Hahn, Ulla - Mit Haut und Haar (Interpretation)

Schlagwörter:
Ulla Hahn, Gedichtinterpretation, Analyse, lyrisches Ich, Liebe, Beziehung, Referat, Hausaufgabe, Hahn, Ulla - Mit Haut und Haar (Interpretation)
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Referat

Ulla Hahn - Mit Haut und Haar (1981)

Ulla Hahn wurde am 30. April 1945 in Brachthausen (heute Kirchhundem im Sauerland) geboren. Sie ist eine deutsche Schriftstellerin und gilt als eine der wichtigsten Lyrikerinnen der Gegenwart.

Ulla Hahn ist in einem Dorf bei Köln aufgewachsen. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Industriekauffrau und schloss die Sekundarschule mit dem Besuch der Abendschule ab. Ihr Universitätsstudium umfasste Literatur, Geschichte und Soziologie und sie promovierte in Germanistik. Hahn lehrte an den Universitäten Hamburg, Bremen und Oldenburg und war von 1978 bis 1991 Leiter der Literaturabteilung von Radio Bremen.

Hahn hat zahlreiche Gedichte geschrieben, darunter ihr erster, "Herz über Kopf" (1981) und ihr jüngster, "Epikurs Garten" (1995). Sie ist außerdem Trägerin mehrerer Literaturpreise: Der Holderlin-Preis, die Roswitha von Ganderscheim-Medaille und die Gastvorlesung für Poesie an der Universität Heidelberg. Hahn lebt in Hamburg.

Interpretation / Analyse des Gedichtes "Mit Haut und Haar"

In dem Gedicht „Mit Haut und Haar“ welches Ulla Hahn im Jahr 1981 verfasst hat, geht es um einen anfangs Geliebten, der das Lyrische Ich jedoch festhält, so dass es kein eigenes Leben mehr hat. Er will sie nur für sich haben. Das Geschlecht des lyrischen Ichs, ebenso wie das des Partners wird nicht genannt. Jedoch kann man vermuten, dass das lyrische Ich eine Frau und der Partner ein Mann ist, da das Gedicht ebenfalls von einer Frau geschrieben wurde.

Das Gedicht besteht aus 4 Strophen. Die erste, zweite und dritte Strophe bestehen je aus vier Versen. Die letzte Strophe aus zwei Versen. Das Reimschema ist in der ersten Strophe ein Kreuzreim, in der zweiten Strophe ein Umfassender Reim, in der dritten Strophe wider ein Kreuzreim, und in der vierten und letzten Strophe ein Paarreim, (abab, cddc, efef, gg). Das Metrum des Gedichtes ist ein Jambus, wobei immer der erste und dritte Vers weiblich endet, und der zweite und vierte männlich.
In der ersten Strophe geht es um die Liebe, die das Lyrische Ich zu dem Geliebten empfindet, dass sie ihn verehrt, ihn glücklich gemacht hat. In der zweiten Strophe geht es darum, dass der Geliebte sie nur für sich haben will, sie auslaugt und über sie bestimmt. In der dritten Strophe geht es darum, dass sie anfangs noch Erinnerungen an das schöne Leben vorher hatte, jedoch hat der Geliebte sie schon fest in der Hand, als sie die Tatsache bemerkt, dass er über sie bestimmt. In der vierten Strophe wird das Lyrische Ich befreit, allerdings durch eine überraschende Trennung, die nicht vom lyrischen Ich ausgeht.

In dem Gedicht geht es um den Verlust der eigenen Persönlichkeit in einer Liebesbeziehung. Das lyrische Ich holte seinen Partner als erstes „aus der Senke [s]einer Jahre“, womit entweder eine schwierige Lebensphase oder das Alter gemeint sein könnte. Dies geschieht durch die jugendliche Energie. Es zeigte seinem Partner die schönen Seiten des Lebens, kümmert sich um ihn und schwört ihm, aber auch sich selbst, ewige Treue. In der zweiten Strophe gibt es eine Wendung, denn nun übernimmt der Partner die Kontrolle über das lyrische Ich und hat großen Einfluss, der zu einer Veränderung des lyrischen Ichs führt, sodass es sich selbst nicht mehr treu ist. Anfangs will es sich sich selbst noch wiederfinden und die Änderung rückgängig machen, doch der Partner verhindert dies mit seiner übermächtigen Kontrolle.Als das lyrische Ich sich dann völlig auf seinen Partner eingelassen hat und die Veränderung abgeschlossen ist, lässt er dieses im Stich. Man kann Vermuten, dass er die Beziehung überraschend beendet.

Das Gedicht besteht aus 3 Quartetten und einem Paarreim, wobei das erste und dritte Quartett Kreuzreime mit 5-hebigen Jamben sind, das mittlere jedoch aus einem umarmenden Reim besteht. Dies kann darauf hindeuten, dass die beiden Personen am Anfang noch zueinander finden müssen und sich gerade aneinander binden, sich kreuzen. Dann aber umschlingt der eine Partner den anderen und beansprucht ihn völlig für sich, daher der umarmende Reim. Der letzte Kreuzreim kann darauf hindeuten, dass das lyrische Ich erkannt hat, dass sein Partner ihm nicht gut tut und es sich gegen ihn stellen will, aus seiner Umarmung entfliehen. Das Gedicht ist von Enjambements, teilweise sogar von einer Strophe zu der nächsten, durchzogen, was auf die fließende Entwicklung des lyrischen Ichs schließen lässt.

