Am Grabe von Joseph Emanuel Hilscher

Zum Friedhof ging es, und die Glocken klangen
Du weintest leise, und ich weinte mit,
Du wanktest fort, ich folgte deinem Schritt,
Dein Leid erregte mir ein schmerzlich Bangen.
 
Und als die ernste Feier war begangen,
Vom Grabe weg sich wandte jeder Tritt,
Geschah es, daß dein Auge auf mich glitt,
Vom feuchten Silberschleier noch umhangen,
 
So lieblich sah ich dich noch nie erscheinen,
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Dem Veilchen war dein Auge zu vergleichen,
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Erfrischet von dem milden Thau der Nacht.
 
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Da war auch schnell Vertrauen mir erwacht.
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O! rief ich aus, laß alles Zagen weichen;
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Sie ist nicht strenge, denn sie kann auch weinen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Am Grabe“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
102
Entstehungsjahr
nach 1822
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Am Grabe“ wurde von Joseph Emanuel Hilscher verfasst, einem österreichischen Dichter, der von 1806 bis 1837 lebte. Hilscher gehört zur literarischen Epoche der Romantik.

Das Gedicht erweckt auf den ersten Blick den Eindruck einer melancholischen Stimmung. Es handelt davon, wie das lyrische Ich eine andere Person, vermutlich eine Frau, auf einem Friedhof begleitet, während sie trauert. Sie weint und das lyrische Ich teilt ihren Schmerz, es fühlt sich dadurch mit ihr verbunden. Nach der Beerdigungszeremonie sieht das lyrische Ich die Frau in einem neuen Licht – ihre Tränen haben sie in seinen Augen noch schöner gemacht und er fasst Vertrauen zu ihr und sieht in ihr keine strenge Person mehr, da sie ihre Emotionen zeigt.

Auf sprachlicher Ebene ist das Gedicht durch Klarheit und Eleganz gekennzeichnet. Hilschers Sprache ist bildreich, um die Emotionen und die Atmosphäre des Moments einzufangen. Er nutzt Vergleiche, wie das des weinenden Auges mit einem Veilchen, das vom Tau erfrischt wurde, um die Schönheit und Zerbrechlichkeit der Frau zu betonen.

Die vier Strophen des Gedichts haben keine einheitliche Versanzahl, was auf eine freie Form hinweist. Die ersten beiden Strophen haben vier Verse, während die letzten beiden nur drei Verse aufweisen. Dieses Muster könnte einen Sinn für Disharmonie oder Unvollständigkeit vermitteln, was der traurigen, melancholischen Stimmung des Werkes entspricht.

Zusammenfassend handelt es sich bei „Am Grabe“ von Joseph Emanuel Hilscher um ein romantisches Gedicht, das die Schönheit im Schmerz und Trauer feiert. Es vermittelt eine melancholische Stimmung, unterstreicht jedoch gleichzeitig die menschliche Fähigkeit zu Empathie und Verstehen durch gemeinsam erlebtes Leid. Die formal freie Struktur und die bildreiche Sprache sind charakteristisch für Hilschers poetischen Stil und verdeutlichen die Ausdruckskraft seines Werkes auf anschauliche Weise.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Am Grabe“ von Joseph Emanuel Hilscher. Geboren wurde Hilscher im Jahr 1806 in Leitmeritz, Böhmen. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1822 und 1837. Prag ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 102 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Die Gedichte „Morgenröthe“, „Sternenlose Nacht“ und „Bestimmung“ sind weitere Werke des Autors Joseph Emanuel Hilscher. Zum Autor des Gedichtes „Am Grabe“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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