Kaleko, Mascha - Das graue Haar (Interpretation)

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Mascha Kaléko, Interpretation, Analyse, Referat, Hausaufgabe, Kaleko, Mascha - Das graue Haar (Interpretation)
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Referat

Interpretation „Das graue Haar“ – Mascha Kaleko

Das Gedicht „Das graue Haar“ von Mascha Kaleko, erschienen im Jahre 1945, behandelt das Thema der Vergänglichkeit.

Das Gedicht besteht aus vier Strophen mit vier Versen und einer weiteren Strophe mit zwei Versen und ist konstant in einem fünfhebigen Jambus geschrieben. Das Reimschema verändert sich von Strophe zu Strophe. Die erste Strophe ist im Kreuzreim geschrieben, die zweite jedoch umarmend. Die dritte Strophe beginnt mit einem Paarreim, und bildet mit der vierten Strophe einen Kreuzreim. Abschließend wurde in der fünften Strophe wieder ein Paarreim verwendet.

In der ersten Strophe fällt dem lyrischen Ich ein graues Haar des Partners zu Füßen, welches sie darauf aufmerksam macht, dass die jungen und lebhaften Jahre vorbei sind. Die Personifikation in Vers 2 („Es sprach zu mir:“) zeigt, dass diese Erkenntnis für das lyrische Ich überraschend und in gewissem Maße erschreckend ist, was auch durch das Wort „welk“ im ersten Vers erkennbar wird. Dass die Jugend nun zu Ende ist, wird durch viele Naturmetaphern klar. Auch bildet in Vers drei der Mai, der im Jahr ein Monat der Blüte ist und hier die jugendlichen Jahre darstellt, mit dem Schnee, das Ende eines Kalenderjahres, was mit dem Tod assoziiert werden kann, eine Antithese. Dieses Stilmittel und die Benutzung von „düsteren“ Wörtern wie „dunkelt“ und „Nacht“ in Vers vier stellen das Älterwerden sehr negativ dar, und zeigen die Haltung des lyrischen Ichs im Hinblick auf das fortschreitende Alter.

Dies wird in Strophe zwei nochmals verstärkt zur Kenntnis gebracht. Erneut wurden viele Naturmetaphern verwendet, die hier jedoch neben dem Älterwerden und dem Tod an sich auch noch diverse Gebrechen auf dem Weg des Alterns verbildlichen. In Vers fünf wird erneut der Tod dargestellt („Bald wird der Sturmwind an die Scheiben klopfen“), und eine Antithese zwischen Vers sechs („der so voll Singen war“) und Vers sieben („hockt stumm […] eine Krähenschar“) zeigt, dass der Lebensabschnitt der Jugend und das junge Erwachsenenalter endgültig vorbei sind. Auch wird dadurch ein gewisses Bedauern und eine Sehnsucht klar, wodurch verdeutlicht wird, dass diese jungen Jahre voller Leben und Spaß nie wieder kommen werden. In dieser Strophe lassen sich erneut viele Worte finden, die mit Negativem und Schlechtem assoziiert werden können, wodurch eine sehr düstere und unheilvolle Stimmung geschaffen wird, welche auch die Angst des lyrischen Ichs vor dem Altern symbolisiert. Verstärkt wird dies durch eine dunkle Vokalreihe in Vers sieben.

