Der gehoffte Ruhm von Christian Fürchtegott Gellert
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Voll von sich selbst und von der Tat, |
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Die er vollführt, ging Tullius entzücket |
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Itzt aus Sicilien, wohin ihn der Senat |
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Vor einem Jahr als Quästor abgeschicket; |
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Er ging zurück nach Rom und teilte zum voraus |
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Im Namen Roms sich die Belohnung aus. |
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Wer ist wohl itzt des Volks Verlangen? |
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»Wen«, dacht er, »nennt man itzt als mich? |
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Wen wird man jauchzender empfangen |
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Als dich, o Tullius, als dich? |
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Das ist er, ruft man dir entgegen, |
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Der aus Sicilien der Teurung abgewehrt! |
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Der uns mit einem reichen Segen |
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Von Korn ein ganzes Jahr ernährt!« |
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In diesen schmeichelnden Gedanken |
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Stieg bei Puteoli der Quästor an das Land, |
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Wo er ganz unverhofft vornehme Römer fand, |
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Die damals gleich den Brunnen tranken. |
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Schnell ließ er sich vor seinen Gönnern sehn |
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Und suchte schon sein Lob in ihren Mienen. |
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»Ist das nicht Cicero?« rief einer unter ihnen, |
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»Ja, ja, er ist's; o das ist schön! |
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Wie lange haben wir schon nichts von Rom vernommen! |
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Wie steht's in Rom? Wenn reisten Sie von da?« |
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»Wie!« rief er ganz erzürnt, »wie könnt' ich daher kommen! |
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Ich komm' aus der Provinz -« »Vielleicht aus Afrika?« |
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Versetzt ein andrer hurtig wieder. |
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Hier zitterten dem Quästor alle Glieder. |
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»Nein, aus Sizilien komm' ich als Quästor wieder.« |
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»Ja«, fuhr nunmehr ein dritter fort, |
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»Er kömmt daher. Verlaßt euch auf mein Wort!« |
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Mit diesem Ruhm schlich Tullius sich fort. |
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Du, der du denkst, daß alle von dir wissen, |
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Von dir itzt alle reden müssen, |
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Und dich im Herzen stolz erhebst; |
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Von Tausenden, die dich nach deiner Meinung kennen |
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Und dich und deine Taten nennen, |
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Weiß oft kaum einer, daß du lebst. |
Details zum Gedicht „Der gehoffte Ruhm“
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1715 - 1769
Aufklärung
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichtes „Der gehoffte Ruhm“ ist Christian Fürchtegott Gellert. 1715 wurde Gellert in Hainichen geboren. Zwischen den Jahren 1731 und 1769 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Aufklärung zu. Bei Gellert handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 270 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 38 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Der Dichter Christian Fürchtegott Gellert ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Selbstmord“, „Nicht jede Besserung ist Tugend“ und „Der Jüngling und der Greis“. Zum Autor des Gedichtes „Der gehoffte Ruhm“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 164 Gedichte vor.
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Zum Autor Christian Fürchtegott Gellert sind auf abi-pur.de 164 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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