Die Stadt von Alfred Lichtenstein
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Ein weißer Vogel ist der große Himmel. |
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Hart unter ihn geduckt stiert eine Stadt. |
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Die Häuser sind halbtote alte Leute. |
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Griesgrämig glotzt ein dünner Droschkenschimmel. |
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Und Winde, magre Hunde, rennen matt. |
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An scharfen Ecken quietschen ihre Häute. |
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In einer Straße stöhnt ein Irrer: Du, ach, du – |
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Wenn ich dich endlich, o Geliebte, fände .. |
9 |
Ein Haufen um ihn staunt und grinst voll Spott. |
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10 |
Drei kleine Menschen spielen Blindekuh – |
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Auf alles legt die grauen Puderhände |
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der Nachmittag, ein sanft verweinter Gott. |
Details zum Gedicht „Die Stadt“
Alfred Lichtenstein
4
12
79
1913
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Die Stadt“ ist vom deutschen Autor Alfred Lichtenstein. Lichtenstein, ein unter den Expressionisten bekannter Dichter, wurde 1889 geboren und starb 1914, sodass das Gedicht aus dem frühen 20. Jahrhundert stammt, genauer gesagt aus der Epoche des Expressionismus.
Beim ersten Lesen erzeugt das Gedicht Bilder von ruhigem, aber melancholischem und tristen Stadtleben. Die Strophe 1 beschreibt eine städtische Szene mit Häusern, die durch den Vergleich mit „halb-toten, alten Leuten“ personifiziert und als alt und leblos dargestellt werden. Der Himmel wird als „weißer Vogel“ beschrieben, was eine ruhige, aber möglicherweise auch triste Atmosphäre suggeriert. In der zweiten Strophe wird das Bild von trister Ermüdung und Erschöpfung fortgesetzt, mit einem „dünner Droschkenschimmel“ und „mageren Hunden“, die in den Wind laufen. In der dritten Strophe wird ein verrückter Mann eingeführt, der nach seiner Geliebten sucht, während andere ihn verhöhnen. Die letzte Strophe schildert Kinder, die Blindekuh spielen, und einen Nachmittag, der seine „grauen Puderhände“ auf alles legt, was das Bild einer tristen, grauen Stadt weiter verstärkt.
Die Themen des Gedichts beinhalten Melancholie, Stadttristesse und die Schönheit des Alltäglichen - oft zentrale Themen des Expressionismus. Es wird der Kontrast zwischen dem hektischen Stadtleben und der darin inhärenten Isolation geschaffen.
In Bezug auf die Form ist das Gedicht in vier Strophes mit jeweils drei Versen unterteilt, dies entspricht dem Terzett. Es liegt kein festes Reimschema vor, was typisch für den Expressionismus ist, der die traditionelle Struktur der Dichtung bricht.
Die Sprache des Gedichts ist reich an bildlichen Darstellungen und Metaphern, wie z.B. der „weiße Vogel“, der für den Himmel steht oder die „mageren Hunde“, die den Wind symbolisieren. Mit dieser sprachlichen Technik schafft Lichtenstein ein lebendiges und zugleich düsteres Bild des Stadtlebens. Zudem spielt der Autor mit Bedeutungsebenen und lässt Raum für vielfältige Interpretationen.
Trotz des ersten Anscheins einer tristen und melancholischen Stadt, skizziert Lichtenstein dennoch Bilder von Alltäglichkeiten, wie spielenden Kindern oder einem verliebten Irren. Dies eröffnet den Blick auf die Ästhetik und Poesie, die selbst in scheinbar trister Monotonie zu finden sind. Demnach bietet das Gedicht eine kritische und doch sensible Analyse der städtischen Atmosphäre während des Expressionismus.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Stadt“ des Autors Alfred Lichtenstein. Lichtenstein wurde im Jahr 1889 in Berlin geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1913 entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin-Wilmersdorf. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Expressionismus zu. Der Schriftsteller Lichtenstein ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 79 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Die Gedichte „Nebel“ sind weitere Werke des Autors Alfred Lichtenstein. Zum Autor des Gedichtes „Die Stadt“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.
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