Klage um den Wein von Otfried Krzyzanowski

Der Wein, wo kam er hin? Er gab uns Glut,
Dem Geist Besinnung und dem Toren Mut.
Der gute Wein, wo ist er hingekommen?
Ich glaube: die Klugen haben ihn fort genommen.
Die Männer starben. Weiber halten haus.
Der Trost der Klugen hielte den Wein nicht aus.
Der Wein, der würde verraten: es weint das Land,
Es trauert der Geist, nur Bureaumädchen blieb noch Verstand.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Klage um den Wein“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
8
Anzahl Wörter
65
Entstehungsjahr
nach 1902
Epoche
Moderne,
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Klage um den Wein“ wurde von Otfried Krzyzanowski verfasst, der von 1886 bis 1918 lebte. Dies lässt eine zeitliche Zuordnung in die Epoche des Expressionismus zu. Der erste Eindruck, den das Gedicht vermittelt, ist ein Gefühl der Enttäuschung und Bedauern, signiert durch die rhetorischen Fragen und den wiederholten Refrain „Der Wein, wo kam er hin?“.

Inhaltlich scheint das Gedicht den Verlust von Wein zu thematisieren, doch bei genauerer Betrachtung erschließt sich auch eine tiefere Ebene. Der Wein wird zur Metapher für Lebensfreude und geistige Beweglichkeit und ihr Verlust symbolisiert das Ende einer Epoche. In den ersten vier Versen bedauert das lyrische Ich den scheinbar unerklärlichen Verlust des Weins, welcher Mut, Besinnung und Hitze symbolisiert. Der Hinweis darauf, dass „kluge“ Menschen den Wein weggenommen haben, könnte eine Kritik an einer Intelligenzija sein, die den Genuss und die Freude aus dem Leben verbannen.

In den nächsten vier Versen folgt die Beschreibung einer gesellschaftlich-statistischen Situation: Die Männer sind gestorben und Frauen führen das Haus. Diese Strophe lässt sich als Anspielung auf die Kriegs- und Nachkriegszeit interpretieren, in der viele Männer gefallen waren und die Frauen die Geschäfte führen mussten. Der Wein – oder das, wofür er steht – würde verraten, dass das Land trauert. Schließlich sagt Krzyzanowski: „nur Bureaumädchen blieb noch Verstand“. Dies kann als eine ironische Bemerkung und als Kritik an der modernen, rationalen Welt gesehen werden, die die Freude und die Spontanität aus dem Leben verbannt hat.

Formal besteht das Gedicht aus nur einer Strophe mit acht Versen, was der Kürze des Textes und seiner effizienten Aussage entspricht. Die Wortwahl und der Satzbau sind ziemlich einfach gehalten, was die Universalität und die Zugänglichkeit der Aussagen unterstützt. Interessant ist die Verwendung der Rhetorik - die wiederholten rhetorischen Fragen erhöhen den emotionalen Effekt des Gedichtes, während die Metapher des Weins Tiefe und mehrdeutige Bedeutungen verleiht.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Klage um den Wein“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Otfried Krzyzanowski. Krzyzanowski wurde im Jahr 1886 in Starnberg geboren. Im Zeitraum zwischen 1902 und 1918 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne, Expressionismus oder Avantgarde / Dadaismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 8 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 65 Worte. Die Gedichte „Ballade“, „Bekenntnis“ und „Cantate“ sind weitere Werke des Autors Otfried Krzyzanowski. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Klage um den Wein“ weitere 37 Gedichte vor.

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