der Welt entrückte, völlige Versinken,
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Lautlose Stehen an der goldnen Schwelle
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Der Träume, dieses Starren in die Helle,
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Wonn’ge Erschauern, wenn ich mir zur Linken,
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Zur Rechten, vor mir, in der Höhe,
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Und weit, weit weg, am fernsten Punkt, wo sich
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Mein Blick verliert, nicht andres sehe
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Als dich.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „An . . . .“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
181
Entstehungsjahr
nach 1825
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „An . . . .“ stammt von Edgar Allan Poe, einem amerikanischen Schriftsteller, der vor allem für seine Kurzgeschichten und Gedichte bekannt ist. Er lebte von 1809 bis 1849, womit das Gedicht zeitlich in die Periode der Romantik eingeordnet werden kann.

Auf den ersten Blick scheint dieses Gedicht von der Macht, aber auch von der Begrenztheit der Sprache zu handeln. Insbesondere scheint es um die Unmöglichkeit zu gehen, bestimmte Gefühle oder Empfindungen in Worte zu fassen. Der lyrische Sprecher thematisiert die Kluft zwischen Sprache und Gefühl – wobei das „Du“ des Gedichts möglicherweise das Objekt seiner Liebe oder Bewunderung ist.

Inhaltlich spricht das lyrische Ich in den ersten Versen über die Überheblichkeit des Intellekts, die glaubt, die Macht der Sprache beherrschen zu können. Doch er stellt fest, dass seine vorherige Annahme, wonach jeder Gedanke in Worte gefasst werden kann, unzutreffend ist. Dies erkennt er, als zwei „liebliche Accente“ unerwartete, tiefgreifende Gedanken und Fantasien in ihm hervorrufen, die er nicht in Worte fassen kann. Diese Gedanken und Gefühle sind so intensiv, dass selbst der Seraph Israfel, ein Engel, der in Poes eigenen Gedichten als der Engel mit der schönsten Stimme dargestellt wird, sie nicht zu formen wüsste. Das lyrische Ich wird durch die Worte – insbesondere durch den Namen des Angebeteten – überwältigt und seine Fähigkeit, diese Empfindungen in Worte zu fassen, löst sich auf. Am Ende steht das lyrische Ich sprachlos und versunken vor der Person, die es bewundert oder liebt.

Formal besteht das Gedicht aus 30 Versen, die in fließendem Text ohne festes Metrum oder ein gleichbleibendes Reimschema geschrieben sind. Diese freie Form unterstützt die Aussage des Gedichts über die Begrenztheit der Sprache und ihre Unfähigkeit, bestimmte Gefühle oder Empfindungen angemessen zu repräsentieren. Die Sprache des Gedichts ist reich an Metaphern und bildhaften Ausdrücken, welche die Intensität der Gefühle des lyrischen Ichs widerspiegeln und den Leser einladen, sich in seine Bewunderung oder Liebe hineinzuversetzen.

Weitere Informationen

Edgar Allan Poe ist der Autor des Gedichtes „An . . . .“. 1809 wurde Poe in Boston, USA geboren. Zwischen den Jahren 1825 und 1849 ist das Gedicht entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 181 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 30 Versen mit nur einer Strophe. Weitere bekannte Gedichte des Autors Edgar Allan Poe sind „An F . . . s.“, „An Helene“ und „An Zante“. Zum Autor des Gedichtes „An . . . .“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 17 Gedichte vor.

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