Aichinger, Ilse - Das Fenster-Theater

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Ilse Aichinger, Analyse, Interpretation, Stilmittel, Charakterisierung, Referat, Hausaufgabe, Aichinger, Ilse - Das Fenster-Theater
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Referat

Ilse Aichinger - Das Fenster-Theater

Die Kurzgeschichte Das Fenster-Theater von Ilse Aichinger aus dem Jahre 1949 erschien im Jahre 1953 in der Sammlung Der Gefesselte. Erzählungen. Sie schildert eine einsame und von Sensationslust bestimmte Frau, die in einem Fenster gegenüber ihrer Wohnung einen alten Mann beobachtet, der aus ihrer Sicht durch lustige Gesten und kleine Vorführungen mit ihr Kontakt aufzunehmen versucht. Nach anfänglichem Interesse ändert sie plötzlich ihre Haltung und ruft die Polizei. Als sie mit den Beamten in die Wohnung des Alten eindringt, stellt sie fest, dass die „Theateraufführung“ einem kleinen Jungen gegolten hat, der mit seinen Eltern in die vermeintlich leere Wohnung über ihr eingezogen ist.

Die Kurzgeschichte Das Fenster-Theater von Ilse Aichinger wurde aus der Sicht eines auktorialen Erzählers verfaßt und handelt von einer neugierigen Frau, die aufgrund eines Mißverständnisses die Polizei alarmiert. In der Einleitung wird beschrieben wie eine neugierige Frau aus dem Fenster schaut und nach Sensationen Ausschau hält. Plötzlich bemerkt sie im gegenüberliegenden Haus einen alten Mann, der merkwürdige Gesten und Gebärden macht. Dieses Theater wird dann im Hauptteil der Geschichte näher beschrieben. Die Frau denkt er will damit ihre Aufmerksamkeit erringen. Zu Anfang amüsiert sie das, doch als sie dann nur noch die Beine des Mannes über dem Fenstersims sieht, ist für sie der Spaß vorbei. An dieser Stelle ist dann der Höhepunkt der Geschichte, denn als sie sein Gesicht dann wieder sieht, verständigt sie die Polizei. Kurz danach hört sie auch schon die Sirene des Polizeiwagens und stürmt auf die Straße hinunter.
Die Polizeibeamte brechen die Wohnung des alten Mannes auf und schleichen sich in das Zimmer, in dem er sich befindet. Die neugierige Frau, die den Beamten gefolgt ist, schaut im Zimmer des alten Mannes aus dem Fenster. Jetzt ist der plötzliche Wendepunkt der Geschichte, denn sie bemerkt, daß in die Wohnung über ihr, von der sie dachte, sie steht leer, eine neue Partei eingezogen ist. In dieser Wohnung steht ein kleiner Junge, der vor Jubel kräht und dem alten Mann winkt. Ihr wird klar, daß das ganze Theater einzig und allein dem alten Mann galt.

Gliederung / Inhalt

Analyse

4 inhaltlich eng verknüpfte Sinnabschnitte

  1. Abschnitt (Z: 1-19): handelnde Charaktere werden skizziert; grundsätzliche Verschiedenheut der Personen.
  2. Abschnitt (Z. 20-51): offensichtlich erfolglos verlaufende Kommunikation zwischen den Akteuren, die Aktion, die dann durch die Reaktion der Frau, als sie die Polizei alarmiert, beendet dies scheinbar.
  3. Abschnitt (Z.52-99): höchster Spannungspunkt als sie in die Wohnung des Mannes eintreten
  4. Abschnitt (Z.100-113): "banale Auflösung"; verdeutlicht vorangegangenen Text.

Besonderheiten

  • Einfache Wortwahl, Text enthält kaum Fachbegriffe
  • Parataxen und wenige Hypotaxen (garantieren flüssiges Lesen und lassen Zusammenhänge klarer werden).
  • Anschaulicher und lebendiger Stil, der Eintauchen in Geschehen ermöglicht und auf leichte Verständlichkeit abzielt.
  • Anschauliche Verben und Adjektive (Z.9 "rauschte"; Z.56 "gedämpften" ; Z.66 "loszureißen" ; Z.108 "krähte"), um jeweilige Situation anschaulicher zu gestalten und verständlicher zu machen.

