Lessing, Gotthold Ephraim - Emilia Galotti (Interpretation und Zusammenfassung vom Ende)

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Gotthold Ephraim Lessing, Inhaltsangabe, Analyse, Ende des Romans, Referat, Hausaufgabe, Lessing, Gotthold Ephraim - Emilia Galotti (Interpretation und Zusammenfassung vom Ende)
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Referat

Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti (das Ende des Romans)

Das von Gotthold Ephraim Lessing verfasste bürgerliche Trauerspiel Emilia Galotti wurde am 13. März 1772 in Braunschweig uraufgeführt. Damit ist es zeitlich in die Epoche der Aufklärung einzuordnen und verdeutlicht den Konflikt, in dem sich der absolutistische Adel und das aufstrebende, durch moralische Normen geprägte Bürgertum seinerzeit befanden. Die Handlung des Trauerspiels Emilia Galotti spielt sich in dem fiktiven italienischen Fürstentum Guastalla im 18. Jahrhundert ab. Der Prinz Hettore Gonzaga findet Gefallen an der bürgerlichen Emilia Galotti und möchte sie um jeden Preis für sich gewinnen. Das führt zunächst zu dem Tod des Verlobten von Emilia, Graf Appiani, und einer Entführung Emilias auf das Lustschloss des Prinzen. Dort sieht Emilia keinen anderen Ausweg mehr, der Verführung durch den Prinzen zu entgehen, als zu sterben.

Vorbereitend auf genau diese Stelle setzt die zu untersuchende Szene ein. Der Vater von Emilia, Odoardo Galotti, der zuvor von der ehemaligen Geliebten des Prinzen, von dessen intriganten Machenschaften erfahren hatte, führt einen Dialog mit seiner Tochter im Lustschloss des Prinzen. Bis zu einem Verhör bezüglich des Todes ihres Verlobten, von dem sie bisher nur ahnt, soll Emilia von ihren Eltern getrennt werden. In der vorliegenden Szene versucht Odoardo Galotti daher, seine Tochter Emilia über die Geschehnisse und deren Folgen aufzuklären.

Eingeleitet wird die Szene dadurch, dass Emilia ihren Vater erstmals nach der Entführung wiedersieht und ihn mit rhetorischen Fragen begrüßt. Die Frage „Wie? Sie hier, mein Vater?“ (S. 83, Z. 27) zeigt, dass sie nicht mit ihm gerechnet hatte. Sogleich wundert sie sich aber auch, dass ihre Mutter und der Graf nicht dabei sind. Dies verdeutlicht sehr stark, wie besorgt sie um die beiden ist und die Ungewissheit an ihr nagt, vor allem weil ihr Vater ihr so „unruhig“ (S. 83, Z. 30) begegnet. Sie selbst scheint aber dennoch sehr gefasst zu bleiben, wie die Gegenfrage des Vaters „Und du so ruhig, meine Tochter?“ (S. 83, Z. 30) deutlich macht.

Ihre Antwort erfolgt erneut mit einer rhetorischen Frage, „Warum nicht, mein Vater?“ (S. 84, Z. 1). Sie sieht keine Notwendigkeit, unruhig zu sein, weil es ihr auch nichts bringen würde. Mit der Antithese, dass „nichts“ oder „alles“ verloren sei (S. 84, Z. 1 f.), zeigt sie zwei Extrema auf, die für Spannung sorgen, denn es gibt kein Endergebnis dazwischen. Es gibt sehr viel zu verlieren, wenn es gleich „alles“ ist, wodurch die Fallhöhe der Figur Emilia steigt. Bei der nachfolgenden Verwendung des Parallelismus „ruhig sein können, und ruhig sein müssen“ (S. 84, Z. 2 f.) deutet der ähnliche Satzbau darauf hin, dass es letztendlich, unabhängig davon, was geschehen ist, sinnvoll ist, ruhig zu bleiben. Im Weiteren tastet sich Odoardo langsam heran, wie viel Emilia schon über die Vorkommnisse weiß, indem er fragt, was sie meine, was der Fall sei (vgl. S. 84, Z. 4). Emilias Äußerung, dass alles verloren sei, deutet an, dass sie den Tod des Grafen schon vermutet. Ihre Feststellung, dass sie ruhig sein müsse (vgl. S. 84, Z. 5 f.), veranschaulicht sehr stark den aufklärerischen Hintergrund, vor dem Lessing das Trauerspiel geschrieben hat. Trotz ihrer Hoffnungslosigkeit, in der sie sich wegen des Prinzen befindet, will sie ihre Vernunft nutzen, denn die bringt ihr mehr, als sich aufzuregen. Odoardo hakt weiter nach, spricht den Tod des Grafen aber als Frage an (vgl. S. 84, Z. 11), ohne ihr so direkt davon mitzuteilen. In ihrer Antwort bestätigt sich nun, dass sie es schon geahnt hat. Sie habe es „in dem nassen und wilden Auge [ihrer] Mutter“ gesehen (S. 84, Z. 14 f.). Die sofort folgende Frage nach dem Verbleib der Mutter macht deutlich, wie sehr sie sich um sie sorgt und dass sie ihr somit wohl sehr nahesteht.

