Deutsches Kaiserreich (1871-1914) - fiktiver Zeitungsartikel zur Darstellung des Alltagsleben
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Referat
Alltagsleben im Deutschen Kaiserreich 1871-1914 - ein fiktiver Zeitungsartikel
Zeitungsartikel vom 31.11.1913
DER KAISER IM WOHNZIMMER
Das deutsche Volk liebt seinen Kaiser. Dank der guten Politik und des wirtschaftlichen Aufschwunges unter unserem Kaiser Wilhelm II. wird das Leben im Deutschen Reich immer angenehmer. Die Liebe der Deutschen zu ihrem Kaiser lässt sich damit erklären, dass das Porträt Wilhelms II. in beinahe jedem deutschen Haushalt neben den Familienfotos von der Wand lächelt. Daneben strahlen höchstens noch die Andenken an den Militärdienst, den jeder gesunde deutsche Mann stolz sein sollte, für sein Land, den Kaiser und die von ihm vorzüglich geführte Armee geleistet zu haben.
Unter der genialen militärischen Führung unseres Kaisers Wilhelm II. haben sich die preußischen Armeen seit unserem verstorbenen Kaiser Wilhelm I. zu einer steten, zuverlässigen Machtgrundlage entwickelt, die ohne weiteres auch die Feinde des Reiches, welche im benachbarten Ausland lauern und versuchen, unsere gnädige Ruhe zu stören, einschüchtert und uns auf diese Weise ein friedliches Leben und die Basis unseres gesellschaftlichen Fortschrittes sichert. Elektrizität und Telefon sind nur zwei Beispiele für die neuen Errungenschaften. Das Automobil ist von Deutschlands Straßen kaum mehr wegzudenken.
Der liebevoll gepflegte Bart unseres Kaisers hat in der Mode der Männer mittlerweile einen hohen Status erreicht. Ein Mann, der auf sich hält, schmückt sein Gesicht mit dem Markenzeichen Wilhelms II.
Noch nie ging es dem deutschen Volk so gut wie jetzt. Unter Wilhelm II. erlebt die deutsche Wirtschaft eine Phase der Hochkonjunktur wie niemals zuvor. Unser Kaiserreich hat sich zu einem wirtschaftlich prosperierenden Land entwickelt, welches bereits Großbritannien überflügelt. Auch in Wissenschaft und Forschung bewegen wir uns an der Weltspitze. Jeder dritte Nobelpreis geht nach Deutschland!
In den Fabriken stehen die Maschinen nie mehr still. Produkte aus Deutschland genießen dank ihrer Qualität und Zuverlässigkeit ein hohes Ansehen in aller Welt. Die Exportproduktion gewährt uns eine größere soziale Sicherheit im Inland. Neue Wirtschaftsstrukturen und neue wirtschaftliche Kräfte beeinflussen die politischen Entscheidungen der westlichen Staatensysteme. So trägt unser verehrter Kaiser sowohl zu einer außenpolitischen Stabilität bei als auch zur Sicherung der Beschäftigung im Inland. Technische Neuerungen im Schiffbau, vor allem im bau von U-Booten bescheren unserer Wirtschaft einen gewaltigen Auftrieb. Unser verehrter Kaiser hat den Einsatz zum Ausbau seiner Kampfschiffe verdoppelt. Damit wird nicht nur die Schwerindustrie gefördert und neue Arbeitsplätze geschaffen, die ganze Welt blickt erstaunt und ehrfürchtig auf Deutschlands militärisch vorzüglich ausgestattete Flotte. Die hohen Wachstumsraten der Industrialisierung in Deutschland sichern die Vollbeschäftigung und lassen immer neue Arbeitsplätze entstehen. Die Reallöhne steigen ständig. 60 Prozent arbeitenden Bevölkerung erreichten in den letzten Jahrzehnten das steuerpflichtige Mindesteinkommen (im Vergleich dazu waren es 1890 nur 30 Prozent).
Immer mehr Frauen nehmen die Möglichkeit einer Beschäftigung wahr, um mit ihrem Einkommen die Lebensverhältnisse ihrer Familien erheblich zu verbessern. Des weiteren nutzen die modernen Frauen von heute ihre Chance, der Enge des heimatlichen Herdes zu entfliehen und ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung zu nutzen. Neben ihrer neuen Berufstätigkeit engagieren sich viele Damen in verschiedenen Frauengruppen und versuchen außerdem, sich weiterzubilden. Keiner in unserem schönen Land muss mehr Hunger leiden. Mit der Erhöhung der Schutzzölle für die Einfuhr von Agrarprodukten ist dem Kaiser ein genialer Schachzug gelungen, mit dem er den Absatz unserer guten deutschen Agrarprodukte gesichert und uns vor einer Invasion minderwertiger Güter aus dem Ausland bewahrt hat, ist doch Deutschland nach wie vor eines der wichtigsten Agrarländer.
Dank der gesicherten Versorgung mit guten und gesunden Lebensmitteln steigt die Lebenserwartung unserer deutschen Bürger an. Lag sie im Jahre der Gründung unseres deutschen Kaiserreiches noch bei ca. 37 Jahren, ist sie bereits im Jahre 1910 auf 47 Jahre angestiegen. Die fortschrittliche Entwicklung unseres Gesundheitswesens, welche dem Kaiser besonders am Herzen liegt, hat dafür gesorgt, dass Seuchen und Epidemien in Vergessenheit geraten und die Säuglingssterblichkeit drastisch zurückgeht. Der Schutz der Arbeiter in den Fabriken und die Sozialgesetze, welche Kaiser Wilhelm I. erließ, ermöglichen die Versorgung aller.
Ein weiterer Grund für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Deutschen liegt im Ausbau der Kanalisation und in der Versorgung der Wohnungen mit Gas, Strom und Wasser. In den Städten werden immer mehr Wohnungen gebaut, ausgestattet mit allen möglichen Annehmlichkeiten, so dass auch für die vielen Zuwanderer aus den ländlichen Gebieten Wohnraum zur Verfügung steht. Bald kann sich jede Familie ihr eigenes kleines Reich leisten. Für die Versorgung der neu entstehenden Mietshäuser mit Elektrizität werden überall neue Kraftwerke errichtet. Auch die Straßenbeleuchtung und die Straßenbahnen werden elektrifiziert.
Mit der Straßenbahn oder auch mit dem Automobil kann der deutsche Bürger in eines der vielen neuen Kaufhäuser fahren und dort alles erwerben, was das Herz begehrt. Dank unserer deutschen Besitzungen in Afrika und in Übersee bieten die Kaufhäuser ein breites Sortiment an exotischen Kolonialwaren aller Art, wie zum Beispiel Kaffee, Kakao, Gewürze, feine Stoffe und allerlei mehr.
Wir wollen unserem Kaiser an dieser Stelle danken und ihm unsere Ehrerbietung erweisen für all das, was er uns beschert hat: unser geliebtes Deutsches Reich strahlt von der Spitze der Welt. Alle Feinde unseres Landes verblassen angesichts Deutschlands Macht und Stärke. Und wenn auch die ganze Welt gegen uns rüstet, so brauchen wir unter der Führung und dem Schutz unseres Kaisers Wilhelm II. nichts und niemanden zu fürchten, hat er uns doch unseren Wohlstand gesichert und wird er alles dafür tun, Deutschlands Errungenschaften zu verteidigen.
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