Heimweh von Else Lasker-Schüler

Ich kann die Sprache
Dieses kühlen Landes nicht,
Und seinen Schritt nicht gehn.
 
Auch die Wolken, die vorbeiziehn,
Weiß ich nicht zu deuten.
 
Die Nacht ist eine Stiefkönigin.
 
Immer muß ich an die Pharaonenwälder denken
Und küsse die Bilder meiner Sterne.
 
Meine Lippen leuchten schon
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Und sprechen fernes,
 
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Und bin ein buntes Bilderbuch
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Auf deinem Schoß.
 
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Meinen schillernden Vögeln
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Sind die Korallen ausgestochen,
 
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An den Hecken der Gärten
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Versteinern ihre weichen Nester.
 
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Wer salbt meine toten Paläste
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Sie trugen die Kronen meiner Väter,
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Ihre Gebete versanken im heiligen Fluß.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Heimweh“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
89
Entstehungsjahr
1869 - 1945
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Heimweh“ wurde von der bekannten deutsch-jüdischen Dichterin Else Lasker-Schüler verfasst. Lasker-Schüler wurde 1869 geboren und verstarb 1945 im Exil in Jerusalem. Zweifellos gehört dieses Gedicht also in den Kontext der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, einer Zeit großer politischer Unruhen und massiver Veränderungen.

Mit dem Titel „Heimweh“ signalisiert Lasker-Schüler sofort emotionale Tiefe und Sehnsucht. Der erste Eindruck ist von Ängsten und Entfremdung geprägt, die durch die kraftvollen, stark symbolischen Bilder unterstrichen werden.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um das Gefühl des Fremdseins in einem neuen Land. Das lyrische Ich kann die Sprache des aktuellen Landes nicht verstehen oder sprechen (Strophe 1) und fühlt sich desorientiert und verloren (Strophe 2). Es lehnt sich an die Erinnerungen an ihre Heimat und ihre Kultur (Strophe 4), wirkt jedoch dennoch isoliert und verloren (Strophe 3 und 6). Dabei sehnt sich das lyrische Ich nach Heimat, nach Vertrautheit, nach Zugehörigkeit.

Die Sprache des Gedichts ist stark metaphorisch und symbolisch geprägt. Der Gebrauch der Begriffe „Stiefkönigin“, „Pharaonenwälder“, „buntes Bilderbuch“, „schillernde Vögel“ und „tote Paläste“ dient dazu, ein Gefühl des Verlusts und der Sehnsucht nach einer vergangenen Zeit und einem vergangenen Ort zu vermitteln.

Formal ist das Gedicht recht frei gestaltet, mit Strophen verschiedener Länge und ohne ein festes Reimschema. Dies unterstreicht das Gefühl der Unruhe und Unsicherheit, das in dem Gedicht deutlich zum Ausdruck kommt.

Im Gesamten interpretiert, beschreibt das Gedicht „Heimweh“ das Gefühl der Entfremdung und Isolation, das mit der Erfahrung des Exils einhergeht, eine Erfahrung, die Else Lasker-Schüler selbst im Kontext der nationalsozialistischen Verfolgung der Juden in Deutschland machte. Im lyrischen Ich drückt sie die universelle Erfahrung des Verlustes und der Sehnsucht nach Zugehörigkeit aus, die viele Menschen in ähnlichen Situationen durchleben.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Heimweh“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Else Lasker-Schüler. Lasker-Schüler wurde im Jahr 1869 in Elberfeld geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1885 und 1945. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten der Autorin lassen eine Zuordnung zur Epoche Expressionismus zu. Die Schriftstellerin Lasker-Schüler ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das 89 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 19 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Else Lasker-Schüler sind „Abschied“, „Mein Liebeslied“ und „Weltende“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Heimweh“ weitere 19 Gedichte vor.

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