König Erich von Robert Reinick

Herr Erich, der junge Königssohn,
Klein Anna liebgewann,
Klein Anna mit dem goldnen Haar;
Die schönste Fischermaid es war,
Die je man finden kann.
 
Für sie früh morgens in dem Wald
Er jagte Hirsch und Bär;
Des Abends, wann die Sonne sank,
Er fuhr mit ihr den See entlang,
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Zog ein die Netze schwer.
 
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?Leb' wohl, mein Lieb, es rufet mich
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Des Vaters streng Gebot;
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Doch bleib' ich treu dir immerdar!"
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Er kehrte zurück das andre Jahr,
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Schön Anna, die war tot.
 
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Der alte König sank ins Grab,
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Herr Erich empfing die Kron'.
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Herr Erich, es ist die höchste Zeit,
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Laß ab von Liebesgram und Leid,
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Jetzt gilt es Volk und Thron!
 
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Herr Erich ließ vom Liebesgram,
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Sein Reich er treu bewacht':
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In Frieden hielt er weisen Rat,
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Zu Meer und Land gekämpfet hat
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Der Held manch heiße Schlacht.
 
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Und als er hoch zu Jahren kam
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Und wohlbestellt sein Haus,
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Da segnet er sein glücklich Land,
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Nahm wieder Speer und Netz zur Hand
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Und fuhr zum See hinaus.
 
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Von keinem Menschen mehr gesehn,
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Dort weilt' er ganz allein
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In seiner Liebsten ödem Haus;
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Die Stürme wehten ein und aus,
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Ihm dünkt's wie einst zu sein.
 
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Früh morgens zog er in den Wald,
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Zu jagen Hirsch und Bär;
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Des Abends, wann die Sonne sank,
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Er Netze warf den See entlang,
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Als ob's für Anna wär'.
 
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So harrt der greise König dort
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Sein Herz der Liebe voll,
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Sein Haupt von Silberhaar umwallt,
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Des Tages, der ihn nun so bald
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Mit ihr vereinen soll.
 
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Und wie er einst im Schlummer ruht,
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Ein Traum ihn selig macht:
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Schön Anna, in der Engel Chor,
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Sie öffnet ihm des Himmels Thor
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Dort ist er aufgewacht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.3 KB)

Details zum Gedicht „König Erich“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
50
Anzahl Wörter
279
Entstehungsjahr
1805 - 1852
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „König Erich“ wurde von Robert Reinick, einem deutschen Dichter und Maler des 19. Jahrhunderts, geschrieben. Reinick lebte von 1805 bis 1852.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht wie eine tragische Liebesgeschichte, eingebettet in eine historisch oder märchenhaft anmutende Erzählung. Es handelt von einem Königssohn namens Erich, der sich in eine Fischerfrau mit goldenem Haar, Anna, verliebt. Diese Beziehung ist jedoch durch sein königliches Erbe kompliziert. Trotz seiner Position setzt Erich seine Beziehung zu Anna fort, indem er Zeit mit ihr verbringt und ihre täglichen Aktivitäten, wie die Jagd und das Fischen, mitmacht, bis er gezwungen ist, sie zu verlassen, um seinen königlichen Pflichten nachzukommen. Als er zurückkehrt, ist Anna tot.

Trotz seiner Trauer muss Erich seine Verantwortung als König annehmen, was er auch tut, indem er sein Land weise regiert und in vielen Schlachten kämpft. Als alter Mann fährt er zum letzten Mal zum See hinaus, wo er allein in Annas leerem Haus lebte und sich seiner vergangenen Zeiten erinnert.

Zum Schluss sieht man König Erich vor seinem Tod, immer noch voller Liebe für Anna und voller Sehnsucht nach dem Tag, der ihn im Tod mit ihr vereinen wird.

Das lyrische Ich erzählt eine tragische Liebesgeschichte und stellt dabei die Tugenden Pflichtgefühl und Treue in den Vordergrund. Es geht darum, wie König Erich zwischen seiner Liebe und seiner Pflicht als König gefangen ist.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts ist es bemerkenswert, dass jede Strophe aus gleichbleibend fünf Versen besteht, was eine gewisse Stetigkeit und Rhythmus verleiht. Die Sprache und der Ton des Gedichts sind eher einfach und unkompliziert, aber dennoch emotionsgeladen. Die Worte und Ausdrücke, die verwendet werden, haben eine klare und direkte Bedeutung, was die Gefühle, Erfahrungen und Situationen, die in der Geschichte dargestellt werden, leicht zugänglich und verständlich macht. Es gibt ein starkes Gefühl der Nostalgie, Einsamkeit und Traurigkeit durch das gesamte Gedicht hindurch, was durch die bewusste Wahl von Wörtern und Ausdrücken hervorgerufen wird.

Weitere Informationen

Robert Reinick ist der Autor des Gedichtes „König Erich“. 1805 wurde Reinick in Danzig geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1821 und 1852. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 279 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 50 Versen. Die Gedichte „Juchhe!“, „Der Herbst“ und „Der Schneemann“ sind weitere Werke des Autors Robert Reinick. Zum Autor des Gedichtes „König Erich“ haben wir auf abi-pur.de weitere 18 Gedichte veröffentlicht.

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