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Stilmittel

  • Titel-Metapher: Fenster-Theater
  • Repetition: In Z. 59-64
    "Der alte Mann lachte jetzt, sodass sich sein Gesicht in tiefe Falten legte, streifte dann mit einer vagen Gebärde darüber, wurde ernst, schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen Hand zu halten und warf es dann hinüber." und in Z. 108- 11 "Er lachte, strich mit der Hand über das Gesicht, wurde ernst und schien das Lachen eine Sekunde lang in der hohlen Hand zu halten. Dann warf er es mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht.", gleichzeitig auch eine Personifikation, fungiert als Betonung der Gegensätze zwischen Mann und Frau bzw. Junge und Polizisten
  • Hyperbel: Z.89 "Als die Tür aufflog" bildet den Übergang zum letzten Abschnitt, verstärkt den Überraschungseffekt am Höhepunkt
  • Gegensatz/Symbolik: Licht und Dunkelheit → Das Anschalten des Lichts verdeutlicht seine Bereitschaft, mit seiner Umwelt, in diesem Fall mit dem Kind, in Kontakt zu treten. Das Kind hat wahrscheinlich nicht das Licht bei sich selbst eingeschaltet, aber er geht ganz natürlich und unbefangen auf das Spiel ein und verbirgt sich nicht. Anders als die Frau: Sie glaubt zwar, dass die Bewegungen und Gesten ihr gelten, doch selbst tritt sie nicht in Erscheinung. Sie bleibt bis zuletzt im Dunkeln und tritt sogar mehrmals einen Schritt zurück, um nicht gesehen zu werden. In Zeile 99 sieht sie "ihr eigenes finsteres Fenster", was bedeutet, dass bei ihr das Licht ausgeschaltet war. Diese Dunkelheit kann also hier als ein Symbol für Irrtum, Missverständnis und/oder Einsamkeit gesehen werden.
  • Vergleich: Z. 13-16 → "Licht [...] machte den merkwürdigen Eindruck, den aufflammende Straßenlaternen unter der Sonne machen"
  • Z. 40-41 → "wand den Schal wie einen Turban um seinen Kopf"

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Charakterisierung

Der Titel verrät schon einiges über die eigentliche Handlung. Theater kennt jeder: Zuschauer, in dieser Geschichte die Frau, sitzen auf ihren Plätzen und sehen Schauspieler, also dem alten Mann, bei ihrer Darstellung zu. Das Fenster spielt auch eine zentrale Rolle in dieser Geschichte, da es die Bühne und die Zuschauerplätze ersetzt.

Gleich zu Anfang, bekommt der Leser einen kurzen Einblick in das Leben der Protagonistin. Die Frau lebt isoliert in einem Hochhaus und hat kaum Abwechslung, da sie anscheint an ihrer Wohnung gebunden ist. Sie wirkt reserviert, verschlossen und unsicher. Sie wartet schon lange auf eine etwas Aufregendes und ist voller Spannungs- und Sensationsgier. (Sie ist eigentlich auch eine Art Voyeur, der die anderen Menschen und ihre Privatsphäre durchschauen will.) Zu diesem Schluss kommt man, weil sich die Frau vom Fenster abwenden will, doch sie dann sieht, dass ein Licht im anderen Haus eingeschalten wird. Nur dieses unbedeutende Licht, lässt sie am Fenster bleiben. Bei ihr ist das Licht ausgeschaltet (Symbol der Dunkelheit).

Den alten Mann könnte man als Gegenteil betrachten. Er ist zwar schwerhörig, doch trotzdem bereit zu Kommunikation (Gesten als Kontaktaufnahme: Lächeln, winken). Er wirkt freundlich, aktiv und phantasievoll, ebenso wie der kleine Junge in der Wohnung über der Protagonistin (Alte Mann und Junge: Symbol des Lichts).

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1. Beispiel einer Interpretation

Eine sensationsgierige und auf Abwechslung hoffende Frau. Sie sitzt am Fenster und bringt sich somit selbst in Verlegenheit, als sie die sonderbare Kommunikation eines alten Mannes missversteht.

Diese Kurzgeschichte lässt sich in drei Abschnitte teilen. Im ersten Abschnitt vom Anfang bis Zeile Neun wird von der Frau erzählt, ihr Charakter beschrieben, sowie ihre Handlungen wiedergegeben. Im zweiten Teil von Zeile Zehn bis 48 beschreibt Ilse Aichinger die Eigenschaften und Handlungen des Mannes. Im dritten und letzten Abschnitt liegt der Höhepunkt der Geschichte, nämlich die Auflösung, die Erkenntnis der Frau, dass sie sich geirrt hat und der Mann nicht sie meinte. Der Erzähler hierbei erzählt die Geschichte aus der Sicht der Frau. Durch die allgemeine Bezeichnung "die Frau", "der Mann" und "der Junge" wirken die Charaktere eher unpersönlich, vertreten daher aber gewisse Gruppen der Gesellschaft. Folglich steht die Frau für Sensationsgier ("Es hatte ihr noch niemand den Gefallen getan, vor ihrem Haus niedergefahren zu werden" Z. 4-5); Enttäuschung, daher, dass die Aufmerksamkeit des Mannes nicht ihr zugedacht war; sowie eine gewisse Isolation (weit weg vom Leben der Stadt).

