Der Bohrturm von Hermann Löns

1	Es steht ein schwarzes Gespenst im Moor,
2	Das ragt über Büsche und Bäume empor.
3	Es steht da groß und steif und stumm,
4	Sieht lauernd sich im Kreise um.
5	Da liegt das Dorf so still und klein:
6	Dich mache ich groß und laut und gemein.
7	Der Bauer schafft im gelben Feld:
8	Ich nehme dein Land und gebe dir Geld.
9	Des Hafers goldene Rispen wehn:
10	Hier sollen schwarze Häuser stehn.
11	Es rauscht der Wald so stark und stolz:
12	Dich fälle ich zu Grubenholz.
13	Es blitzt der Bach im Sonnenschein:
14	Bald wirst du schwarz und schmutzig sein.
15	In Rosenrot prangt das Heideland:
16	Ich ziehe dir an ein schwarzes Gewand.
17	Die Flamme loht, die Kette klirrt,
18	Es zischt der Dampf, der Ruß, der schwirrt.
19	Der Meißel frißt sich in den Sand;
20	Der schwarze Tod geht durch das Land.

Details zum Gedicht „Der Bohrturm“

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht wurde von Hermann Löns geschrieben, einem deutschen Journalisten und Dichter. Löns lebte von 1866 bis 1914, daher ist es wahrscheinlich, dass das Gedicht in der Spätphase des 19. oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschrieben wurde.

Das Gedicht beschreibt eindrücklich die düstere Präsenz eines Bohrturms in einer natürlichen Landschaft. Es wird die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Industrialisierung und Umweltzerstörung deutlich. Löns spielt auf die Veränderungen an, die mit der Errichtung und dem Betrieb des Bohrturms einhergehen und die Auswirkungen auf die umgebende Natur und die Menschen, die dort leben.

Inhaltsbezogen geht das lyrische Ich aus der Perspektive des Bohrturms auf die Veränderungen der Umgebung ein. Es spricht das Dorf, den Bauer, den Wald, den Bach und das Heideland direkt an und suggeriert dabei die starken Veränderungen, die bevorstehen. Der Bohrturm „droht“ damit, das Dorf groß und laut zu machen, das Land des Bauern zu nehmen, Häuser anstelle von goldenem Hafer zu errichten, den Wald zu fällen, den Bach schwarz und schmutzig zu machen und das Heideland mit einem schwarzen Gewand zu bedecken. Löns drückt eine deutliche Kritik an den negativen Auswirkungen der Industrialisierung auf die Natur und das ländliche Leben aus.

Formal haben alle Strophen des Gedichts jeweils zwei Verse. Die Sprache ist einfach und direkt, es werden deutliche und klare Bilder verwendet, die die Kontraste zwischen der natürlichen Umgebung und dem industriellen Eindringling unterstreichen. Der Wechsel zwischen den Perspektiven (erste Person Singular aus der Sicht des Turmes und dritte Person Singular/Plural aus der Sicht der Umgebung) verstärkt die dramatische Wirkung des Gedichts.

Zusammenfassend ist „Der Bohrturm“ ein eindringliches Gedicht, das kritisch auf die negatives Aspekte der Industrialisierung und deren Auswirkungen auf die Natur und das ländliche Leben hinweist. In seiner bildhaften und direkten Sprache und der einfachen, klaren Struktur ist es ein eindrückliches Werk, das den Konflikt zwischen Mensch und Natur aufzeigt.

Weitere Informationen

Hermann Löns ist der Autor des Gedichtes „Der Bohrturm“. Geboren wurde Löns im Jahr 1866 in Kulm (Westpreußen). Zwischen den Jahren 1882 und 1914 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das vorliegende Gedicht umfasst 134 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Hermann Löns sind „Abendlied“. Zum Autor des Gedichtes „Der Bohrturm“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

Weitere Gedichte des Autors Hermann Löns (Infos zum Autor)

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• Abendlied