Das lyrische Ich spricht seinen Partner die ganze Zeit über direkt an, wobei dieser aber nicht antwortet, es also ein Monolog ist. Das Gedicht ist im Präteritum geschrieben, vielleicht deshalb, weil das lyrische Ich im Nachhinein einen klareren Blick auf die Beziehung hat und somit schon in den ersten Strophen einen Misstand andeuten kann. Im Laufe des Gedichtes kann man eine Entwicklung erkennen, denn zuerst hat das lyrische Ich die Kontrolle über die Beziehung, bis der Partner es zu seinem Spielzeug macht und es ihm machtlos ausgesetzt ist. Die Metapher „Senke deiner Jahre“ (V.1) kann man auf mehrere Weisen deuten: Eine Möglichkeit wäre, dass der Partner aus materieller Not befreit wird, eine andere, dass dieser schon älter ist und das lyrische Ich ihm zu neuer Lebenslust verhilft. Zu der zweiten Variante passt, dass das lyrische Ich ihn in seinen „Sommer“ (V.2) eintaucht, denn oft werden die Phasen des Lebens mit den vier Jahreszeiten verglichen. Außerdem steht der Sommer für ein blühendes Leben, Wärme und viele andere positive Eigenschaften. In Vers 3 findet sich eine Alliteration: „Hand und Haut und Haare“, womit deutlich wird, dass der ganze Körper gemeint ist, es ist umfassend. Man verbindet das Lecken dieser Körperregionen auch einerseits bei Tieren mit mütterlicher Fürsorge und Liebe, andererseits aber vielleicht auch mit Unterwürfigkeit. Dies zeigt, dass das lyrische Ich schon am Anfang seinen Partner sehr umsorgt und sich liebevoll und ergeben um ihn kümmert. Am Ende der ersten Strophe schwört das lyrische Ich dem Partner, aber auch sich selbst die ewige Treue, doch schon am Anfang der zweiten Strophe wird deutlich, dass es sich nicht mehr selbst gehört, sondern nur noch seinem Partner. Hierfür steht auch die Metapher, dass der Partner ihm sein Zeichen brannte (vgl. V.5), wie es sonst Landwirte mit ihrem Nutzvieh machen, das ihr Eigentum ist. Jedoch empfindet das lyrische Ich dies anfangs nicht als schmerzhaft oder schlimm, was das Oxymoron „sanfte[s] Feuer“ in Vers 6 verdeutlicht. Das „dünne Fell“ im gleichen Vers steht vielleicht für die Willensschwäche, Machtlosigkeit und auch Schutzlosigkeit dieser Person. Doch ab Vers 7 wird deutlich, dass das lyrische Ich sich selbst verliert und sich zu sehr für seinen Partner verändert (oder sich von ihm verändern lässt). In der dritten Strophe wiederholt sich das Motiv des Schwurs, denn das lyrische Ich merkt, dass es damit seinen Schwur gebrochen hat, sich selbst treu zu bleiben. Aus diesem Grund verspürt es das innere Bedürfnis, sich gegen die Macht des Partners zu wehren, jedoch hat dieser es schon ganz im Griff und „in [s]einem Innern […] verborgen“ (V.11&12). Der Partner hindert das lyrische Ich also daran, sich selbst wiederzufinden. Als Folge daraus lässt sich das lyrische Ich völlig auf seinen Partner ein und geht in ihm auf (vgl. V.13), vielleicht um dadurch Schutz bei ihm zu suchen und sich geborgen zu fühlen, was auf eine Abhängigkeit hinweist. An diesem Punkt folgt überraschenderweise das Ende der Beziehung, indem der Partner das lyrische Ich mit Haut und Haar ausspuckt (vgl. V.14). Dies wirkt sehr abwertend und fast wie eine Katze, die ein Fellknäuel ausspuckt. Außerdem gibt es einen Wiederaufgriff des Motivs „Haut und Haar“, das auch hier für das Ganze, Umfassende steht, mit der das lyrische Ich vom Partner verstoßen wird. Außerdem macht es deutlich, wie seht er dieses ausgenutzt hat: Anfangs noch lässt der Partner sich mit „Haut und Haar“ (V.3) umsorgen, am Schluss lässt er das lyrische Ich mit „Haut und Haar“ fallen.

In diesem Gedicht erscheint die Liebesbeziehung wie ein Abhängigkeitsverhältnis, wobei es einen Wechsel der Abhängigkeiten gibt: Zuerst ist der Partner abhängig vom lyrischen Ich, dass ihn rettet, hegt und pflegt. Als der Partner erstarkt ist, wendet sich die Beziehung und er macht das lyrische Ich von sich abhängig.

In dem Gedicht „Mit Haut und Haaren“ wird deutlich ausgedrückt, dass eine Liebesbeziehung nicht auf Dauer halten kann, wenn ein Partner sich zu sehr für den anderen verändert oder sich von diesem verändern lässt. Im Gedicht versucht das lyrische Ich die Beziehung dadurch aufrecht zu erhalten, indem es alles für seinen Partner tut und sich völlig für ihn aufgibt. Dadurch wird es auch von ihm abhängig. Am Ende jedoch trennt sich der Partner trotz dessen vom lyrischen Ich, wobei dieses sich nach der Trennung wahrscheinlich sehr unsicher fühlt, da es, wie schon erwähnt, vorher vom Partner abhängig war. Das kann man daran erkennen, dass das lyrische Ich vor dem Ende der Beziehung „in [s]einem Innern vor [sich] verborgen“ war, danach plötzlich wieder außerhalb des Partners und damit ungeschützt und sozusagen wieder in einer völlig anderen Welt.

Das lyrische Ich tut alles für seinen Partner und scheitert am Ende dennoch. Somit richtet das Gedicht den Appell an den Leser und warnt ihn davor, sich und seine Persönlichkeit in einer Beziehung aufzugeben, da dies nicht glücklich enden kann.

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