Ilse Aichinger stellt ihr gegenüber den alten Mann als Gegensatz. Dieser Kontrast wird dadurch verstärkt, dass das Fenster der Frau als finster und das des Mannes als hell erleuchtet beschrieben wird. "Der Alte" hingegen verdeutlicht daher Lebensfreude, durch das Theaterspiel, Phantasie, durch seine Gesten, Gebären und die Verkleidung; und Aktivität.

Der alte Mann besitzt eine positive Lebenseinstellung. Diese wird wiedergespiegelt durch z.B. den bunten Schal (Z. 27) und seine phantasievollen Bewegungen. Er hat keine Schwierigkeiten mit anderen Menschen Kontakt aufzunehmen, obwohl er durch seine Schwerhörigkeit eine gewisse Behinderung hat. Die Frau ist ebenfalls an eine Kontaktaufnahme zu anderen Menschen interessiert, was man an ihrer Frage: "Meint er mich?" (Z. 15) erkennen kann. Jedoch kann sie nicht auf andere Menschen eingehen, was Mann daher sieht, dass sie das handeln des Mannes nicht versteht und sich deshalb davon bedroht fühlt und die Polizei alarmiert. an Beispielen wie z.B. ihrem "starren Blick" (Z. 3) oder der "Wohnung im vorletzten Stock" (Z. 6) zeigt sich die Einsamkeit und Langeweile der Frau.

In der Theateraufführung, in der der alte Mann als aktiver Darsteller, die Frau als passiver Zuschauer agiert, wird der Gegensatz der beiden Menschen deutlich. Das Fenster des Mannes und des Jungen wird zur Bühne des Lebens, das Fenster der Frau zum Zuschauerrang. Da sie jedoch nur das Fenster des Mannes sehen kann, bekommt die nur die Hälfte der "Bühne" mit, weshalb sie die Handlung und den Inhalt des Stückes nicht erkennen kann. Durch die Nutzung unterschiedlicher Theaterelemente, wie der Unterhaltung, der Verkleidung, Komik oder Artistik, wird die Bedeutung der Überschrift veranschaulicht.

Die Steigungskurve der Kurzgeschichte kann man an Hand des Satzbaus verfolgen. Zu Beginn der Erzählung verwendet die Autorin zunächst einfach konstruierte Sätze. Dort steht die Spannung auf dem Ausgangspunkt. Die sich erhöhende Spannung wird durch die steigende Anzahl von Satzgefügen verdeutlicht. Der umgekehrte Fall tritt ebenfalls nach der Pointe ein. Die Autorin lässt sowohl die Frau als auch den Leser bis zur Pointe über das seltsame Verhalten des Mannes im Unklaren.

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2. Beispiel einer Interpretation

Die Kurzgeschichte Das Fenster-Theater von Ilse Aichinger handelt von einer Frau, deren Neugier in einem großen Missverständnis endet.

Zu Beginn der Kurzgeschichte wird der Leser direkt in das Geschehen eingeblendet, was ein typisches Merkmal für eine Kurzgeschichte ist. Die Autorin beschreibt kurz den tristen Alltag einer Frau, deren Namen man nicht erfährt, die jedoch eine der Hauptpersonen der Handlung ist. Diese Frau weiß - vermutlich aus Langeweile - nichts anderes zu tun als am Fenster ihrer Wohnung zu stehen um das Geschehen auf der Straße zu beobachten. Sie wartet förmlich drauf, dass ein Unfall vor ihrem Haus geschieht oder sonst irgend etwas aufregendes. Daraus lässt sich schließen, dass wohl ihr Leben nicht sehr abwechslungsreich ist und ihr ganzer Lebensinhalt sich darauf beschränkt andere Leute zu beobachten.

Als sie wieder mal am Fenster steht, draußen nichts sehenswertes passiert und sie sich gerade abwenden will, bemerkt sie, dass in der auf ihrer Höhe liegenden Wohnung auf der anderen Straßenseite das Licht eingeschaltet wird, obwohl es noch helllichter Tag war. Also bleibt sie stehen, um zu sehen ob irgend etwas besonderes geschehen würde. Und tatsächlich öffnet ihr Gegenüber das Fenster und nickt herüber. Die Frau ist darüber sehr erstaunt und man vermutet, dass sie wohl nicht gerade viel Kontakt mit dem alten Herr gegenüber hat. Um so mehr ist es verwunderlich, dass dieser Mann sie plötzlich grüßt, denn die Wohnung über ihr glaubt sie leerstehend zu wissen und die Werkstatt unter ihr hat bereits geschlossen.

