Reinigung von Ernst Maria Richard Stadler

Lösche alle deine Tag' und Nächte aus!
Räume alle fremden Bilder fort aus deinem Haus!
Laß Regendunkel über deine Schollen niedergehn!
Lausche, dein Blut will klingend in dir auferstehn! —
Fühlst du: schon schwemmt die starke Flut dich neu und rein,
schon bist du selig in dir selbst allein
und wie mit Auferstehungslicht umhangen —
hörst du: schon ist die Erde um dich leer und weit
und deine Seele atemlose Trunkenheit,
10 
die Morgenstimme deines Gottes zu umfangen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Reinigung“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
10
Anzahl Wörter
77
Entstehungsjahr
1883 - 1914
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Reinigung“ wurde von Ernst Maria Richard Stadler verfasst, einem österreichischen Schriftsteller, der zwischen dem späten 19. Jahrhundert und dem Beginn des 20. Jahrhunderts aktiv war. Stadler war ein Vertreter des Expressionismus, einer literarischen und künstlerischen Bewegung, die in Deutschland und Österreich gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann und hauptsächlich zwischen 1905 und 1925 ihren Höhepunkt erlebte.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht angesichts seiner Aufforderung zur Reinigung und Erneuerung als sehr intensiv und emotional. Es scheint, als ob das lyrische Ich den Leser ermutigt, eine spirituelle Reinigung oder Transformation zu durchlaufen, indem es alle alten Erfahrungen und Erinnerungen loslässt, um einen Zustand tiefer Selbsterkenntnis zu erreichen.

Inhaltlich geht es im Gedicht darum, alte Gewohnheiten, Erinnerungen oder Erfahrungen loszulassen und einen Prozess der Reinigung und Erneuerung zu durchlaufen. Positiv ist bereits in der ersten Strophe die Bestärkung durch das lyrische Ich zu erkennen. Es ruft dazu auf, Regen über die eigene Vergangenheit niederregnen zu lassen und somit eine Wiedergeburt oder Erneuerung herbeizuführen. Diese Wiederauferstehung erzeugt ein Gefühl des Glücks und der Selbstgenügsamkeit und lässt die Seele in „atemloser Trunkenheit“ erstrahlen, um die „Morgenstimme deines Gottes zu umfangen“.

Die Form des Gedichtes ist in freien Versen gehalten, es enthält keine regelmäßige Metrik oder Reimschema. Es besteht aus zehn Versen, die eine einzige Strophe bilden. Die Textpassagen sind angenehm zu lesen und laden zum Nachdenken ein. Sprachlich nutzt Stadler bildhafte und metaphernreiche Ausdrücke, die zum Ausdruck bringen, wie tiefgreifend der Prozess der geistigen Reinigung und Erneuerung ist. Beispielsweise wird das Blut als „klingend auferstehend“ und die Seele als „atemlose Trunkenheit“ beschrieben. Solche starken sprachlichen Bilder machen das Gedicht sowohl emotional als auch bildhaft ausdrucksstark.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht „Reinigung“ ein wirkungsvolles Beispiel für Stadlers expressionistische Lyrik ist. Mit seiner Forderung nach Loslassen und Neubeginn bietet er einen Ausweg aus der Resignation und eine Möglichkeit zur spirituellen Wiedergeburt. Seine kraftvollen Bilder und Metaphern unterstreichen diese Botschaft mit Nachdruck.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Reinigung“ ist Ernst Maria Richard Stadler. 1883 wurde Stadler in Colmar geboren. Im Zeitraum zwischen 1899 und 1914 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Expressionismus zuordnen. Bei Stadler handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 77 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 10 Versen mit nur einer Strophe. Die Gedichte „Fahrt über die Kölner Rheinbrücke bei Nacht“, „Kleine Stadt“ und „Anrede“ sind weitere Werke des Autors Ernst Maria Richard Stadler. Zum Autor des Gedichtes „Reinigung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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