An die blasse Sonne II von Paul Haller

Die Dämmerung fiebert, der Regen peitscht,
Die Düsternis würgt auf den Gassen,
Meines Zimmers schwärzliche Einsamkeit
Greift aus, meine Seele zu fassen.
 
Was glotzt ihr herab von der triefenden Wand,
Ihr Bilder, nur Schemen des Lebens.
Euch malte die Sonne, die Sonne ist tot,
Ihr spiegelt das Dunkel vergebens.
 
Sonne, Sonne, nur einen einzigen Strahl,
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Nur aus Wolken den blassesten Funken!
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Du strahltest einmal, du warest einmal,
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Doch deine Pracht ist versunken.
 
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Nur einen blassen, verschleierten Blick,
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So wird mich die Glut nicht verbrennen! –
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Nun fiebert die Dämmerung, der Regen peitscht,
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Kein Bild ist mehr zu erkennen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „An die blasse Sonne II“

Autor
Paul Haller
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
97
Entstehungsjahr
nach 1898
Epoche
Naturalismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht ist von Paul Haller, einem österreichischen Dichter, der von 1882 bis 1920 lebte. Es lässt sich zeitlich in die Epoche des Literarischen Expressionismus einordnen, die um die Zeit des Ersten Weltkriegs und in den Jahren danach wichtig war.

Der erste Eindruck des Gedichts ist düster und melancholisch. Es entstehen Bilder einer tristen, trostlosen Atmosphäre, die sowohl durch das Wetter als auch durch das Innere des lyrischen Ichs erzeugt wird.

Das lyrische Ich beschreibt in den ersten Strophen die düstere Stimmung, die sowohl draußen als auch in seinem Zimmer herrscht. Es fokussiert auf die absterbende Sonne und die Dunkelheit, die die Bilder an seiner Wand hervorruft. Es fleht um einen einzigen Sonnenstrahl und erinnert sich an die vergangene Pracht der Sonne, die nun verschwunden ist. Im letzten Teil des Gedichts bittet es um einen schwachen Blick der Sonne, der es nicht verbrennen wird. Am Ende wird betont, dass die Dämmerung weiterhin erregt ist, der Regen peitscht und kein Bild mehr zu erkennen ist.

Das lyrische Ich scheint in einer tiefen Verzweiflung oder Depression gefangen zu sein und sehnt sich nach Licht und Wärme, symbolisiert durch die Sonne, die jedoch nicht mehr für es sichtbar ist. Es unterstreicht die Kontraste zwischen Licht und Dunkelheit, Leben und Tod, Hoffnung und Verzweiflung.

Das Gedicht besteht aus vier Quartetten mit Kreuzreim, was eine klassische Form bietet und einen gleichmäßigen, aber auch drängenden Rhythmus erzeugt, der die Stimmung der Verzweiflung unterstreicht. Die Sprache ist bilderreich und expressiv, manchmal auch drastisch wie in „Die Düsternis würgt auf den Gassen“ oder „Die Sonne ist tot“. Sie vermittelt so intensiv die düstere, depressive Stimmung des lyrischen Ichs und macht seine Sehnsucht nach Licht und Hoffnung umso eindringlicher. Geprägt ist das Gedicht auch von Wiederholungen, wie „Sonne, Sonne“, die das Flehen des Ichs betonen. Der Sog in die Dunkelheit, die ausweglose Situation, findet sich in metaphorischen Formulierungen wie „Dämmerung fiebert“, „Regen peitscht“ und „schwärzliche Einsamkeit“.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gedicht in beeindruckender Weise eine sehr düstere und triste Stimmung vermittelt. Die Verzweiflung und Ausweglosigkeit des lyrischen Ichs werden durch die intensiven, expressiven Bilder und den gleichmäßigen, drängenden Rhythmus deutlich zum Ausdruck gebracht.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „An die blasse Sonne II“ ist Paul Haller. Im Jahr 1882 wurde Haller in Rein bei Brugg geboren. Zwischen den Jahren 1898 und 1920 ist das Gedicht entstanden. In Aarau ist der Text erschienen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Naturalismus zugeordnet werden. Der Schriftsteller Haller ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 97 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Der Dichter Paul Haller ist auch der Autor für Gedichte wie „1. August 1914“, „Abend“ und „Abseits (Haller)“. Zum Autor des Gedichtes „An die blasse Sonne II“ haben wir auf abi-pur.de weitere 65 Gedichte veröffentlicht.

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