Als ihr Gegenüber sich an die Stirn greift, um einen Hut zu ziehen, obwohl er keinen auf hat, er in die Wohnung geht und mit Hut und Mantel zurückkehrt, um sie so zu begrüßen, ist die Frau äußerst irritiert. Dann beginnt der Mann mit einem weißen Tuch und später mit einem Schal zu winken, setzt seinen Hut ab, wickelt den Schal als Turban um seinen Kopf und verneigt sich lächelnd und mit gekreuzten Armen vor ihr. Immer eingeschüchterter und irritierter weicht die Frau vom Fenster zurück, beobachtet trotzdem die Nachbarwohnung.

Obwohl der Mann sie nicht mehr richtig sehen könnte, da sie immer weiter in ihre Wohnung zurückweicht, lässt er sich in seiner Tat nicht beirren. Er stellt sich sogar auf den Kopf, wobei man seine dünnen, geflickten Samthosen sehen kann. Mit hochroten Kopf aber lächelnd taucht er am Fenster wieder auf. Die Frau, total schockiert über das Benehmen des alten Mannes, ruft aufgeregt die Polizei an. Sie hält ihn wahrscheinlich für verrückt und verlangt von der Polizei, dem Treiben am Fenster gegenüber ein Ende zu setzen.

Während der alte Mann weiterhin seine Spielchen am Fenster treibt, lauscht die Frau auf die Sirenen des Polizeiwagens und als dieser endlich erscheint, eilt sie zum Nachbarhaus hinüber um der Polizei die Situation näher zu schildern, da sie vermutet, dass ihre Erklärung am Telefon wohl etwas zu wirr geklungen haben musste. Natürlich sind viele Leute von der Sirene des Polizeiwagens angelockt worden und drängen sich um den Eingang des Hauses. Die Sensationsneugier der Menschen geht sogar so weit, dass sie behaupten in dem Haus zu wohnen, obwohl das gar nicht der Fall ist, und verfolgen so die Polizisten und die Frau in den letzten Stock und beobachteten das Geschehen. Denn dass die Polizei im Haus ist, so was erlebt man ja auch nicht alle Tage.

Als die Polizisten nach Klopfen und Läuten der Glocke vergeblich auf Einlass warten, gehen sie äußerst rabiat vor. Sie brechen einfach die Wohnungstür auf, und das mit einer Schnelligkeit und Sicherheit, ,,die sich ein Einbrecher nur erhoffen kann". Die Autorin schildert den Vorgang, als handle es sich bei dem alten Mann um einen Schwerverbrecher, der auf frischer Tat ertappt werden soll. Dies bestätigt sich auch dadurch, dass die Polizisten sogar ihre Stiefel ausziehen und sich leise in die Wohnung schleichen. Als sie in das erleuchtete Zimmer gelangen, steht der alte Mann noch immer am Fenster, jetzt mit dem Teppich über den Schultern und einem Kopfkissen auf dem Kopf.

Erst jetzt erfährt der Leser, dass der Mann schwerhörig ist und deshalb das Klopfen und Klingeln der Polizisten auch gar nicht gehört haben kann. Er bemerkt auch nicht die Eindringlinge, als sie direkt hinter ihm stehen. Die Frau blickt nun aus dem Fenster, entdeckt das Fenster ihrer eigenen Wohnung, erkennt das wie vermutet die Werkstatt unter ihr bereits geschlossen hat und blickt verwundet in das hell erleuchtete Fenster über ihr, wo sie einen kleinen Jungen entdeckt, der ebenfalls mit Kissen und Teppich bekleidet auf seinem Bett steht und dem alten Mann zulacht.

Erst jetzt wird der Frau der Zusammenhang klar. In die Wohnung über ihr musste eine neue Familie eingezogen sein, nur sie hat davon nichts gewusst. Es ist ihr vermutlich peinlich, da sie jetzt vor den Polizisten und dem alten Mann selbst wie eine Idiotin dasteht. Der alte Mann hat mit dem kleinen Jungen nur ein Spielchen gespielt, vermutlich um den Kleinen zum Schlafen zu bringen. Er hat ihn mit seinen Grimassen und seinem ,,Theater" zum Lachen gebracht und sich selbst wohl auch ein Freude damit gemacht, denn der alte Mann scheint selbst auch sehr einsam zu sein. Ein Schwerhöriger wird wohl nicht gerade oft Besuch haben.