Bis hierhin wurden so gut wie alle Aussagen im Dialog als Fragen formuliert. Begründen lässt sich das damit, dass Odoardo sich erst einmal langsam herantasten wollte, wie viel Emilia schon weiß, um ihr den Tod des Grafen schonend beizubringen. Emilias Fragen zeigen ihre Ungewissheit und sie sucht immer wieder die Bestätigung ihres Vaters bei ihren Aussagen. Ab hier beginnt sie jedoch, selbst Entscheidungen treffen, und die Situation kontrollieren zu wollen.

Emilia spricht die Vorfälle nicht direkt an, sondern sagt nur, dass „[der Graf] ‚darum‘ tot ist“ (S. 84, Z.19), wohl weil sie die Situation für erschreckend hält. Von ihrer Angst vor dem Prinzen getrieben, möchte sie daher so schnell wie möglich mit ihrem Vater aus dem Schloss fliehen (vgl. S. 84, Z. 20). Die Antwort Odoardos „du bleibst in den Händen deines Räubers“ (S. 84, Z. 22) betont die Ausweglosigkeit der Situation und übt gleichzeitig Kritik am Prinzen und allgemein dem Adel, der zu mächtig ist und dessen willkürlicher Herrschaft man nicht entkommen kann. Emilias Wiederholung der rhetorischen Frage „Ich allein in seinen Händen?“ verdeutlicht ihre Ratlosigkeit. Da der zuvor verwendete Begriff „bleibe“ (S. 84, Z. 23) in der schon einmal gestellten Frage zu „allein“ (S. 84, Z. 25 und Z. 26 f.) geändert wurde, wird erneut herausgestellt, dass es für Emilia keinen Ausweg und keine Möglichkeit auf Hilfe gibt, was die Lage noch hoffnungsloser wirken lässt. Mit der Anapher „ohne deine Mutter; ohne mich“ (S. 84, Z. 24) wird nochmals verstärkt, wie verloren sie ist.

Dann beginnt aber mit dem Ausspruch „Gut, lassen Sie mich nur; lassen Sie mich nur“ (S. 84, Z. 27 f.) Emilias erstmalige Selbstbestimmung und Auflehnung gegen ihren autoritären Vater. Diese Wiederholung klingt etwas trotzig, auch durch die vorherige Bemerkung „oder Sie sind nicht mein Vater“ (S. 84, Z. 26). Zudem lässt der Kommentar „Ich will doch sehn, […] wer der Mensch ist, der einen Menschen zwingen kann“ (S. 84, Z. 28 ff.) wieder einmal Elemente der Aufklärung hervorscheinen, denn das Bürgertum ist sich der Zwänge durch den Adel bewusst geworden.

Im weiteren Verlauf der Szene bemerkt Odoardo den Umschwung von Emilias Einstellung und nimmt wahr, dass sie aufgebracht ist und sich nicht zu etwas zwingen lassen will. Sie ereifert sich weiter mit den rhetorischen Fragen „Leiden, was man nicht sollte? Dulden, was man nicht dürfte?“ (S. 84, Z. 33 f.). Damit möchte sie sich bewusst gegen die oben genannten Zwänge des Adels wehren und nicht unmündig bleiben, wie es wäre, wenn sie „die Hände in den Schoß legen“ würde (S. 84, Z. 33). Stattdessen möchte sie sich mit Verstand daraus befreien. An dieser Stelle lässt sich deutlich eine Entwicklung ihres Charakters vernehmen. Hat sie sich in Aufzug drei, Auftritt fünf noch dem Prinzen unterworfen, so ist sie jetzt zu einer selbstbestimmten und auf gewisse Weise aufklärerischen Frau geworden.

