Bey Frankreichs Feier von Sophie Friederike Mereau
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Genius der Freiheit! Du der glühend |
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sich ins Herz der Nationen taucht, |
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wo ein Strahl von Menschenwürde schlummert, |
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schnell den Strahl in lohe Flammen haucht, |
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Wo, an welchem Himmelsfeuer zündest |
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du die Fackel? – Welche Sonne leiht |
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ihren Strahl dir, daß von ihm erwärmet |
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jede Zone dir Altäre weiht? – |
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Mächtig zwar rührt auch der Liebe Zauber |
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Menschenseelen, adelt Herz und Muth, |
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aber selbst der Flammenhauch der Liebe |
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wird verschlungen von der Freiheit Gluth. |
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Wo dein hoher, kühner Flügel rauschet |
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stehn entschlossen Nationen auf, |
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fühlen ihre Kräfte, richten muthig |
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zu des Ruhmes Tempel ihren Lauf. |
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Wo du fern bist, ach! da sinken nieder |
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zu der Knechtschaft tödendem Gefühl |
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alle Tugenden der, Künste Adel |
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wird erniedrigt zu des Schwelgers Spiel. |
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Gallien, von Dankgefühl durchglühet |
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bringt dir heut der Huldigungen viel – |
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Dir o Geist der Freiheit, ihrem Schöpfer |
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rührt die Freude dort ihr goldnes Spiel. |
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Dort, wo unter dem verhaßten Drucke |
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weniger Tyrannen, denen nie |
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Menschlichkeit im Busen schlug, vergebens |
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nach Gerechtigkeit die Unschuld schrie. |
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Dort hebt endlich – so bewegt des Meeres |
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stillen Spiegel zürnend der Orkan – |
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die verstummte Menschheit ihre Stimme |
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hält der Willkühr stolzen Zügel an. |
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Freiheit adelt! und nach ihr zu ringen |
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ist der Kräfte jedes Edlen werth, |
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ist auch jedem nicht die Siegespalme |
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von des Schicksals hoher Hand beschert. |
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Sinkt ihr rückwärts vom erstiegnen Gipfel |
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in der Knechtschaft fürchterlichen Schooß, |
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jeder Edle wird euch Thränen weihen! |
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– doch auch dann bleibt, was ihr thatet, groß! – |
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Doch hinweg die schwarze Ahndung heute, |
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wo der Freude süße Thräne rinnt, |
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wo von hohem Selbstgenusse trunken |
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dreimal glücklich Frankreichs Bürger sind. |
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Unbekümmert ob die Sein’, der Ganges, |
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ob der Nil durch seine Länder fließt, |
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nehm ich Theil an jedes Volkes Freude, |
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das der Freiheit goldnes Glück genießt. |
Details zum Gedicht „Bey Frankreichs Feier“
Sophie Friederike Mereau
12
48
282
1790
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Bey Frankreichs Feier“ wurde von der deutschen Dichterin Sophie Friederike Mereau geschrieben, die von 1770 bis 1806 lebte. Es kann daher zeitlich in die Zeit der französischen Revolution und den darauf folgenden Napoleonischen Kriegen eingeordnet werden.
Beim ersten Lesen des Gedichts fällt die starke Betonung der Freiheit auf, die als personifizierte Kraft oder Einfluss auf die Nationen betrachtet wird. Ein Wiedererwachen und Streben nach Freiheit wird gefeiert, und es wird deutlich, dass die Sehnsucht nach Freiheit ein hochemotionales Thema ist, das den Stolz der Nationen und den individuellen Sinn für Ehre erweckt.
Inhaltlich fokussiert das Gedicht auf das Konzept der Freiheit und seine Wirkung auf Nationen und Menschen. Das lyrische Ich stellt die Freiheit als mächtige Kraft dar, die Nationen belebt und inspiriert, ihre eigenen Wege zu gehen und ihre Stärke eines geeinten Volks auszudrücken. Es zeigt die Freiheit als Triebfeder menschlichen und gesellschaftlichen Fortschritts und als Licht, das jede Dunkelheit der Unterdrückung und Knechtschaft vertreibt. Es verweist auch auf die Gefahren, die damit verbunden sind, wenn diese Freiheit verloren geht, und auf die allgegenwärtige Angst vor Rückfall in Tyrannei und Despotie.
Form und Sprache des Gedichts sind fließend und eindringlich. Jede der zwölf Strophen besteht aus vier Versen, wobei die meisten eine endreime Struktur aufweisen. Die Sprache ist hochpoetisch, mit vielfältigen Metaphern und Hyperbeln, um die emotional geladene Atmosphäre des Freiheitsstrebens zum Ausdruck zu bringen. Insbesondere die personifizierte Freiheit wird mit dem Genius, einer schutzgebenden antiken Gottheit, gleichgesetzt.
Abschließend stellt das Gedicht damit eine leidenschaftliche Ode an die Freiheit und ihre inspirierende Kraft dar. Es vermittelt tiefe Emotionen des Stolzes, der Hoffnung und der Entschlossenheit, die in den Herzen der Menschen in Zeiten der revolutionären Veränderungen lebendig sind. Damit ist es ein exemplarisches Beispiel für die romantische Poesie in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Bey Frankreichs Feier“ der Autorin Sophie Friederike Mereau. Mereau wurde im Jahr 1770 in Altenburg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1790 zurück. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten der Autorin lassen eine Zuordnung zu den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang oder Klassik zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 282 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 12 Strophen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Sophie Friederike Mereau sind „Der Knabe“, „Der Beständige“ und „Die Nachtigall“. Zur Autorin des Gedichtes „Bey Frankreichs Feier“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 31 Gedichte vor.
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