Und das kleine Kind scheint in dem ganzen Stress des Einzugs wohl auch nicht viel Zuwendung bekommen haben. Diese Geschichte zeigt, dass übertriebene Neugier oft zu Missverständnissen wie diesem führen kann. Oft interpretieren die Leute aus irgendwelchen Geschehnissen die verrücktesten Sachen heraus und sind hinterher beschämt, wenn sich ihre Behauptungen als ,,Ente" herausstellt. Der offene Schluss, ebenfalls ein typisches Merkmal von Kurzgeschichten, lässt dem Leser viel Freiraum zur Spekulation über die weiteren Geschehnisse. Sicherlich wird die Polizei nicht gerade erfreut über die Tatsache sein, dass es sich bei dem alten Mann nicht um einen Verbrecher oder Verrückten handelt. Auch wird es für die neugierige und übereifrige Nachbarin ein Nachspiel haben, denn die Polizei wird ja viel zu oft zu Tatorten gerufen, an denen letztendlich nichts gesetzwidriges vorgefallen ist, wie in dieser Kurzgeschichte.

Aber mit Sicherheit wird die Frau in Zukunft ihre Zunge zügeln und nicht gleich übereifrig ans Telefon stürzen, falls es zu einer ähnlichen Situation kommen sollte. Sie wird sich dann genauer informieren bevor sie etwas unternimmt. Ich denke, dass die Autorin Ilse Aichinger mit dieser Geschichte an die Leser appellieren will "Erst zu denken, und dann zu handeln".

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3. Beispiel einer Interpretation

Die Erzählung „Das Fenster-Theater“ von Ilse Aichinger aus dem Jahre 1945 handelt von einer Frau, die aus ihrem Fenster einen alten Mann gegenüber ihrer Wohnung beobachtet. Er versucht scheinbar mit der Frau durch kleine Vorführungen am Fenster Kontakt aufzunehmen. Sie ruft die Polizei, die daraufhin zusammen mit der Frau in die Wohnung des Mannes eindringen. Sie erkennen, dass diese Vorführungen einem kleinen Jungen galten, der mit seinen Eltern in die Wohnung über der Frau vor Kurzem eingezogen sein muss.

Die Erzählung wird hauptsächlich in der Perspektive der Frau geschrieben (Meint er mich?“, dachte die Frau... Z.1). Jedoch sind auch noch kleine Kommentare des Erzählers vorhanden (Die Frau hatte den starren Blick neugieriger Leute...Z. 3-4). Man kann sagen, dass es einen auktorialen Erzähler gibt. Es wird ständig zwischen den Erzählzeiten Präteritum und Plusquamperfekt gewechselt (Z.98-101).Die Wortwahl ist so gewählt, dass wir Jugendlichen diesen Text problemlos verstehen können. Wörtliche Rede gibt es ebenfalls in diesem Text. Es lässt den Text lebendiger durch den Dialog bzw. den geäußerten Gefühlen erscheinen (Z.18-19).

In der 2-3 Zeile befindet sich eine Metapher („Der Wind... brachte nichts Neues.“) Sie drückt aus, dass in der Stadt nichts passiert und es darum langweilig ist. Außerdem wird die Frau in der Erzählung durch den „starren Blick neugieriger Leute, die unersättlich sind (Z.3.5)“ als besonders einsam dargestellt. Die Frau wünscht sich, dass jemand auf der Straße überfahren wird, damit endlich etwas passiert (Z.5-7). Damit wird ein gewisser Sarkasmus ausgedrückt. Die Frau ist emotional abgestoßen, weil sie keinen Mitleid zeigt. Sie hat keine Empfindungen für Menschen, da sie sich so etwas schlimmes wünscht. Es zeigt ihre Isolierung und Einsamkeit. Da die Frau im vorletzten Stock wohnt, ist sie wie von der Außenwelt ausgeschlossen und fühlt ebenfalls dadurch allein (Z.7-11). Als sie den Mann am Fenster sieht, wie er ein weißes Tuch in der Hand hält damit rumfuchtelte und dabei seinen Hut zieht, denkt sie das er aus dem Fenster springt. Das weiße Tuch und der Hut stehen als Symbole für eine Verabschiedung. Frauen wedeln mit dem weißen Tuch, um jemandem „auf Wiedersehen“ zu sagen, während Männer den Hut ziehen. Daraufhin verkleidet der alte Mann sich und bindet den Schal wie einen Turban um seinen Kopf (Z.39). Die Frau ruft die Polizei, weil ihr seine Kunststücke auf dem Gelände gefährlich und verrückt erscheinen (Z.46-49). Jedoch hätte sie stattdessen auch das Fenster rufen können, was er da nun wirklich treibe (Z.49). Sie will also Aktion durch das Rufen der Polizei verursachen, um ihre Einsamkeit für einige Minuten nicht mehr zu spüren. Nachdem die Polizei dort ankommt, versammeln sich Menschenmengen um das Polizeiauto. Die Menschen in der Stadt sind also sehr neugierig und immer an Ort und Stelle, wenn etwas passiert. Als die Polizei und die Frau in die Wohnung des Mannes hineinstürmen, bemerkt die Frau, dass die Wohnung des Mannes hell erleuchtet ist, während die Wohnung der Frau finster vom Fenster des Mannes aussieht (Z. 94-97). Die Finsterkeit spricht für ihre Einsamkeit. Der Lichtschein im Gange des alten Mannes, kommt aus seiner Wohnung. Sie strahlt Fröhlichkeit aus (Z. 82-85) Die Frau sieht, dass der alte Mann mit dem kleinen Jungen über ihrer Wohnung aus dem Fenster humorvoll kommuniziert. Das Fenster des Jungen war ebenfalls hell erleuchtet (Z. 101-103). Da der Junge und der Mann sich das Lachen gegenseitig zuwerfen (Z.57-63 Metapher), wird deutlich, dass auch der Junge und der alte Mann einsam sind und nach Lebensfreude suchen. Der Junge sucht Aufmerksamkeit des alten Mannes auf, während seine Eltern ihm möglicherweise diese nicht geben können. Trotzdem kann man nicht genau sagen, ob der Mann und der kleine Junge davor schon einsam gewesen sind. Bei der Frau kann man ihre Einsamkeit von Anfang an belegen.

