Lob der zu Zeiten angenehmen Einsamkeit von Catharina Regina von Greiffenberg
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Ach Einsamkeit / mein einigs Leben / |
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du vielbeliebte Sinnen-Ruh! |
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wie spricht der Geist so lieblich zu! |
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es kan sich ungescheut erheben |
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zu ihme die verlangens-Krafft / |
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und nehmen seinen edlen Safft! |
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O Herz-erlesne liebe Stille! |
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man hört in dir des Himmels Wort; |
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die Seuffzer gehen richtig fort; |
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man siht des Höchsten Ziel und Wille / |
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du ungetrübter klarer Bach / |
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zeigst mir die reine Gottes-Sach. |
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Du bist der rechte Wunder-Schatten / |
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wann Weißheit-Sonn' in uns eingeht. |
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In dir der geistig Geist versteht |
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die unerforschbarn Gottes-Thaten. |
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In deinem Dunkel / komt herfür |
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die Strahlenreiche Sternen-Zier! |
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Verhinderung der Hindernüssen / |
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Ausschlüssung aller Widrigkeit! |
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der Tugend einig-eigne Zeit / |
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in der wir ihre Lust geniessen / |
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da uns der Welt Gerümpel nicht |
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die süss' Ergetzung unterbricht! |
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Du offnes Feld des süssen Wesen / |
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der Erzgab von des höchsten Hand / |
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der Freyheit / die ohn' alle Band |
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in dir / weil du sie aufzulösen |
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begunst durch deine Eygenschafft / |
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die nit mit Forcht und Scheu behafft. |
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Ununterbrochnes munders schlaffen / |
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du kurzes Bild der Ewigkeit / |
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von allem Streit befreyt und weit! |
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du Hönig-König / sonder Waffen / |
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schwingst dich in Gottes Blumen hin / |
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und bringest süssen Safft Gewinn. |
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Du allerschönste Perlen-Mutter / |
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die Geistes-Thau in dir erzeugt / |
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und Weißheit selber in dir säugt! |
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in dir bleibt Tugend also guter; |
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kein Boßheit-Salz kommt nicht in dich / |
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du bleibst süß-lieblich ewiglich. |
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Der Erzgefangenen du giebest / |
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der Heimlichkeit / den Freyheitstand / |
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du lösest das Verschweigungs-Band: |
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so äusserst du das Wolthun liebest. |
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Kurz! edler lieber Ruhe-Schatz! |
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in dir hat Herz und Freyheit Platz. |
Details zum Gedicht „Lob der zu Zeiten angenehmen Einsamkeit“
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1633 - 1694
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Lob der zu Zeiten angenehmen Einsamkeit“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Catharina Regina von Greiffenberg. Im Jahr 1633 wurde Greiffenberg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1649 und 1694. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten der Autorin lassen eine Zuordnung zur Epoche Barock zu. Bei Greiffenberg handelt es sich um eine typische Vertreterin der genannten Epoche.
Die Epoche des Barock folgt auf die Epoche der Renaissance und des Humanismus. Sie umfasst den Zeitraum von etwa 1600 bis 1720. Der Begriff leitet sich aus dem Portugiesischem ab. Der Begriff stammt aus der Juweliersprache und bedeutet so viel wie„seltsam geformte, schiefrunde Perle“. Der Dreißigjährige Krieg(1618–1648) gilt als das maßgebende Bezugselement des Barocks. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ ein wirtschaftlich, politisch und kulturell verfallenes Deutsches Reich. Aufgrund der Auseinandersetzungen wurden ganze Landstriche entvölkert. So wurden Gewalt, Tod und Zerstörung zum Teil des Alltags der Menschen der damaligen Zeit. Hungersnöte und Seuchen, wie die Pest, verschlimmerten die Situation der Bevölkerung weiter. Allein der Ausbruch der Pest dezimierte die Bevölkerung um ein Drittel. Es herrschte im Barock ein antithetisches Weltbild. Verschwendung und Luxus im Leben des Adels standen Leid und Armut innerhalb der einfachen Bevölkerung gegenüber. Die Literatur im Barock war ebenso geprägt von inhaltlichen Widersprüchen. Jenseits und Diesseits standen sich ebenso gegenüber wie Spiel und Ernst oder etwa Schein und Sein. In der vorherigen Epoche (Renaissance) waren noch viele Werke auf Lateinisch geschrieben worden. Im Barock begann jedoch die Zeit der in deutscher Sprache verfassten Literatur. Zu den bedeutendsten Lyrikern des Barocks gehören: Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Caspar Ziegler und Paul Fleming.
Das Gedicht besteht aus 56 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 237 Worte. Die Gedichte „Auf eben dieselbe“, „Auf die liebliche Sommer- und Ernde-Zeit“ und „Auf den Geistlichen-Wortes-Donner: im grösten Donnerwetter / im Garten“ sind weitere Werke der Autorin Catharina Regina von Greiffenberg. Zur Autorin des Gedichtes „Lob der zu Zeiten angenehmen Einsamkeit“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.
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Weitere Gedichte des Autors Catharina Regina von Greiffenberg (Infos zum Autor)
- Auf den Kornschnitt
- Verlangen / nach der herrlichen Ewigkeit
- Auf eben dieselbe
- Auf die liebliche Sommer- und Ernde-Zeit
- Auf den Geistlichen-Wortes-Donner: im grösten Donnerwetter / im Garten
- GOtt-lobende Frülings-Lust
- Herzliche Lobens-Begierde
- Ich wolt / ich könte so Beginnen
- In Mittelpunct der Ruh / die ewig sich beweget
- In Gott / end ich mein Thun / daß es unendlich wird
Zum Autor Catharina Regina von Greiffenberg sind auf abi-pur.de 338 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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