Odoardos wiederholter Ausruf „Lass dich umarmen, meine Tochter!“ (S, 84, Z. 35f und S. 85, Z. 3 f.) macht einerseits deutlich, wie stolz er als Vater auf die Denkweise seiner Tochter ist, aber andererseits auch, wie erleichtert er ist, dass sie sich gegen den Prinzen wehren will. Er steht der Intrige des Prinzen sehr verachtend gegenüber, wie die Bezeichnung als „höllische[s] Gaukelspiel“ (S. 85, Z. 5 f.) zeigt. Damit unterstellt er dem Adel indirekt, wie hinterhältig und fern von Gott und Religion dieser ist, im Gegensatz zu dem durch Moral geprägten Bürgertum.

Emilias mehrmalige Wiederholung des Wortes „will“ bzw. „Willen“ (S. 85, Z. 8 f.) in Bezug darauf, dass der Prinz über sie bestimmen und sie zu sich holen möchte, weist darauf hin, wie willkürlich, nach eigenem Verlangen und ohne Rücksicht auf andere der Adel handelt. Ihr folgender Ausruf „Als ob wir, wir keinen Willen hätten, mein Vater!“ (S. 85, Z. 9 f.) stellt abermals ein bedeutsames Motiv der Aufklärung heraus: Das Bürgertum soll sich aus seiner Unmündigkeit befreien und eigenständig handeln. Das wiederholte „Wir“ in dem Satz, ein Geminatio, verleiht der Aussage Nachdruck und betont, dass das „Wir“, also Emilia und Odoardo, die für das Bürgertum stehen, sich nun entschlossen gegen den Adel auflehnt.

Fortführend zeigt Emilias Vater, wie wütend er auf den Prinzen und Marinelli war, da er sie beide mit dem Dolch erstechen wollte (vgl. S. 85, Z. 12 f.). Mit der Erwähnung ebendieses Dolches jedoch nimmt der Dialog eine gefährliche Wendung. Emilia schlägt vor, ihr den Dolch zu geben, damit sie sich selbst damit umbringen kann (vgl. S. 85, Z. 16). Als Begründung erwähnt sie, dass ihr Leben alles sei, was die „Lasterhaften“ (S. 85, Z. 15) hätten. Das bedeutet, dass mit einem Selbstmord Emilias der Prinz das Ziel seiner Intrigen verlieren würde. Daher würde Emilia ihn mit ihrem Tod bestrafen und sich so trotzdem, ohne aktive Handlung, indirekt gegen den Adel und seine Macht auflehnen. Ab dieser Stelle des Gespräches hat Emilia den größten Redeanteil und versucht stets, ihren Vater von der Notwendigkeit ihres Todes zu überzeugen, währen Odoardo verzweifelt versucht, sie umzustimmen, dabei aber immer wieder von ihr unterbrochen wird.

Zunächst will er sie beschwichtigen, mit der Begründung, dass auch sie nur „ein Leben zu verlieren“ habe (S. 85, Z. 20 f.), das sie auf Spiel setzen würde. Sie macht ihm jedoch klar, dass sie auch nur „eine Unschuld“ (S. 85, Z. 22) zu verlieren habe, würde sie nicht sterben. Das zeigt auf, dass die Tugendhaftigkeit für sie von hoher Bedeutung ist und sie mit dieser Aussage auch an die Moral ihres Vaters appelliert.

Des Weiteren scheint sie sehr stark unter der Verführung, der sie ausgesetzt ist, zu leiden, wie der Ausspruch „Verführung ist die wahre Gewalt“ (S. 85, Z. 26) andeutet. Sie kann sich nicht dagegen wehren und könnte nicht garantieren, ihre Ehre zu behalten, denn sie „steh[t] für nichts“ (S. 85, Z.28). Daher wird an dieser Stelle wieder deutlich, dass ihr Tod den einzigen Ausweg darstellt, wenn sie ihrer Erziehung und den Tugenden gerecht werden will. Auch die Personifikation des Dolches „ein unbekannter Freund, ist auch ein Freund“ (S. 86, Z. 2 f.) zeigt, wie ihr der Tod als einzige Rettung aus dieser ausweglosen Situation erscheint. Auf einen Freund kann man sich verlassen und er würde einem aus der Not helfen, so wie es für sie der Dolch machen würde.