Der Text sagt also aus, dass die Bewohner der Stadt humorlos, sensationslustig und ordnungsliebend sind. Die Frau versteht kein humorvolles Theaterspiel und greift direkt zum Hörer und ruft die Polizei, um für Sensation und für Ordnung zu sorgen. Die Stadtbewohner sind also einsam. Es war sehr interessant zu erfahren wie es in einer Stadt manchmal so zugeht. Ich könnte mir niemals vorstellen in einer Stadt zu wohnen, da ich es ebenfalls für sehr einsam finde in einem Hochhaus zu wohnen, wo man völlig von der Außenwelt ausgeschlossen ist. Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich wahrscheinlich genau so wie der Mann und der Junge reagieren würde. Ich wüsste keine andere Lösung, um die Einsamkeit besser überwältigen zu können.

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4. Beispiel einer Interpretation

In der der Kurzgeschichte „Das Fenster-Theater“ von Ilse Aichinger beobachtet eine Frau , die im vorletzten Stockwerk eines Hauses wohnt, vom Fenster aus einen alten Mann, der von der gegenüberliegenden Wohnung aus mit einem kleinen Jungen kommuniziert, der sich am Fenster über der Frau befindet. Da die Frau jedoch annimmt, dass die Wohnung über ihr leer steht, fühlt sie sich durch die Bewegungen des alten Mannes selbst angesprochen. Als der Mann stark über der Brüstung hängt, ruft die Frau die Polizei, da sie befürchtet, dass sich der Mann hinabstürzen könnte. Zusätzlich versucht die Frau, indem sie mehrere Schritte zurückgeht, dem Mann mitzuteilen, dass er sich nicht über die Brüstung hängen sollte. Er kommt ihren Aufforderungen aber nicht nach. Stattdessen bewegt er sich noch mehr und wirft seinen Hut in die Luft. Als die Polizei eintrifft und die Tür zu dem Zimmer des Mannes aufbricht, erkennt die Frau, die ihnen gefolgt ist, dass über ihrer Wohnung doch eine Partei wohnt und bemerkt einen kleinen Jungen, der mit dem alten Mann kommuniziert.

Dieser Text lässt sich in 5 Sinnabschnitte einteilen.

Im ersten Abschnitt wird die Ausgangslage der Frau beschrieben: Sie befindet sich am Fenster und guckt neugierig mit einem „starren Blick“(Z.2) heraus. Sie bedauert, dass sie sich viel zu hoch befinde und das ganze Geschehen unter ihr stattfinde(vgl. Z.4-5). Als der alte Mann, der gegenüber wohnt, sein Fenster öffnet und in die Richtung der Frau nickt, fühlt sich die Frau angesprochen. Sie guckt zu ihm herüber und beobachtet sein Verhalten. Dass die Frau dem Mann gegenüber den Namen „der Alte“(Z.5) gibt, zeigt, dass ihr Verhältnis zu ihm nicht sonderlich gut ist oder sie ihn nicht richtig kennt und ihn nur, aufgrund seines Aussehens, so bezeichnet. Als der alte Mann sich jedoch immer „eifriger“(Z.15) bewegt und sich über die Brüstung hängt, bekommt die Frau Angst, dass er vornüberfallen könnte. Sie versucht mit ihm zu kommunizieren, in dem sie einen Schritt zurückgeht und dem Alten somit signalisiert, dass auch er zurückgehen sollte. Da die Frau jedoch nicht weiß, dass der Alte nicht mit ihr sondern mit dem kleinen Jungen über ihr kommuniziert, denkt sie, dass er ihre Botschaft falsch verstanden hat, da er sich nun noch mehr bewegt (vgl.Z.16-17). Auch ein zweiter Versuch der Frau, den alten Mann zu besänftigen, scheitert. Stattdessen macht er einen Kopfstand, worauf die Frau die Polizei verständigt, da sie vermutet, dass er sich hinabstürzen wolle. Als der Mann lacht und sein Lachen mit der hohlen Hand in ihre Richtung wirft, fühlt sie sich erneut angesprochen und schafft es nicht, ihren Blick von ihm abzuwenden. Das Verb „los[…]reißen(Z.30) verdeutlicht, dass es sehr schwer für sie ist, ihn nicht mehr anzugucken.

