14.-15. April 1834 von Clemens Brentano

Vogel halte, laß dich fragen
Hast du nicht mein Glück gesehn
Hast du's in dein Nest getragen,
Ei dein Glück, ei sage wen?
 
Eine feine zarte Rebe
Und zwei Träublein Feuerwein
Drüber Seidenwürmer Gewebe
Drunter süße Maulbeerlein.
 
Hier hab' ich's im Arm gewieget
10 
Hier am Herzen drückt' ich's fest,
11 
Lieblich hat sich's angeschmiegen
12 
Und du Vogel trugst's ins Nest.
 
13 
Armer Mann, dein Glück ich wette,
14 
War ein Liebchen und kein Strauß
15 
Ging aus deinem Arm zu Bette
16 
Und du gingst allein zu Haus.
 
17 
Meinst du? - Nun so sag mir Quelle
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Hast du nicht mein Glück gesehn
19 
Trug's ins Meer nicht deine Welle
20 
Ei dein Glück, ei sage wen?
 
21 
Eine tauberauschte Rose
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Und zwei Rosentöchterlein
23 
Frühlingsträume ihr im Schoße,
24 
Wachten auf und schliefen ein.
 
25 
Hier am Herzen hat's gehauchet,
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Süßen Duft, Goldbienen schwer
27 
Sind die Küsse eingetauchet.
28 
Fort ist's - Ach du trugst's ins Meer.
 
29 
Armer Mann, dein Glück ich wette,
30 
Linder war dein Rosenlos
31 
Ging aus deinem Arm zu Bette
32 
Heim trugst du die Dornen bloß.
 
33 
Meinst du, will ich Taube fragen,
34 
Hast du nicht mein Glück gesehn
35 
Nicht ins Felsennest getragen?
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Ei dein Glück! - ei sage wen?
 
37 
Eine goldne Honigwabe,
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Süßen Seim und Wachs so rein
39 
Aller Küsse Blumengabe
40 
Schlossen drin die Bienen ein.
 
41 
Ach ich trug es an die Lippen
42 
Duftend, schimmernd, süß und lind
43 
Durft' ein bißchen daran nippen
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War doch ein verwöhntes Kind.
 
45 
Armer Mann, dein Glück, ich wette,
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Linder war's, als Honigseim
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Ging aus deinem Arm zu Bette,
48 
Und du gingest einsam heim.
 
49 
Meinst du? - will ich Echo fragen,
50 
Hast du nicht mein Glück gesehn,
51 
Und willst allen wieder sagen?
52 
Ei dein Glück, ei sage wen?
 
53 
Einer Stimme süßes Klagen
54 
Locken, Flüstern, Wonn' und Weh',
55 
Nachtigallen-Traumeszagen
56 
Bitte, bitte, geh o geh!
 
57 
Mir am Herzen hat's gewehet
58 
Alle Wonnen, allen Schmerz,
59 
Wie ein Kinderseelchen flehet
60 
Unter süßem Mutterherz!
 
61 
Armer Mann! dein Glück, ich wette,
62 
War ein linder träumend Wort,
63 
Fleht' aus deinem Arm zu Bette,
64 
Du gingst einsam dichtend fort.
 
65 
Meinst du. - muß ich Rose fragen,
66 
Hast du nicht mein Glück gesehn
67 
Birgt dein Schoß nicht süßes Zagen.
68 
Ei dein Glück: Ei sage wen!
 
69 
Süßes Duften, wachend Träumen,
70 
Hülle, Fülle, süß und warm
71 
Bienenkuß an Rausches Säumen
72 
Irrend, suchend, Rausches arm.
 
73 
Hier am Herzen hat's geblühet,
74 
Meine Seele süß umlaubt,
75 
Liebe hat mein Blut durchglühet,
76 
Hoffnung hat doch nicht geglaubt.
 
77 
Armer Mann, dein Glück ich wette
78 
Linder war's, als Trunkenheit
79 
Ging aus deinem Arm zu Bette
80 
Du gingst einsam, kühl, es schneit.
 
81 
Meinst du, frage ich die Sterne,
82 
Habt ihr nicht mein Glück gesehn?
83 
Sterne sehn ja Augen gerne.
84 
Ei dein Glück? ei sage wen?
 
85 
Lockennacht an Himmelsstirne
86 
Sinnend, minnend Doppellicht,
87 
Augen blitzend Glücksgestirne,
88 
Andern Sternen folg' ich nicht.
 
89 
Sah's von Tränen tief verschleiert
90 
Sah's von Sehnen tief durchglüht
91 
Sah's durchleuchtet, sah's durchfeuert
92 
Sah's wie Liebe blüht und flieht.
 
93 
Armer Mann, dein Glück ich wette
94 
War ein linder Augenschein,
95 
Ging aus deinem Arm zu Bette,
96 
Durch die Nacht gingst du allein.
 
97 
Meinst du, muß die Lilie fragen
98 
Hast du nicht mein Glück gesehn
99 
Reimt sich dir, doch darf's nicht sagen.
100 
Ei dein Glück, ei sage wen?
 
101 
Eine, eine, sag nicht welche,
102 
Stand im Gärtchen nachts allein
103 
Sah o Lilie! deine Kelche
104 
Überströmt von Lichtesschein.
 
105 
Hat von Lilien, Engeln, Sternen
106 
Schon an meiner Brust geträumt,
107 
Alle Nähen, alle Fernen
108 
Mir mit Dichtergold gesäumt.
 
109 
Sel'ger Mann, dein Glück, ich wette
110 
Ist Emilie, fein und lieb
111 
Ging aus deinem Arm zu Bette
112 
Dir des Traumes Goldsaum blieb.
 
113 
Meinst du, muß Emilien fragen,
114 
Hast du nicht mein Glück gesehn
115 
Hast du's in dein Bett getragen?
116 
Ei dein Glück, o sage wen?
 
117 
Ein Süßlieb, schwarzlaub'ge Linde
118 
Schwüle, kühle, süße Glut,
119 
Feuermark in Eises Rinde
120 
Hüpfend Kind in freud'gem Blut.

Details zum Gedicht „14.-15. April 1834“

Anzahl Strophen
30
Anzahl Verse
120
Anzahl Wörter
612
Entstehungsjahr
1778 - 1842
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Clemens Brentano ist der Autor des Gedichtes „14.-15. April 1834“. Geboren wurde Brentano im Jahr 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz). Im Zeitraum zwischen 1794 und 1842 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Brentano handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 datiert werden. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Welt, die sich durch die beginnende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind bedeutende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben jedoch unbeachtet. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über die Form als auch über den Inhalt des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das vorliegende Gedicht umfasst 612 Wörter. Es baut sich aus 30 Strophen auf und besteht aus 120 Versen. Clemens Brentano ist auch der Autor für Gedichte wie „Wenn der lahme Weber träumt, er webe“, „Im Wetter auf der Heimfahrt“ und „Die Abendwinde wehen“. Zum Autor des Gedichtes „14.-15. April 1834“ haben wir auf abi-pur.de weitere 297 Gedichte veröffentlicht.

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