In ihrer Verzweiflung fleht Emilia ihren Vater an „Geben Sie mir ihn, mein Vater, geben sie mir ihn“ (S. 86, Z. 3 f.), woraufhin er ihr den Dolch zwar gibt, aber sogleich wieder entreißt (S. 86, Z. 6 f.). Das deutet darauf hin, dass er nicht will, dass seine Tochter stirbt und er zweifelt, ob es der richtige Weg ist, dass sie sich umbringt. Ihm scheint sie trotz des oft strengen Umgangs mit ihr also sehr wichtig zu sein.

Die Situation spitzt sich zu, als Emilia sich in ihrer Entschlossenheit mit einer Haarnadel erstechen möchte. Stattdessen findet sie aber eine Rose in ihrem Haar (S. 86, Z. 10 ff.). Diese entfernt sie aber unter dem Ausspruch „Du gehörest nicht in das Haar einer, - wie mein Vater will, dass ich werden soll“ (S. 86, Z. 13 f.). Dies weist darauf hin, dass einiges in ihrem Leben und von ihren Eigenschaften durch ihren Vater geprägt wurde und sie sich auch jetzt seinem Willen beugen muss. Emilia kann sich noch nicht von ihrem Vater loslösen und noch nicht ganz für sich selbst bestimmend.

Zudem wird die Rose als Symbol der Unschuld aus ihrem Haar entfernt, da ihr Vater sie nicht sterben lassen möchte, und sie dadurch mit großer Wahrscheinlichkeit diese Unschuld verlieren würde. Auch dem Zerpflücken der Rose (vgl. S.86, Z. 18) kann eine
symbolische Bedeutung beigemessen werden. Im übertragenen Sinne wird die Unschuld sozusagen zerstört, denn durch Emilias Weiterleben würde diese auch verloren gehen, weil Emilia sich gegen die Verführung nicht würde wehren können. Hier stehen ganz eindeutig ihre Erziehung und ihre Verführbarkeit im Konflikt miteinander und führen zu einer ausweglosen Situation. Emilia kann ihre Tugendhaftigkeit und Unschuld durch ihren Tod retten oder wäre stattdessen einem Leben in Schande und der Gefahr der Verführung ausgesetzt.

Daher beginnt sie, ihren Vater leicht zu manipulieren und erzählt von einem Vater, der einst seine Tochter umgebracht hat, um ihre Ehre zu erhalten (vgl. S. 86, Z. 19 ff.). Mit dem Kommentar, dass es solche Väter aber nicht mehr gebe, erreicht sie, dass ihr Vater auf diese Stichelei anspringt. Er will genauso ehrenhaft sein und beweisen, dass er noch ein solcher Vater ist. Daher ersticht er sie (vgl. S. 86, Z. 24 f.), ruft jedoch gleich darauf „Gott, was hab ich getan!“ aus (S. 86, Z. 25) und zeigt damit sogleich Erschrecken und auch Reue über seine Handlung.

Am Ende der Szene erfolgt eine erneute Verwendung der Rose als Symbol der Unschuld: „Eine Rose gebrochen, ehe der Sturm sie entblättert.“ (S. 86, Z. 27). Emilias Unschuld wurde demnach durch das Brechen, also das Sterben, bewahrt und konnte nicht verloren gehen, also nicht durch das Verlieren der Blätter zerstört werden.

Emilia hat sich im Verlauf des Trauerspiels verändert und ist zu einer selbstbestimmteren Frau geworden, die sich, ganz im Sinne der Aufklärung, dem Adel und auch dem Wunsch ihres Vaters, dass sie nicht sterben soll, widersetzt hat. Dennoch endet der Dialog damit, dass sie im Sterben „Lassen Sie mich sie küssen, diese väterliche Hand“ (S.86, Z. 28) sagt. Das erweckt den Eindruck, dass sie sich bis zum Schluss nicht vollständig von ihrem Vater lösen konnte.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Moral und Tugendhaftigkeit der Bürger vorwiegend in dieser Szene, aber auch in dem gesamten Trauerspiel herausgestellt wird und in Konflikt mit den bürgerlichen Pflichten gegenüber dem Adel tritt, welcher wegen seiner Überordnung nicht bestraft werden kann. Das führt zu dem tragischen Ende des Trauerspiels mit Emilias Tod als einzigem Ausweg.

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