Als die Frau mit der Polizei in den Raum vordringt, in dem sich der Mann am Fenster befindet, erkennt sie, dass nicht ihr die Bewegungen und Kunststücke des alten Mannes gewidmet waren, sondern einem „kleine[m] Knabe[n]“(Z.48), der über ihrer Wohnung am Fenster steht. Er hat, genau wie der alte Mann, ein Kissen auf seinem Kopf und eine Decke um die Schultern, und macht die gleichen Bewegungen, die der Mann gemacht hat. In dieser Kurzgeschichte betont der personale Er-Erzähler die Kommunikationsstörung zwischen der Frau und dem alten Mann. Der Leser erhält nur einen Einblick in die Gedanken der Frau, nicht aber in die Gedanken des Mannes oder des kleinen Junges. Daher nimmt man bis zum Schluss an, dass der Mann die Frau anspricht und mit ihr kommuniziert. Außerdem ist die Kommunikation der Frau einseitig, sie nutzt nur nonverbale Kommunikationsformen. Wenngleich auch häufig wesentliche Informationen nonverbal vermittelt werden, ist dies in der Situation der Kurzgeschichte fehlgeschlagen. Es wäre nötig gewesen, dass die Frau danach versucht hätte, auf verbalem Wege mit dem Mann Kontakt aufzunehmen. Dies hätte ihre Sorgen zerstreut und den aufwändigen Polizeieinsatz unnötig gemacht.

Diese Kurzgeschichte zeigt, dass man bei seiner Kommunikation möglichst auf mehrere Weisen (verbal, nonverbal, paraverbal) nutzen sollte, um so Kommunikationsstörungen so weit wie möglich zu reduzieren.

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5. Beispiel einer Interpretation

Ein alter Mann erscheint und beginnt mit einer freundlichen Begrüßung - er nickt. Zuerst war die Frau sich unsicher doch dann geht sie - in Annahme, dass die Wohnung über ihr leer steht und dass sich unter ihr eine geschlossene Werkstatt befindet - fälschlicherweise davon aus, dass der Mann mit ihr kommunizieren möchte. Sie bewegt leicht den Kopf, nur um seine Reaktion zu testen, und fühlt sich durch sein erneutes Nicken in ihrer falschen Annahme bestätigt. Sie sieht sich weiter seine scherzhaften Bewegungen und Emotionen an und ist völlig vertieft in den Anblick des Mannes. Als der Mann vom Fenster verschwindet, ruft sie die Polizei, doch die Gründe dafür sind unklar. Entweder weil sie Angst hat, dass sich der ältere Mann sich selbst verletzt, weil sie sich belästigt fühlt, sie denkt, dass der Mann verrückt wäre oder einfach wegen Schaulust, wie er von der Polizei abgeführt werden könnte. Sicher ist aber, dass sie endlich eine Sensation erleben könnte. Doch durch diese ganze Aufregung schafft sie es nicht sich klar am Telefon auszudrücken, was wiederum dazu führt, dass die Polizei den Gefährdungsgrad der Situation maßlos überschätzt und ein Überfallkommando schickt. Die Tür des Mannes wird aufgebrochen, denn dieser ist schwerhörig und kann somit nicht was das Klopfen reagieren. Die Frau dringt sofort hinter der Polizei in die Wohnung, was wieder ihre Neugier verdeutlicht. Dann erkennt sie, und auch die Polizei, mit wem der alte Mann immer noch tatsächlich kommunizierte. In der Wohnung über ihr ist ein Junge mit seinen Eltern eingezogen und der Mann hatte sich mit ihm unterhalten - nicht mit der Frau. "Und dann warf es mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht" (Zeile 112) ist das Lachen des Jungen gegenüber gemeint, das die Menschen in der Wohnung gegenüber total aus der Bahn wirft und sie schockiert. Die Autorin will uns mit dieser Kurgeschichte mitteilen, dass unsere Gesellschaft schon viel zu schaulustig ist. In unserer Gesellschaft ist es so, dass z.B. bei Formel-1 Events extra bei den gefährlichsten Kurven viele Leute sitzen, um einen Unfall zu sehen.

