Der Jungbrunnen von Joseph Victor von Scheffel

1	Blasse Menschen seh' ich wandeln,
2	Und die Klag' tönt allerorten:
3	„Schal ist unser Tun und Handeln,
4	Siech und alt sind wir geworden."
5	Wollt' euch nie bei eurem Forschen
6	Die uralte Mär' erklingen
7	Von dem Brunn, darin die morschen
8	Knochen wundersam sich jüngen?
9	Und der Brunn ist keine Dichtung,
10	Fließt so nah vor euren Toren,
11	Euch nur mangelt Weg und Dichtung,
12	Ihr nur habt die Spur verloren.
13	Drauß' im Wald, im grünen, heitern,
14	Wo die Menschenstimmen scheigen,
15	Wo auf duft'gen Farrenkräutern
16	Nächtlich schwebt der Elfenreigen:
17	Dort, versteckt von Stein und Moose,
18	Rauschet frisch und hell die Welle,
19	Dort entströmt der Erde Schoße
20	Ewig jung die Wunderquelle.
21	Dort, umrauscht von Waldesfrieden,
22	Mag der kranke Sinn gefunden,
23	Und des Lenzes junge Blüten
24	Sprossen über alten Wunden.

Details zum Gedicht „Der Jungbrunnen“

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Jungbrunnen“ des Autors Joseph Victor von Scheffel. Scheffel wurde im Jahr 1826 in Karlsruhe geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1842 bis 1886 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus oder Naturalismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 125 Worte. Die Gedichte „Sinnen und Handeln“, „Heimat“ und „Wartburg-Dämmerung“ sind weitere Werke des Autors Joseph Victor von Scheffel. Zum Autor des Gedichtes „Der Jungbrunnen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 12 Gedichte vor.

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