22. November 1835 von Clemens Brentano

Jesus, wie süß, wer dein gedenkt,
Selig sein Herz in dich versenkt,
Doch süßer noch als alles ist,
Wenn du, o Jesu, bei mir bist.
 
Höher ist kein Gedankenflug,
Lieblicher kein' Gesanges Zug,
Nimmer so süß klingt Liedes Ton,
Als, Jesus Christus Gottes Sohn.
 
Brot, das die Reue in Tränen baut,
10 
Wein, der dem Durste vom Felsen taut,
11 
Suchender Liebe des Hirten Laut
12 
Selig, die findet, selig! die Braut.
 
13 
Sonne der Seelen, so warm, so hell,
14 
Wonne der Herzen, du Lebensquell,
15 
Labung, die über die Ufer schwillt,
16 
Alle Begierde mit Sättigung füllt.
 
17 
Wo ist die Zunge, die Schrift, die vermag,
18 
Daß sie die Fülle der Liebe mir sag',
19 
Nur wer's erfahren, der glaubet allein,
20 
Wie süß die Liebe zu Jesu kann sein!
 
21 
Bin ich allein, allein, allein!
22 
Schließ' ich des Herzens Kämmerlein fein,
23 
Dort sei sein Bettchen so still so rein,
24 
Dort ist er mein - ach wär' ich auch sein!
 
25 
Dort bei der Herde, dort am Altar
26 
Such' ich den Hirten, der Opferlamm war
27 
Such' ich sehnsüchtig, geheim, offenbar
28 
Jesus, nur Jesus! Ach wäre es wahr!
 
29 
Mit Magdalena, grauet der Tag
30 
Wandl' ich zum Grab, wo Jesus lag,
31 
O Herz wer wälzt von dir den Stein,
32 
O Herz wann kehrt er bei dir ein.
 
33 
Herr bleib' bei mir, der Tag sich neigt
34 
Mit deinem Licht mein Herz erleucht'
35 
Bleib' bei dem Kind in banger Nacht
36 
Bis es zu deinem Licht erwacht.
 
37 
Mein Herz vom Licht des Herrn besucht
38 
Blühet und bringt der Wahrheit Frucht
39 
Glühe in heiliger Liebe Zucht,
40 
Dann stirbt die Welt, von ihm verflucht!
 
41 
Jesu, wie ist dein Kleid so rot
42 
Hast mich geliebet bis zum Tod!
43 
Dein Blut für mich gieng ins Gericht,
44 
So schau' ich Gottes Angesicht.
 
45 
Jesu, wie ist dein Lieben reich
46 
Liebe, o werd' der Liebe gleich,
47 
Jesu, du gabst dich hin für mich,
48 
Nimm mich, o Herr, noch zaudre ich.
 
49 
Mit deiner Lieb' berausche mich,
50 
Nicht mehr der Welt dann lausche ich,
51 
Jesu, dein Kreuz schwer auf dir lag,
52 
Gieb mir mein Kreuz, ich trag' dir's nach!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.5 KB)

Details zum Gedicht „22. November 1835“

Anzahl Strophen
13
Anzahl Verse
52
Anzahl Wörter
335
Entstehungsjahr
1778 - 1842
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Clemens Brentano ist der Autor des Gedichtes „22. November 1835“. Der Autor Clemens Brentano wurde 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1794 bis 1842 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Bei dem Schriftsteller Brentano handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein andauerte. Insbesondere auf den Gebieten der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. Im gesamten Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. Bedeutende Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Weitere Motive sind das Fernweh, das Nachtmotiv oder die Todessehnsucht. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Geheimnisvolle, Mysteriöse und galt als Quelle der Liebe. Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Kunst und Architektur des Mittelalters wurden von den Vertretern der Romantik wieder geschätzt. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unbegrenzt. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das Gedicht besteht aus 52 Versen mit insgesamt 13 Strophen und umfasst dabei 335 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Clemens Brentano sind „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“, „Ihr himmlischen Fernen“ und „Brautgesang“. Zum Autor des Gedichtes „22. November 1835“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 297 Gedichte vor.

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