Strophe drei beginnt mit einer erneuten Nennung des grauen Haars, wodurch das Gefühl entsteht, als würde man von den finsteren Gedanken weg und in die Realität zurückgezogen. In diesem Abschnitt des Gedichts erfährt der Leser zum ersten Mal das Geschlecht des lyrischen Ichs, da es das Gegenüber mit „Liebster“ (V. 11) anspricht, woraus sich schließen lässt, dass das lyrische Ich weiblich ist. Auch wird viel über die Beziehung verraten, welche als sehr harmonisch und gleichgestellt bezeichnet werden kann. Dies kann man zum einen dadurch erkennen, dass die Kommunikation der Partner ausschließlich über Blicke stattfindet, was eine Vertrautheit und innige Beziehung symbolisiert. Auch wird die Harmonie durch das Versmaß ausgedrückt, da weder ein Hebungsprall noch ein Senkungsprall vorliegt, sondern sich ohne Unregelmäßigkeiten durch das Gedicht zieht. Die Gleichgestelltheit der Partner in ihrer Beziehung wird dadurch verdeutlicht, da weder die männlichen noch die weiblichen Kadenzen überwiegen, sondern ein Gleichgewicht bilden. Im Gegensatz zu den vorhergegangenen Strophen jedoch ist diese Strophe nicht von dunklen Begriffen geprägt. Auch lässt sich hier der Wendepunkt des Gedichts erkennen. Denn das lyrische Ich entdeckt den Blick ihres Partners im Spiegel und sieht sein Lächeln, wodurch ihre fast schon panische Angst vor dem Älterwerden bzw. dem Sterben gemildert wird, da sie bestürzt und entsetzt das graue Haar betrachtet und sich ihre Gedanken gemacht hat und diese nun mit ihrem Ehemann teilen will, er jedoch, anstatt sie in ihrem Unmut zu bekräftigen, dieser Entdeckung mit einem Lächeln gegenübersteht. Er nimmt diese Erkenntnis im Gegensatz zu seiner Frau gelassen und sieht das Älterwerden nicht als einen Weg, den man meiden sollte oder den man verdrängen sollte, sondern sieht das ganze als eine Herausforderung, die es gemeinsam zu bestreiten gilt. Dieser Umschwung der Haltung des lyrischen Ichs spiegelt sich auch im Versmaß wider, da ab Vers 11 das Reimschema e-f sich als Kreuzreim durch die vorletzte Strophe zieht.

Ob seine Lebensgefährtin diese Zeit mit ihm durchstehen will, wird in der nächsten Strophe behandelt. Erneut findet die Kommunikation ausschließlich über Blicke statt, und er fragt seine Frau, ob sie ihm in diesem Abschnitt beiseite steht. Die Bezeichnung ihrer als „Nachtigall“ in Vers 14 verdeutlicht, dass er sie nach wie vor liebt, und diese Beziehung weiterführen will, da sie für ihn trotz seines Alters die Frau seines Lebens darstellt. Auch zeugt die Strophe etwas von Angst vonseiten des Ehemanns, der sich davor fürchtet, dass die junge und immer noch schöne „Nachtigall“ ihn aufgrund seiner Alterserscheinungen verlässt. Und wegen dieser Bestätigung der anhaltenden, innigen Liebe nimmt seine Ehepartnerin ihre Ängste und Sorgen in Kauf, um auch die schweren Jahre mit ihrem Liebsten zu verbringen. Dass dieser Beschluss nicht auf die Schnelle und leichtfertig gefasst wurde, verdeutlicht Vers 16, der wie eine Herausforderung zu verstehen ist. Durch die Wiederholung („kommt, […] kommt!“, V.16) stellt sich das Paar den Problemen und fordert diese heraus. Dass sich die beiden Gefährten gemeinsam und als Einheit den kommenden Gebrechen stellt, wird durch die Antithese „allein“ (V. 14) und „zwein“ (V. 16) und durch das Reimschema bekräftigt. Der Kreuzreim drückt durch seinen verschränkten Aufbau eine Einigkeit aus, die so auch in der Beziehung zu finden ist.

Die letzte Strophe bestätigt dies erneut, und durch einen Kuss als Siegel sind sich das lyrische Ich und ihr Mann dem Beistand des anderen sicher.

Das Gedicht, das der Epoche der Neuen Sachlichkeit zugeordnet werden kann, ist trotz seines Veröffentlichungsdatums heute noch aktuell, da nur wenige Paare es in der heutigen Zeit schaffen, diese Zeit zusammen durchzustehen.

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