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6. Beispiel einer Interpretation

In der Kurzgeschichte "Das Fenster-Theater" von Ilse Aichinger wird geschildert, wie ein kleines Missverständnis zu einem spektakulären Polizeieinsatz führt. Eine Frau, welche gleich zu Anfang des Textes - unter anderem auch - aufgrund ihres Blickes als unersättlich neugierig charakterisiert wird, spielt die Hauptrolle in der Handlung. Sie blickt, wie es bei Leuten ihrer Art üblich ist, mal wieder aus dem Fenster und erhofft sich, - so teilt der Erzähler aus der 3. Person mit - dass ihr jemand den Gefallen tun würde sich unten auf der Straße niederfahren zu lassen. Kurz: Sie erhofft sich eine Sensation, eine Abwechslung. (Der Text charakterisiert die Hauptakteurin der Handlung, welche übrigens nur als "Die Frau" bezeichnet wird, somit schon recht früh.)

Nun sieht diese Frau, dass in dem Haus auf der anderen Seite der Straße ein Licht angeht und zwar genau hinter dem ihr gegenüberliegendem Fenster. Sie weiß auch schon, dass in dieser Wohnung ein alter Mann lebt, welcher im Text die Bezeichnung "der Alte" erhält. Der Mann öffnet sein Fenster und nickte zum Gruß herüber. In diesem Moment entsteht das Kommunikationsproblem: Die Frau geht - in Annahme, dass die Wohnung über ihr leer steht und dass sich unter ihr eine geschlossene Werkstatt befindet - fälschlicherweise davon aus, dass der Mann mit ihr kommunizieren möchte. Tatsächlich führt dieser aber eine nonverbale Kommunikation mit einem Kind in der Wohnung über ihr, welches mit seiner Familie vor kurzen dort eingezogen ist, vermutlich nimmt er die Frau gar nicht war. Die Erzählperspektive liegt - wie gesagt- in der 3. Person, jedoch wird ausschließlich aus Sicht der Frau erzählt. Eine Auflösung dieses Missverständnisses findet deshalb erst am Ende des Textes statt und so wird dem Leser bis zu diesem Zeitpunkt die (immer verwirrtere) Perspektive der Frau aufgedrängt. Sie bewegt leicht den Kopf, nur um seine Reaktion zu testen, und fühlt sich durch sein erneutes Nicken in ihrer falschen Annahme bestätigt. Er hat jediglich Spaß daran das Kind zu unterhalten und führt eine immer scherzhaftere, Kommunikation mit ihm, welches wohl mit Begeisterung auf ihn eingeht. So beobachtet die Frau, wie der Mann Hut und Mantel anzieht, eifrig mit einem weißen Tuch winkt und sich dabei waghalsig über die Fensterbrüstung lehnt. Dann legt der Alte aber richtig los: Er lässt seinen Schal aus dem Fenster wehen, wirft seinen Hut weg, bindet sich den Schal wie einen Turban um auf den Kopf, überkreuzt seine Arme vor der Brust, verneigt sich mehrmals und zwinkert dem Jüngeren seiner Empfänger mit einem Auge zu.

Die Frau, nun in der Annahme es mit einem Verrückten zu tun zu haben, ruft, nachdem der Alte dem Kind (und zu seinem Pech auch der Frau) seine körperliche Fitness mit einem Handstand vorgeführt hat, die Polizei. Voller Erregung über die Tatsache, dass sie nach etlichen langweiligen Stunden an ihrem "Beobachtungsposten", nun endlich einmal einen Grund hat die Polizei zu rufen und somit eine Sensation zu erzeugen, drückt sie sich am Telefon nicht klar aus, was wiederum dazu führt, dass die Polizei den Gefährdungsgrad der Situation maßlos überschätzt und ein Überfallkommando schickt. Nachdem die Ankunft des Überfallwagens für erhebliches Aufsehen in der Nachbarschaft sorgt, wird die Tür der Wohnung des Alten aufgebrochen, denn dieser ist schwerhörig und hört das klopfen nicht. Voller Neugierde dringt die Frau sofort hinter der Polizei in die Wohnung ein und sieht so -gleichzeitig mit den Polizisten- mit wem der Alte Mann, immer noch am Fenster stehend, wirklich kommuniziert.

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